Wochenendlich in Gibraltar

Mit einem britischen Pint in der Hand lässt sich der Blick auf Nordafrika geniessen.

«The Rock»: Gibraltars Felsen ist berühmt für seine Aussicht, und... (Bild: Andreas Schneitter)

Mit einem britischen Pint in der Hand lässt sich der Blick auf Nordafrika geniessen.

Man muss nicht in den garstigen Norden fliegen, um Britishness geniessen zu können. Ab Basel fliegt EasyJet nach Malaga in Andalusien, von dort ist man nach 90 Minuten Autofahrt in einer der seltsamsten Ecken Europas: Gibraltar.

1704 hat die royale Navy diesen Zipfel am Südwestende Spaniens erobert und ihn, strategisch günstig, gegen manche Rückeroberungs-Belagerung gehalten. Dort hat man die Meerenge zwischen Nordafrika und Europa unter Kontrolle, die das Mittelmeer vom Atlantik trennt. Dank dem massiven Felsen, der über das Meer ragt: «The Rock». Dieser Kalksteinfels stellt auch die Hauptattraktion von Gibraltar dar, sein bewaldeter Westhang bildet die einzige Naturzone auf dem nur 6,5 Quadratkilometer grossen britischen Territo­rium, und oben auf den Gipfeln gewinnt man einen beeindruckenden Ausblick aufs Mittelmeer, auf den Hafen der Bucht und auf Marokko, nur 14 Kilometer entfernt.

Dort sieht man den Jebel Musa, die zweite der beiden «Säulen des Herakles». Laut der Sage hat der griechische Halbgott diese beiden Felsen in die Meerenge gerammt, um das Ende der bekannten Welt zu markieren. An der Südseite Gibraltars erinnert ein Monument daran. Haupt­attraktion des Felsens sind jedoch die Berberaffen: Rund 240 von ihnen leben hier, die offiziell einzigen freilebenden Affen auf Europas Festland, tatsächlich sind sie aber derart zahm, dass man sich mit ihnen fotografieren lassen kann. Gefüttert werden sie von der Regierung Gibraltars, die guten Grund dazu hat: Die Legende sagt, dass der Felsen an Spanien zurückfallen werde, sobald ihn die Affen verlassen haben.

Neandertaler und Verteidigungstunnel

Abgesehen von der Tierwelt hält der Felsen mit der Tropfsteinhöhle St. Michaels Cave und der Gorham-Höhle, wo man Überreste einer Neandertal-Siedlung gefunden hat, noch weitere Naturerlebnisse bereit. Die auffälligsten Spuren hat jedoch die Militärgeschichte hinterlassen: Der Felskamm strotzt vor alten Bunkern und Geschützstellungen aus dem Zweiten Weltkrieg, in den Verteidigungstunneln aus dem späten 18. Jahrhunderts bekommt man einen Eindruck von den Belagerungsjahren, und das maurische Fort erinnert daran, dass ­Gibraltar die längste Zeit seiner Geschichte, über 700 Jahre, islamisch geprägt war.

Davon ist wenig geblieben. Das Städtchen am Fuss des Felsens ist so britisch wie eine Kleinstadt nördlich des Ärmelkanals. Am zentralen Casemates Square und in den umliegenden engen Gassen finden sich mehrere Pubs mit Fussball auf Grossbildschirmen und Folksängern in den Abendstunden, am Hafen im Ocean Village drängen sich mehrere Bars aneinander, die vor berüchtigter britischer Feierlaune strotzen. Architektonisch hat das Städtchen aus­ser konsequenter Geschmacklosigkeit wenig zu bieten. Gibraltar ist allerdings mit seinen knapp 30 000 Einwohnern einer der am dichtesten besiedelten Flecken der Erde, der kaum Raum für planerische Würfe zulässt. Derart eng ist es, dass die mehrspurige Hauptstrasse sogar die Flughafenpiste kreuzt – einzigartig in der Welt.

  • Anbeissen: Im Fischrestaurant La Mamela auf der Ostseite der Halbinsel.
  • Anschauen: The Rock.
  • Absacken: In den Bars rund ums Casino am Ocean Village.
  • Ausschlafen: Rock Hotel – mit Blick aufs Mittelmeer.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 05.04.13

Nächster Artikel