Wer Zombie Filme mag, wird einen hervorragend gemachten Genre-Film sehen. Wen das eher abschreckt, der wird von einem glänzend gebauten Apokalypse-Bilderbogen überrascht. Und einem grandiosen Sound.
Als ich Marc Foster zu «Machine Gun Preacher» befragte, sagte er vor Interviewbeginn: «Am Interessanten ist es für mich immer, etwas zu machen, was ich noch nie getan habe. Da lerne ich am meisten.» Damals habe ich mir den Satz ins Notizbuch geschrieben. Heute bin ich wieder darauf gestossen. Marc Forster hat einen Zombie-Film gemacht. Was hat er gelernt?
«Zombies» sind, je nach Genre-Auslegung, mal Tote, die auch nach dem Tod nicht von uns gehen können, mal Lebendige, die nicht zu töten sind, mal einfach nur Verzauberte. In allen Fällen sind Zombies eine Pest für den Rest der Menschheit. Nicht zufällig hat sich der Begriff «Zombie» auch im Jugendslang rasch verbreitet: Das Lebensgefühl, von lauter Untoten umgeben zu sein, fand in den Achzigern seinen Weg in die Jugendsprache. In «World War Z» sind nun Zombies eine weltweite Plage.
Teures, aber auch feines Genre-Kino
Was bewegt Marc Forster sich mit einem Genre auseinander zu setzen, zu dem billige Grusel- und Splatter-Effekte gehören wie das Amen in die Kirche? Eben dies: Billig war dieser Film nicht. Aber billig ist auch nicht sein Ansatz. Forster ist zu schlau, um nur ein heischerisches Genre zu erkunden. Er erkundet den Stand des Bewusstseins. Jeder Dollar, der in diesem Film steckt, ist auch zu sehen: Was auf Sie wartet ist Genre-Stil vom Feinsten.
Als erstes werden Ihnen Abstumpfungserscheinungen vor Augen geführt: Katastrophen lassen uns kalt. Aufgeschreckt werden wir vielleicht von der Meldung, Justin Bieber habe sein Äffchen vergessen (oder es ihn?). Aber längst nicht mehr von einer Meldung, die eine Gefährdung unseres Planeten erahnen liesse. Selbst wenn uns die Mitteilung erreichen würde, dass irgendwo Zombies unterwegs seien, wir würden es wohl eher für den Werbegag einer Rockband halten als eine Bedrohung für uns alle.
Während also Familie Lane zu Hause erwacht, ziehen im Küchen-Hintergrund kleine und grosse Katastrophen in den Nachrichten an der Familie vorbei. Nur Papa Lane, Brad Pitt, scheint den News ein Ohrenmerk zu schenken: Er blinzelt hin und wieder sogar nach den TV-Bildern von Vogelgrippe, Ölpest oder Bienensterben.
Dann erwischt es die Lanes mitten im Stau. Ehe die 3-D-Brille richtig sitzt, sitzen wir mit der ganzen Familie mitten im dicksten Schlamassel. Ein besonders aggressiver Virus lässt die Menschen durchdrehen. Ehe wir es uns versehen, stecken wir in einem weltweiten Desaster. Was nun folgt, ist ein atemberaubend rasch und präzise geschnittener Albtraum, der nur hin und wieder Ruhepunkte anbietet. Dann darf man in das sorgenvolle Gesicht von Mutter Lane schauen, oder ihrem Mann in die Augen. Brad Pitt ist solide unaufwendig, macht aus seinem Helden einen schlichten Pragmatiker: Weltrettung ist für ihn einfach nur das, was er am besten kann.
«World War Z» bietet haarsträubende Bilder einer weltumspannenden Apokalypse. Dabei verliert er nie seine Geschichte aus den Augen und türmt nicht bloss abenteuerlich teure Effekte vor uns auf, sondern auch Affekte, mit denen Forster sein humanes Weltbild zu Ende malt. Der Schluss ist überraschend, und, wer die Entstehungsgeschichte des Filmes kennt, weiss, dass er erst mitten in den Dreharbeiten entstand. Aber das ist vielleicht gut so. Er funktioniert.
Wer sich zuvor abhärten will, kann sich hier eine Slideshow von ein paar Zombie-Filmen anschauen.
Wer sich auch noch das Buch mit dem sinnigen Titel «Operation Zombie: Wer länger lebt, ist später tot» reinziehen will, der ist dann gegen alles gefeit. Wer aber ganz in die Filmgeschichte tauchen will kann damit beginnen:
1932: Eine Dimension weniger, und doch eine Welt mehr: «White Zombie» von Victor Halperin. Hier der ganze Film. Er lässt mit jedem Bild viel Zeit, Menschen zu beobachten. Achzig Jahre später ist der Schnittrhythmus bei 2 Sekunden. Das ist schon fast beim Traumtakt.