Schlappe für die Staatsanwaltschaft im Prozess um eine Messerattacke im Klingenpark in Zürich vor einem Jahr: Das Bezirksgericht Zürich verurteilte einen 26-jährigen Mann zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe, der Staatsanwalt hatte neun Jahre beantragt.
Der Gerichtsvorsitzende betonte am Mittwoch bei der Urteilseröffnung: «Es war kein Amoklauf». Die Mutmassung, es habe sich vielleicht um die Tat eines islamistischen Extremisten gehandelt, passe überhaupt nicht zu dem Fall. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür.
Verurteilt wurde der Iraker wegen versuchter schwerer Körperverletzung und wegen Drohung zu einer unbedingten Strafe von 24 Monaten. Etwas mehr als ein Jahr hat er bereits abgesessen.
Freisprüche gab es bezüglich drei zu wenig genau bewiesenen Fällen. Zudem kam es nicht zu einer Verurteilung wegen versuchter Tötung, weil die konkrete Gefährdung sich nicht beweisen lasse.
Der Beschuldigte hatte in der Verhandlung bestritten, überhaupt der Mann gewesen zu sein, der am 11. August 2015 mit einem Fleischmesser mit einer 19 Zentimeter langen Klinge auf Menschen losgegangen war. Für das Gericht gab es jedoch keinen Zweifel, dass er «mit diesem Messer unterwegs war».
Staatsanwalt: «Wie in einem Horrorfilm»
Der Staatsanwalt hatte erklärt, der Mann sei mit dem gefährlichen Messer «in einem Amoklauf auf x-beliebige Leute losgestürmt». Einen Mann habe er beinahe in den Hals, vier weitere Personen beinahe in den Oberkörper gestochen. Die Passanten hätten sich gefühlt wie in einem Horrorfilm.
Ein Tatmotiv sei nicht ersichtlich, aber die Beweislage sei erdrückend, fand der Staatsanwalt. Nur durch Zufall und eine schnelle Reaktion sei niemand schwer verletzt oder getötet worden.
Gemäss Gericht waren drei Messerangriffe gegen unbekannte Personen offensichtlich zu wenig genau beschrieben worden. Eigentlich wisse man dazu gar nichts – ein einziger Zeuge habe Aussagen dazu gemacht, allerdings widersprüchliche.
Bei jenem Angriff auf einen 28-Jährigen kam das Gericht zum Schluss, der Täter habe sich der Drohung schuldig gemacht, aber nicht der versuchten schweren Körperverletzung. «Die Distanz zum Opfer lässt keinen Verletzungsvorsatz zu», sagte der Richter. Der Täter habe das Opfer aber bewusst in Angst und Schrecken versetzt.
Bei der Attacke gegen einen 49-Jährigen sprach das Gericht von einer «gefährlichen Bewegung mit dem Messer gegen den Kopf». Hier habe es ein grosses Risiko gegeben, dem Gegenüber eine Verletzung zuzufügen. Der Beschuldigte habe sich der versuchten schweren Körperverletzung schuldig gemacht.
Therapie gegen Gewalt angeordnet
Der Angeklagte hatte laut Gericht die Tat unter Einfluss einer grösseren Menge Alkohols begangen. Ein Beweggrund könne auch eine Frustration gewesen sein.
Das Gericht ordnete eine ambulante Therapie an, mit welcher der Mann seine Gewaltausbrüche nach Alkoholkonsum in Griff bekommen soll. Die Behandlung sei schon während des Vollzugs der Strafe zu beginnen.
Vermisst hatte das Gericht die Einsicht des Beschuldigten. Dieser hatte sich den Richtern als Opfer und nicht als Täter dargestellt. Es sei vor der Messerattacke, die von jemand anderem begangen worden sei, im Klingenpark gewesen und dann von etwa zehn Männern «geschubst, geschlagen und verletzt» worden. Gestohlen worden sei seine Tasche, in der sich wichtige Dokumente befunden hätten.
Er sei dann geflüchtet und später zurückgekommen, um die Tasche zurückzubekommen. Als sich dann die Messerattacke abgespielt habe, sei er davongerannt und verhaftet worden.