Die fünf Wochen dauernde Parlamentswahl in Indien ist am Montag zu Ende gegangen. Insgesamt konnten fast 815 Millionen Menschen wählen. Damit war es die grösste demokratische Abstimmung, die es jemals gegeben hat.
Nach Angaben der Wahlkommission zeichnete sich eine Rekordbeteiligung ab. «Die Menschen gingen eifrig wählen, weil sie hoffen, die Regierung wechseln zu können», sagte Sanjay Kumar, Direktor des Zentrums für Studien von Entwicklungsgesellschaften in Delhi. Das Ergebnis wird am Freitag bekanntgegeben.
Alle Umfragen sagen einen Machtwechsel in Indien voraus. Demnach wird die derzeit regierende Kongress-Partei für die hohe Inflation, das schwächelnde Wirtschaftswachstum und die zahlreichen Korruptionsskandale der vergangenen Jahre abgestraft. Stärkste Partei wird laut den Erhebungen die Hindu-nationalistische BJP (Bharatiya Janata Party/Indische Volkspartei).
Neue Strassen und mehr Jobs
Am letzten Wahltag waren alle Blicke auf Varanasi gerichtet, die heiligste Stadt der Hindus am Fluss Ganges. Dort trat BJP-Spitzenkandidat Narendra Modi, der als haushoher Favorit für das Amt des Premierministers gilt, als Direktkandidat an.
Modi versprach den Wählern im Land den Bau von Strassen und Elektrizitätswerken sowie die Schaffung neuer Jobs. Allerdings wird ihm auch eine politische Mitverantwortung für ein Massaker an mehr als 1000 Muslimen in seinem Bundesstaat Gujarat vorgeworfen.
Politischer Dreikampf
Arvind Kejriwal, der Chef der neuen Antikorruptionspartei AAP (Aam Aadmi Party/Partei des kleinen Mannes) will Modi den symbolisch wichtigen Sitz in Varanasi streitig machen.
Die AAP konnte mit ihrem sauberen Image in den vergangenen Monaten zahlreiche Unterstützer im ganzen Land für sich gewinnen. Mit dem Erstarken der AAP wurde aus dem bisherigen politischen Zweikampf ein Dreikampf. Doch auch die zahlreichen Regionalparteien könnten später bei der Regierungsbildung noch eine entscheidende Rolle spielen.
Präsident enthält sich der Stimme
Die Wahlbeteiligung lag bis zum Sonntag bei mehr als 66 Prozent. Das ist mehr als im bisherigen Rekordjahr 1984, in dem sie bei 64 Prozent lag. Ein Sprecher der hindu-radikalen Freiwilligenorganisation RSS sagte, auch die bis zu zehn Millionen RSS-Unterstützer hätten Wähler mobilisiert.
Indiens Präsident Pranab Mukherjee stimmte – einer alten Tradition folgend – nicht ab. Mukherjee sei als Staatsoberhaupt politisch neutral, sagte sein Sprecher.