Wenn Soldat Blazkowicz nach Jahren wieder in die Videospielwelt zurück kehrt, horcht die Gamerwelt auf. Ob der Kult-Shooter immer noch funktioniert – wir haben es getestet. Eine interessante Grundidee ist schonmal vorhanden.
Fast 20 Jahre bevor es dank Quentin Tarantino cool wurde, Nazis zu jagen, erledigte ein amerikanischer G.I. namens B.J. Blazkowicz im Alleingang Adolf Hitler (der erst noch von einem Roboteranzug geschützt wurde). Wolfenstein 3D hiess der 1992 erschienene Egoshooter und wird heute als «Grossvater aller 3D Shooter» bezeichnet. Vor den weitaus bekannteren «Doom» oder «QUAKE» wurde hier Spielegeschichte geschrieben.
Nach einigen Jahren Absenz kehrt Soldat Blazkowicz nun wieder zurück und nimmt es mit seinem Erzfeind General Wilhelm Strasse a.k.a. General Totenkopf auf. Allerdings unter weitaus ungünstigeren Voraussetzungen als noch im ersten Teil. Denn WOLFENSTEIN: THE NEW ORDER spielt im Jahre 1960. Die Nazis haben den Krieg gewonnen und die ganze Welt unterjocht.
Aus dem Koma nach Berlin
Blazkowicz wurde bei einem Angriff 1946 schwer verletzt und verbrachte 14 Jahre im Wachkoma. Kaum aufgewacht, legt er aber los: Mit der Hilfe einer polnischen Krankenschwester dringt er ins tiefeste Nazi Machtzentrum Berlin ein, um sich mit den letzten Widerstandskämpfern zu verbünden. Wird es ihm gelingen, die Geschichte neu zu schreiben und dem Terrorregime ein Ende zu setzen? Es liegt ganz in der Hand des Spielers…
Die Ausgangslage ist durchaus originell: Eine Welt in der die Nazis den Krieg gewonnen haben, ist zwar nicht neu, aber in einem Spiel hat man das so noch nie gesehen. Kombiniert mit der Robotertechnologie der «Übersoldaten» und anderen wissenschaftlichen Experimenten ergibt das eine bedrohliche Atmosphäre, in der das Leben permanent an einem seidenen Faden hängt.
WOLFENSTEIN: THE NEW ORDER ist vielleicht nicht der ultimative Grafikknaller, es schaut aber ganz hübsch aus und läuft konstant superflüssig. Die Soundeffekte und der Soundtrack sind ebenso solide inszeniert. Auf technischer Seite enttäuscht also gar nichts – die id Tech 5 Engine erfüllt ihre Aufgaben bestens.
Zensierte Version
Was enttäuscht ist die seltsam zensierte Fassung, die man mir zur Verfügung gestellt hat. Dass darin keine Hakenkreuze zu sehen sind, ist überhaupt nicht tragisch. Dass man aber darauf verzichtet hat, die Originaltonspur zu übernehmen, ist eine Schande. Gerade in einem Spiel, welches die Herkunft und Identität der Protagonisten stark gewichtet, ist es absolut unverständlich, dass am Ende alle Deutsch sprechen müssen. Im Original sprechen die Figuren nämlich allesamt ihre Muttersprachen mit Untertiteln…ein grosses Pfui an dieser Stelle!
Aber das Bravo folgt sogleich: WOLFENSTEIN: THE NEW ORDER ist ein reinrassiges Einzelspieler-Erlebnis. Vielleicht aus moralischen Gründen (wer will schon als Nazi spielen) wurde komplett auf einen Mehrspielermodus verzichtet. Macht gar nichts – denn mit etwa 20 Stunden Spielzeit bekommt man eine ganze Menge Spannung fürs Geld.
WOLFENSTEIN: THE NEW ORDER ist ein gelungenes Revival des Ur-Shooters und hält in allen Belangen, was es verspricht. Nicht mehr, aber sicher auch nicht weniger…
Summa summarum vergebe ich einen Spieltrieb-Faktor von 8 (von möglichen 10 Punkten).
Titel: Wolfenstein – The New Order
Plattform: PS4, XBOX ONE, PS3, XBOX360, PC
PEGI: Ab 18 Jahren
Spieler: 1
Preis: ca. 79 Franken