Ein Dorf, eine Grossstadt, Spazieren im Grünen, Schlemmen von Spätzle und Maultaschen bis zum Michelin-Stern, Shoppen bis zum Abwinken, Kunst und Kultur satt. Das ist Stuttgart, in mancherlei Hinsicht mit Basel verbunden.
Wer im Zug anreist, was Kluge bekanntlich tun, fragt sich zunächst: Wo bitte, geht es hier zur Stadt? Wer die diversen Bauzäune, Absperrungen, Unterführungen schliesslich überwunden und Zugang zum «Städtle» gefundenen hat, vermisst den Zugang zum Bahnhof kaum mehr – denn die meisten Stuttgart-Besucher möchten am liebsten gleich dableiben.
Stuttgart ist vieles in einem: ein Dorf, eine grosse Stadt mit fast 600’000 Einwohnern, eine 4-Millionen-Metropolitanregion, die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg, eine Parklandschaft, ein Schlemmerparadies (schwäbisch und Multikulti), eine deutsche Autometropole, aber auch eine «Fahrrädle»- und Fussgängerstadt. Und für uns Opernfans vor allem anderen eine Stadt der Kultur.
Auf in die Oper
«Wunderzaichen» heisst der Grund unseres Kurztrips nach Stuttgart – eine zeitgenössische Oper des französischen Stuttgarters Mark Andre, die als Auftragsarbeit der Stuttgarter Staatsoper zustande kam. Sie dreht sich auch um den Pforzheimer Humanisten, Philosophen, Juristen und Diplomaten Johannes Reuchlin (1455 bis 1522), der als frommer Christ Hebräisch lernte und deshalb die Aufmerksamkeit der Inquisition erregte. Reuchlin hatte unter anderem in Basel studiert.
Seine Bühneninkarnation, durchaus im 21. Jahrhundert angesiedelt, wird von André Jung gespielt, dem grossen Schauspieler, den wir auch aus Basel kennen, im Bühnenbild von Anna Viebrock, ebenfalls nicht ganz unbekannt in Basel, und unter der Regie des Stuttgarter Intendanten Jossi Wieler, der früher etliche Schauspiele in Basel inszenierte. Die Bezüge zum Basler Theater sind also offenkundig – selbst bei den Auszeichnungen: Beide Häuser waren schon Opernhaus des Jahres – Basel zweimal, Stuttgart sechsmal. In dieser Saison ist noch ein weiterer Basel-Bezug zu vermerken: Im April und Mai wird Johann Sebastian Bachs «Actus Tragicus», sechs Kirchenkantaten, aufgeführt – in der 15 Jahre alten Inszenierung «unseres» Herbert Wernicke.
Stuttgart ist auch eine Stadt zum Flanieren, sei es durch die weiträumige Parklandschaft des Schlossgartens bis zum Neckarufer, sei es auf dem Killesberg oder einem der anderen, den Stadtkern umgebenden Hügel. Flanieren lässt sich auch auf der Einkaufsmeile Königstrasse und den abzweigenden Strassen und Gassen, in Einkaufspassagen oder dem Edelwarenhaus Breuninger. In der grossen Jugendstil-Markthalle, bei Di Gennaro oder Feinkost-Böhm kommt man auf den Geschmack der Welt – auch der schwäbischen. In den Hochland-Cafés gibt es den besten Kaffee, im Café-Bistro Planie beim alten Schloss ein sehenswertes Kuchenbuffet. Kurzum: Hungrig wird niemand aus Stuttgart abreisen. Und wieder Hinreisen ist kein Problem: Ab Basel Badischer Bahnhof gelangt man in zweieinhalb Stunden direkt ans obere Ende der Königstrasse.
- Absteigen: Ein reichhaltiges Angebot von «zentral» bis «im Grünen», von «Business» bis «Design». Wir waren im Kronen-Hotel Garni (wenige Minuten von Bahnhof, Königstrasse und Zentrum entfernt); freundliches Personal, kompetente Beratung in Sachen Restaurants und ein herausragendes Frühstücksbuffet.
- Anbeissen: Es gibt in dieser grossen Stadt natürlich alles, vom Döner-Stand bis zu Vincent Klinks «Wielandshöhe». Ganz in der Nähe des Hotels der sehr gute Italiener «Valle», ein familiär geführter Betrieb, der von der Pizza (auch gerne edel mit Trüffeln) bis zum Fünfgänger für jeden Hunger etwas zu bieten hat; oft ausgebucht, also besser vorbestellen. Für den kleinen Hunger fanden wir im Café Planie grosse Kuchenstücke, die sich zusammen mit einem Café au Chocolat als äusserst schmackhafte Kalorienbomben erwiesen.
- Anschauen: Das Staatstheater gehört in allen drei Sparten zu den ersten Adressen in Deutschland. Daneben gibt es einige kleinere Bühnen, auch ein Musical-Theater. Das Angebot an Museen ist riesig – von der Staatsgalerie über das Kunstmuseum bis zum Schweinemuseum –, von den beiden sehenswerten Automuseen von Mercedes und Porsche ganz zu schweigen; für all das reicht freilich ein Wochenende gewiss nicht.