Woher kommt das Geld?

Die skandalgeschüttelte Basler Kantonalbank muss sich neu erfinden. Die Politik stutzt die BKB zurück – das beisst sich mit dem Hauptziel einer Bank: Gewinn zu machen.

Türen für alle offen: Die BKB will volksnäher werden. (Bild: Keystone)

Die skandalgeschüttelte Basler Kantonalbank muss sich neu erfinden. Die Politik stutzt die BKB zurück – das beisst sich mit dem Hauptziel einer Bank: Gewinn zu machen.

Für die Basler Kantonalbank stehen wegweisende Wochen an. Nicht wegen der nach wie vor unbe­reinigten Altlasten – die Schwarzgeldaffäre mit früheren US-Klienten und die fehlende Einigung mit BKB-Kunden, die im Anlagebetrugsfall ASE viel Geld ­verloren haben. Zur Belastung für die einst ehrgeizige Kantonalbank werden die Regulatoren. In den heissen Phasen überfordert, hat die Politik jetzt der Regulierungseifer ­ergriffen. 

Der Entwurf zu einem neuen BKB-­Gesetz von Finanzdirektorin Eva Herzog wird in den Kommissionen zerpflückt. An Forderungen nach schmerzhaften Eingriffen fehlt es nicht: Der Eigenhandel soll untersagt werden, Tochtergesellschaften im Ausland sollen verboten sein, ebenso Filialen ausserhalb des Kantons. Das linke ­Lager fordert eine Zweckbestimmung im Leistungsauftrag, wonach die Bank den gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern hat.

Gewinneinbruch

Die skandalgeschüttelte Bank hat aus unternehmerischen Gründen, aber auch aus politischem Kalkül ­einige der geforderten Schritte bereits vollzogen. Die Steuerspar-Gesellschaft auf der britischen Kanalinsel Guernsey hat sie geschlossen, dasselbe Schicksal ereilt nun die Aussenstellen in Bern und Zürich auf Ende Jahr. 

Das alles ist Teil der neuen Strategie, die Bankchef Guy Lachappelle gemeinsam mit dem Bankrat entwickelt hat. Die Bank soll in den Worten Lachappelles «eine normale Kantonalbank» werden. Das könnte teuer werden: Der Gewinn brach im letzten Jahr um 34 Prozent auf 168 Millionen Franken ein. Die grosse Frage lautet also: Wie will die Bank künftig noch Geld verdienen? 

Hypotheken

Die Verleihung von Hypotheken ist das traditionelle Kerngeschäft der meisten Kantonalbanken. Bei der BKB ist dieser Bereich vergleichsweise wenig ausgeprägt – und wird es auch bleiben. Dafür gibt es in Basel schlicht zu wenig Bautätigkeit. Ein Angriff im Baselbiet auf die in der Hausfinanzierung starke Basellandschaftliche Kantonalbank steht nicht zur Debatte. Die Kundenstruktur sei zu unterschiedlich, sagt Lachappelle. 

Private Banking

Die BKB hat in den letzten Monaten viel Geld verloren: 2,3 Milliarden Franken an Kundenvermögen sind alleine 2013 abgeflossen. Ursächlich dafür soll vor allem die Weissgeldstrategie und die Fokussierung auf Kunden aus einigen wenigen europäischen Ländern sein. Auch deshalb schliesst die Bank ihre Dependance im Zürcher Bankenviertel. Dort sind allerdings durch den Wechsel des in die unsauberen US- und ASE-Geschäfte verwickelten Managements bereits Kunden verloren gegangen, die vom ge­kündigten Kader mitgenommen wur­den.

Zu den besten Zeiten verwaltete Zürich gegen 6 Milliarden Franken, heute dürfte es noch ein Drittel davon sein. Die Bank will sich auf den Platz Basel konzentrieren, auf Firmen und institutionelle Kunden. Die Zeiten, als man glaubte, um die grossen internationalen Vermögen mitkämpfen zu können, sind vorbei. Auch in Basel blieb die BKB in diesem Markt bislang aussen vor: Die Hausbank der Reichen ist das Geldinstitut J. Safra Sarasin. Und Lachappelle verneint, diese Klientel abwerben zu wollen. Der typische BKB-Kunde verfügt über ein Vermögen von unter einer Million Franken.

Handelsgeschäft

Der Rückzug aus dem Geschäft mit strukturierten Produkten ist beschlossene Sache. Diese gelten als riskant, aber auch gewinnträchtig. Offenbar verlief der Handel damit aber nur mässig erfolgreich.Für den Rückzieher führt Lachappelle vor allem wirtschaftliche Gründe an: Rendite und Risiko hätten in keinem sinnvollen Verhältnis gestanden, Marktanteil und Wachstumsaussichten seien zu gering gewesen. Deshalb wurde die Tochtergesellschaft auf Guernsey überflüssig, über die der Handel mit den strukturierten Produkten abgewickelt wurde. Nur durch diese Steuerspartricks, die alle Banken anwenden, war das Angebot überhaupt konkurrenzfähig. 

Die Handelsabteilung soll aber auch künftig eine wichtige Stellung haben. Die Erträge blieben, zieht man ausserordentliche Effekte ab, stabil. Das Handelsgeschäft gilt als Plus im Werben um Firmenkunden und Vermögende – ein gewichtiger Vorteil gegenüber anderen Banken auf dem Platz Basel.

KMUs

Sie bilden das Fundament der neuen Strategie. «Bei den ganz kleinen Firmen und den grossen sind wir bereits gut positioniert, dazwischen gibt es ein grosses Potenzial», glaubt Lachappelle. Mit massgeschneiderten Angeboten, aufwendigem Service und dem Handelsgeschäft als zusätzlichem Anreiz soll das Kreditgeschäft ausgebaut werden. Zudem gelten diese Dienstleistungen als Schlüssel für Zusatzgeschäfte in der Vermögensverwaltung.

Auf diesem Markt will die BKB andere Banken angreifen. Lachappelle ist überzeugt: «Was wir bieten, hat niemand anderes in der Region.» Jede Firma mit einem CFO, also einem Finanzchef, will die Bank angehen. Denn diese Leute verlangen mehr von ihrer Bank als ein Festgeldkonto und eine Handvoll Obligationen.

Personal

Bei der Basler Kantonalbank steht ein Stellenabbau bevor. Bereits jetzt gilt: Wer geht, wird nach Möglichkeit nicht ersetzt. Entlassungen angekündigt sind bislang aber einzig in der Filiale Zürich, die zugemacht wird. Dort arbeiteten zuletzt 40 Angestellte. Durch den Abgang von Kundengeldern als Folge der Weissgeldstrategie und die verschärften Kriterien für externe Vermögensverwalter sind viele Angestellte im Haus überflüssig geworden.

Dass diese noch für die Bank arbeiten, hat einen Grund: Die Mitarbeiter sollen das Haus erst gründlich durchputzen, bevor sie den Schlüssel abgeben. «Wir brauchen sie, um die Altlasten aufzuräumen», sagt Lachappelle. Wie viele Stellen der total rund 800 wegfallen, will er noch nicht sagen, um keine Unruhe zu schüren. Bis 2016 soll der Abbau erfolgt sein.

Mitarbeiter sollen Risiken vermeiden

Anpassungen gibt es auch darüber hinaus. Die Banker erhalten keine reinen Umsatzziele mehr, an denen sie gemessen werden, sondern sie sind kombiniert mit Risikoverminderung: Wird einem Bereichsleiter die Vorgabe gemacht, er müsse 100 Millionen Franken Umsatz erzielen, kann er das Ziel auch erreichen, wenn er nur 80 Millionen reinholt, dafür zu geringeren Risiken. Der Wert des Unternehmens soll wachsen, nicht der Umsatz. 

Der Umbau ist teuer, die neue Struktur auch. Lachappelles Strategie ist aufwendig und kostenintensiv. Die Gewinne und damit auch die Abgeltung an den Kanton werden darunter leiden. Was danach kommt, hängt stark von der Konjunktur ab. 

Schmiermittel für die Wirtschaft

Die politischen Forderungen dürfte die BKB erfüllen: Risiken werden abgebaut, Geschäfte, die auch nur im Ansatz anrüchig sind, beendet. Die Bank will Schmiermittel der regionalen Wirtschaft sein und damit verdienen. Sie will auch das Bild des rücksichtslosen, raffgierigen Bankers korrigieren, wovon es im Haus nicht wenige gab. Doch die Fokussierung auf das Lokale birgt Gefahren: Wie rasch eine Bank in Schieflage geraten kann, die nicht breit abgestützt ist, lehrt die Immobilienkrise der 1990er-Jahre, als auch die BKB wankte.

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