Erfolg für die Gegner des Wolfes: Schweizer Wölfe sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen rascher abgeschossen werden können. Ins Visier sollen auch Jungwölfe aus Wolfsrudeln genommen werden dürfen, wenn sie Menschen und ihren Häusern zu nahe kommen
Der Bund will die eidgenössische Jagdverordnung entsprechend anpassen, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) am Montag mitteilte. Die Revision geht auf eine Motion des Bündner CVP-Ständerates Stefan Engler zurück. Der passionierte Jäger verlangte vom Bundesrat angesichts der Ausbreitung des Wolfs eine Bestandesregulierung.
Hintergrund ist die Rudelbildung in der Schweiz. Gemäss der Schweizer Raubtierforschungsstelle KORA leben hierzulande derzeit 15 bis 20 Wölfe. Es kommen weitere hinzu, die auf Durchreise sind. Im Kanton Graubünden brachte ein Wolfspaar in den vergangenen drei Jahren Junge zur Welt. Bekannt sind die Wölfe als Calandarudel. Die ersten Wölfe waren 1995 aus Italien eingewandert.
Mehr Wölfe – neue Prioritäten
Engler verlangte daher neue Prioritäten: Statt wie bisher den Schutz des Wolfes und der Artenvielfalt in den Vordergrund zu stellen, sollten die Interessen der Landwirtschaft, der Jagd, der öffentlichen Sicherheit und des Tourismus gleich hoch gewichtet werden. Sowohl der Ständerat wie auch die vorberatende Kommission des Nationalrats befürworteten die Motion.
Der Bund braucht daher ein neues Wolfsmanagement. Zum einen will er das Verhalten der Jungwölfe des Rudels am Calanda untersuchen lassen. Zum anderen erarbeitet das BAFU nun im Auftrag von Bundesrätin Doris Leuthard eine Revision der eidgenössischen Jagdverordnung. Gemäss Mitteilung sollen Wölfe unter bestimmten Voraussetzungen erleichtert abgeschossen werden können.
Jungwölfe sollen dann ins Visier genommen werden, wenn sie sich «wiederholt innerhalb oder in unmittelbarer Nähe von Siedlungen aufhalten und zu wenig Scheu zeigen». Der Bund trägt damit vor allem der Landwirtschaft, den Jägern und der Bergbevölkerung Rechnung, die wiederholt ihre Bedenken gegen den Wolf geäussert haben. Das BAFU betont jedoch, dass Wölfe weiterhin geschützte Tiere bleiben.
WWF und Pro Natura: «Schnellschuss»
Pro Natura und WWF sind enttäuscht: «Obwohl nur eine einzige – weitgehend unauffällige – Wolfsfamilie in der Schweiz lebt, nimmt Bundesrätin Doris Leuthard jetzt schon die Jungwölfe ins Visier», schreiben Pro Natura und der WWF Schweiz in einer gemeinsamen Mitteilung.
Sie kritisieren die Pläne als Schnellschuss. «Wer bei einem landesweiten Gesamtbestand von gerade mal 25 Wölfen so drastische und unpopuläre Massnahmen plant, folgt der Polemik und Panikmache von ein paar Wenigen.» Auf der Strecke bleibe eine moderne Biodiversitätspolitik, «die unter Management mehr versteht als den Griff nach dem Gewehr».
Die Organisationen verlangen von den Behörden ein nationales sachgerechtes Wolfsmanagement, das auch die ökologisch wichtige Rolle des Wolfes, mehr Herdenschutz, sachliche und breite Information der Bevölkerung sowie touristische Aspekte mit einbeziehe.
Kein neues Wolfskonzept
Mit der angepassten Jagdverordnung entfällt die geplante Überarbeitung des Wolfskonzepts aus dem Jahr 2008. Die neue Version lag – zusammen mit dem neuen Luchskonzept – bis September zur Konsultation auf. Die 178 Stellungnahmen widerspiegeln gemäss Bericht, die Polarisierung der Befürworter und Gegner von Wolf und Luchs in Politik und Gesellschaft.
Damit gilt derzeit nach wie vor das Wolfskonzept aus dem Jahr 2008, das den Abschuss des Wolfs freigibt, sobald er innerhalb einer gewissen Zeit eine gewisse Anzahl Schafe gerissen hat. Die revidierte Jagdverordnung soll im ersten Quartal 2015 in die Anhörung geschickt werden. In Kraft tritt sie frühestens auf den 1. Juni 2015. Das Luchskonzept hingegen wird gemäss BAFU überarbeitet.