Arbeitswege, Überalterung und Anonymisierung dezimieren die Milizfeuerwehr-Bestände auch im Baselbiet. Nun wollen zehn Gemeinden mit einem Verbund alte Zöpfe abschneiden. Mehr Festangestellte sollen helfen, das Milizfeuerwehr-Prinzip in die Zukunft zu retten.
Beim neuen Verbund «Regionalfeuerwehr Liestal» wirken Liestal, Seltisberg, Lupsingen, Arisdorf, Hersberg, Bubendorf, Ramlinsburg, Ziefen, Reigoldswil, Lauwil und Bretzwil mit, also auch vier bestehende kleinere Verbünde, wie der Baselbieter Feuerwehrinspektor Werner Stampfli am Donnerstag vor den Medien erklärte. Ihn hatten die Gemeinderäte als Projektleiter beigezogen.
Das grösste Problem sei heute die Tagesverfügbarkeit der freiwilligen Feuerwehrleute, wenn sie nicht am Wohnort arbeiten, sagte Florian Kron, der als Hersberger Gemeindepräsident den Lenkungsausschuss des Verbund-Projektes präsidiert. Zudem hätten immer weniger Lust, in der Feuerwehr Karriere zu machen. So erodierten Kader und Korps.
Flexibler
Die Baselbieter Feuerwehren seien zwar «top ausgerüstet», sagte Stampfli, doch «organisatorisch sei man im 20. Jahrhundert stehen geblieben». Etwas revolutionär sei der neue Verbund deshalb, weil man nicht mehr nur am Wohnort, sondern gegebenenfalls auch am Arbeitsort in der Feuerwehr sein könne. Einsätze würden besser auf die Leute verteilt; für den Einzelnen stiegen die Chancen auf einen echten Einsatz.
Die heutige Stützpunktfeuerwehr Liestal soll im Verbund die grössere von zwei Wachen sein; ein kleinere käme nach Reigoldswil. Tagsüber – wenn die Leute schlecht aufbietbar sind, aber am meisten passiert – sollen künftig neben den Milizlern zehn Festangestellte die Bereitschaft sichern; heute hat es nur zwei solche (in Liestal).
Auf allen Hierarchieebenen seien im Verbund Milizler vorgesehen, was explizit auch Aufstiegsperspektiven bieten soll. «Es geht nicht um eine Berufsfeuerwehr», betonte Stampfli. Alle heutigen Miliz-Feuerwehrleute könnten dabei bleiben; man wolle beim Systemwechsel nicht selektionieren.
Mittelfristig billiger
Das Verbundgebiet umfasst heute rund 250 der insgesamt 2400 Baselbieter Feuerwehrleute. Bei Stampflis Antritt waren es im Kanton noch 4000 gewesen; der Handlungsbedarf sei also klar. Der neue Verbund funktioniere mit einem Mindestbestand von 125 Leuten. Weitere Gemeinden könnten sich anschliessen – auch Solothurner Nachbarn haben laut Kron Interesse.
Auf das Budget hat der Verbund zunächst wenig Einfluss; die heute addiert rund zwei Millionen Franken sollen laut dem Liestaler Kommandanten Roger Salathe für das Ganze reichen. Künftige Investitionen aber würden breiter getragen, und es braucht markant weniger Magazine, Fahrzeuge und Material, was Kosten senken soll.
Laut Stampfli stehen heute im Baselbiet 280 Feuerwehrfahrzeuge, darunter gut 60 Löschfahrzeuge – ein solches kann eine halbe Million kosten, plus Unterhalt. Im Verbundgebiet könne man bei gleicher Sicherheit von heute 13 auf noch vier Löschfahrzeuge herunterfahren. Er verstehe die Emotionen in den Dörfern gut; die alten Zeiten seien aber vorbei.
Stimmberechtigte entscheiden
Derzeit werden die Statuten des Verbundes geschrieben; anhand dieser sollen noch 2017 alle Gemeindeversammlungen und Einwohnerräte über das Mitwirken entscheiden – unverzichtbar für den Verbund sei nur Liestal, hiess es. Der Feuerwehrsold wird vom Verbund geregelt, die Ersatzabgaben hingegen weiterhin von den Gemeinden. Die Leitungs-Posten werden ausgeschrieben.
Gefragt, wie er das Modell auf den ganzen Kanton übertragen sähe, sagte Stampfli, mit fünf solchen Feuerwehrverbünden könnte man alle 86 Baselbieter Gemeinden gut versorgen. Der Leidensdruck sei heute bei kleinen Gemeinden am grössten, aber bei den Grossen sei auch nicht leicht, die Mannschaftsbestände zu halten.