Die Zahl der Todesopfer nach dem schweren Erdbeben in Nepal hat sich am Montag auf mehr als 4000 erhöht. Bislang seien mehr als 4100 Tote gezählt worden, davon 4010 in Nepal, die übrigen in den Nachbarländern Indien und China, teilten die Behörden mit.
Rund 7500 Menschen wurden bei dem Beben der Stärke 7,8 vom Samstag verletzt. Spitäler und Leichenhallen in Nepals Hauptstadt Kathmandu waren völlig überfüllt. Rettungsteams lieferten sich bei der Suche nach Überlebenden einen Wettlauf gegen die Zeit.
Parks und offene Gelände in Nepals Hauptstadt Kathmandu waren überfüllt mit Einwohnern, die obdachlos geworden sind oder aus Angst vor Nachbeben nicht in ihre Häuser zurückkehren wollten.
Rameshwor Dangal von der Katastrophenschutzbehörde erklärte, die Rettungskräfte würden ihre Bemühungen nun auf Verschüttete unter eingestürzten mehrstöckigen Gebäuden konzentrieren. Doch fehle es nach wie vor an Ausrüstung, um Überlebende aufspüren und bergen zu können. Spitäler und Leichenhallen waren völlig überfüllt.
Swiss Camp in Kathmandu
Die Schweiz hat bisher keine Todesopfer zu beklagen, wie Ralf Heckner, Chef des Krisenmanagement-Zentrums des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Montag erklärte. Mehrere Personen seien verletzt worden, ihr Zustand sei aber nicht besorgniserregend. Die meisten der 124 in Nepal gemeldeten Schweizerinnen und Schweizer konnten inzwischen kontaktiert werden.
Rund 30 Touristinnen und Touristen haben Unterschlupf gefunden im Garten der Schweizer Botschaft in der Hauptstadt Kathmandu. Dort habe sich inzwischen eine Art «Swiss Camp» gebildet, sagte Manuel Bessler, Chef des Korps für Humanitäre Hilfe.
Mangel an Trinkwasser und Helikoptern
Vor Tankstellen bildeten sich lange Schlangen, in Supermärkten wurden Grundnahrungsmittel knapp. Ein Regierungsvertreter erklärte, es gebe dringenden Bedarf an Trinkwasser.
Auch die Rettungsmassnahmen müssten ausgeweitet werden. «Wir brauchen mehr Helikopter für die ländlichen Gegenden», sagte ein Sprecher. Nepal ist ein armes Land, das nur über sechs Helikopter verfügt, hinzu kommen 20 private.
Rettungshelikopter begannen am Montag, mehr als 150 blockierte Bergsteiger aus den vorgeschobenen Lager am Mount Everest zu befreien. Zuvor waren bereits zahlreiche Verletzte aus dem Basislager ausgeflogen worden. Das Erdbeben hatte eine Lawine ausgelöst, die einen Teil des Basislagers verschüttete. Mindestens 18 Menschen wurden getötet.
Zum Beginn der Bergsteigersaison befanden sich örtlichen Schätzungen zufolge rund 800 Menschen am höchsten Berg der Welt, darunter viele Ausländer. Die Lage am Mount Everest war weiterhin unklar, da die Kommunikation zusammengebrochen war.
Der Bergsteiger Reinhold Messner warnte davor, dass das Schicksal der internationalen Bergsteiger die Not der Bevölkerung vor Ort in den Hintergrund drängen könnte. In erster Linie müsse den Menschen in der Hauptstadt Kathmandu geholfen werden, sagte er im Sender HR-Info.
Retter kommen nicht voran
Die Hilfe aus dem Ausland lief nur zögerlich an. Der Flughafen von Kathmandu – der einzige internationale Flughafen des Landes – erwies sich als Nadelöhr für die internationale Hilfe. Der Einsatz der Rettungsteams wird zudem durch Nachbeben und zerstörte Strassen behindert.
Weil unklar war, ob ein grosses Flugzeug in Kathmandu überhaupt landen kann, schickte die Schweiz am Sonntag lediglich ein kleines Team mit einem Rega-Jet nach Nepal. Das Team habe mehrere Stunden warten müssen, bis es überhaupt das Flugzeug verlassen konnte, hiess es.
Der Engpass am Flughafen war einer der Gründe, warum Bessler nicht die Rettungskette losgeschickt hat. Dabei handelt es sich um 100 Personen mit 20 Tonnen Material.
Am Mittwoch soll ein achtköpfiges Team für medizinische Hilfe mit dem Bundesrats-Jet nach Nepal geflogen werden. Dieses ist auf die Bedürfnisse von Müttern mit Kindern spezialisiert.
Ebenfalls noch diese Woche soll ein erster Materialtransport mit Plastikplanen, Zelten, Decken oder Kochutensilien die Schweiz Richtung Nepal verlassen.
Der Wiederaufbau in Nepal könnte Experten zufolge mehr als fünf Milliarden Dollar kosten – das sind rund 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die EU-Kommission sagte drei Millionen Euro Nothilfe zu. Die zuständigen UNO-Organisationen kündigten umfangreiche Unterstützung an.