Wochenendlich in Tunis

Römische Mosaiken, Pariser Flair und türkischer Kaffee in Tunesiens Hauptstadt.

Mosaiken im Bardo-Museum. (Bild: Michèle Faller)

Römische Mosaiken, Pariser Flair und türkischer Kaffee in Tunesiens Hauptstadt.

Tunis, die Hauptstadt von Tunesien, ­ist eine Welt für sich. Aber eine, die mit nur zwei Flugstunden von Zürich aus doch ziemlich nah bei Basel liegt. Dies sollte man ausnützen, gerade jetzt. Denn in ­Tunis sind die Temperaturen immer noch mild. Und die Souks mit ihren Gewürzen, Süssig- und Kostbarkeiten ein mehr als würdiger Ersatz für die verregneten ­Weihnachtsmärkte hierzulande.

Erstes Ziel in Tunis ist die Medina – die historische Altstadt und Weltkultur­erbe der Unesco – mit der grossartigen Zitouna-Moschee aus dem 9. Jahrhundert im Zentrum. Wir nähern uns dem Mittelalter Stück für Stück: von der Place 14 Janvier aus, wie der Platz seit knapp zwei ­Jahren heisst. Von da geht es direkt in die 60 Meter breite Avenue Bourguiba mit ­ihren Cafés und dem Stadttheater mit der Jugendstilfassade, auf der man sich in einem orientalisch angehauchten Paris der Jahrhundertwende wähnt.

Vorbei am Denkmal des 1332 in Tunis geborenen Vaters der Soziologie Ibn ­Khaldoun und der Kathedrale lohnt ein Ausscheren nach links in die Rue Charles de Gaulle zum Marché Central. Nachdem man gestaunt, geschnuppert und ein paar frische Datteln zur Stärkung gekauft hat, findet man sich mit dem Durchschreiten der Porte de France in einer anderen Welt wieder – der Medina. Durch insgesamt 14 Tore sind die 14 Marktgassen, die Souks, zu erreichen.

Früher wie heute gilt: Je näher beim Zentrum, desto nobler der Souk. In der ­Mitte gibt es traditionelle Khol-Schminke und Parfums aus Bergamotte und Jasmin­blüten, aber auch Fussballtrikots und Reise­taschen mit Burberry-Muster. Hauptberufliche Kupferschmiede sind ­selten ­geworden; eine hochkarätige ­Ausnahme stellt ­Mohamed Lidarssa dar, dessen ­elegante ­Artefakte sich von den ­üblichen Palmen­tellerchen abheben. Seine Geschichte, die er im ­winzigen Atelier ­erzählt – er wurde ­eines Tages von der ­Firma Hermès entdeckt und hat für deren Ausstellungen Unmögliches möglich gemacht –, hört sich an wie ein Märchen ­irgendwo zwischen Brüder Grimm und 1001 Nacht.

Wer eine Erfrischung braucht, wird mit etwas Glück von einem Händler zum ­süs­sen und vom Teeverkäufer in kunst­vollem Schwung servierten Minzetee eingeladen. Etwas mehr Ruhe bieten aber die vielen Lokale in der Medina. In den eleganten einstigen Privatanwesen kann man sich nicht nur satt essen, sondern auch ­sehen. Etwa im bezaubernden «Dar Belhadj» ­unweit des Souks der Parfumeure.

Das Bardo-Museum im ehemaligen ­Bey-Palast ist ein weiterer Höhepunkt eines jeden Tunis-Besuchs. Es beherbergt die beeindruckendste Sammlung römischer Mosaiken, rätselhafte Grabstelen aus Karthago, modern anmutende punische und prunkvolle islamische Kunst. ­Erholung von so viel Kultur bietet der 110 Hektaren grosse Parc du Belvédère im Norden der Stadt, ein englischer Landschaftspark mitsamt Zoo. Auch das hat hier Platz.

  • Anschauen: Die Mosaiken im Bardo-Museum an der Avenue Mongi Slim sind überwältigend, das Kunsthandwerk des Kupferschmieds Mohamed Lidarssa am Impasse du Blé 2 ebenso.
  • Anbeissen: Im «Dar Belhadj» an der Rue des Tamis 17. 
  • Ausspannen: Im Parc du Belvédèrezwischen Palmen und Eukalyptusbäumen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.11.12

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