Wochenendlich in Itterswiller

Einfach wunderbar, dieses Elsass – ausser dort, wo tatsächlich Wunder angekündigt werden.

Schön ists im Elsass!

Einfach wunderbar, dieses Elsass – ausser dort, wo tatsächlich Wunder angekündigt werden.

Manchmal kann ich gar nicht verstehen, warum sich so viele Menschen über die «Basler Zeitung» ärgern. Jetzt ist wieder einmal so ein Moment. Wir sitzen auf der Terrasse des Hotels Arnold in Itterswiller, blicken auf die ewigen Weiten der Rhein­ebene und die lieblichen Ausläufer der Vogesen und lassen uns von der Sonne anlächeln. Was für ein Bild!

Die unzählig vielen, kleinen Dörfchen sind schön gleichmässig über die Landschaft verteilt. Und auch die allerkleinste Ortschaft hat sein eigenes stolzes Kirchlein. Mitten im Dorf, versteht sich. Hier im Elsass ist die Welt noch in Ordnung.
Und das Beste, was diese Landschaft zu bieten hat, steht direkt vor uns auf dem Tisch. Ein Pinot Gris, Fruehmess, aus dem Dorf, 7.90 Euro die Flasche. Ein einfach prächtiger Wein, ein flüssig gewordenes Wunder, und nicht das letzte, das wir auf unserem Ausflug an die Weinstrasse nördlich von Colmar erleben.

Es ist ein wunderbares Wochenende, das Abschlussgeschenk meiner alten Kolleginnen und Kollegen bei der BaZ (auf diesem Weg: vielen Dank nochmals!). Wer will sich da noch ärgern und behaupten, dass von dieser Zeitung nichts Gutes mehr ausgeht? Wir tun es jedenfalls nicht, sondern geniessen lieber das Leben. Aufs Wohl!

Zum Glück ist es auch zum Essen nicht weit, nur über die Strasse, ins nächste Restaurant. Und auch hier – alles wunderbar. Crémant, Riesling, Suppe, Spargeln, Fleisch, Spätzli, Gemüsebeilagen, Käse, Quarkdessert.

Bewegen

Immer nur essen und trinken geht aber leider nicht einmal im Elsass. Irgendwann muss man sich bewegen, wenn man nach zwei, drei Tagen nicht platzen will. Darum nehmen wir uns vor, auf den Mont Sainte Odile zu wandern, von ganz unten im Tal aus, von Barr. Dort lernen wir schon bald eine wichtige Lektion: Traue nie einem Reiseführer («kurzer, angenehmer Aufstieg; Marschzeit: eine gute Stunde»), wenn schon der erstbeste Bauer etwas ganz anderes sagt («Zu Fuss auf Sainte Odile? Seid ihr verrückt? Ein Weg dauert über drei Stunden!») In diesem Fall gilt allerdings: je länger, desto besser, so schön wie dieser Weg durch die Rebberge und Wälder des Odilienbergs ist. Ebenso schön ist das Kloster der guten alten Odilie, der Elsässer Schutzpatronin, die Ende 7., Anfang 8. Jahrhundert viel Schlimmes durchmachen musste. Immerhin konnte sie dem Elsass aber ein wichtiges Wallfahrtsziel hinterlassen, selbst Papst Johannes Paul II. war mal hier im Kloster. Nur einen Wermutstropfen gibt es: Das einzige Wunder, das einem im Elsass ausdrücklich versprochen wird, funktioniert zumindest in meinem Falle nicht: die Heilung aller Augenleiden bei der Odilien-Quelle. Aber wahrscheinlich ist das mein Fehler. Odilie selbst war anfänglich sogar blind und sah irgendwann plötzlich perfekt.

Pech für mich. Umso mehr geniesse ich die anderen Wunder des Elsass, die jeder selbst entdecken kann. Die alten Winzerdörfer wie Ribeauvillé oder Riquewihr. Der Affenberg bei Kintzheim, ein Tierpark mit rund 300 Makaken, denen man Popcorn verfüttern kann. Die grossartigen Restaurants mit ihren teilweise recht gesprächigen Wirten.
Und das Beste ist: Wahrscheinlich gibt es noch immer das eine oder andere Beizchen, das wir noch nicht kennen. Das heisst: Wir müssen schon bald wieder dorthin.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.05.12

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