Der Zürcher Regierungsrat befürwortet einen Tierversuch mit Rhesusaffen am Institut für Neuroinformatik (INI) der ETH und der Universität Zürich. Er hat einen Rekurs von drei Mitgliedern der Tierversuchskommission abgewiesen.
Das kantonale Veterinäramt hatte im Juli 2014 das Gesuch für Tierversuche mit Affen mit Auflagen gutgeheissen. Dagegen legten drei Mitglieder der Tierversuchskommission beim Regierungsrat Rekurs ein und forderten die Aufhebung der Tierversuchsbewilligung.
Dieser wurde nun abgewiesen, wie der Zürcher Regierungsrat am Donnerstag mitteilte. Angesichts der erwarteten Erkenntnisse für die psychiatrische Forschung sei der geplante Tierversuch von erheblicher Bedeutung, heisst es in der Begründung.
Der Regierungsrat anerkenne daneben aber auch das Schutzbedürfnis von Tieren, an denen Versuche durchgeführt werden. Bei der Interessenabwägung sei man jedoch zum Schluss gekommen, dass das Interesse der Gesellschaft am angestrebten Erkenntnisgewinn stärker wiege.
Affen leiden nicht übermässig
Laut Regierungsrat weist der geplante Tierversuch den Schweregrad 3 auf. Die Belastung der Tiere sei aber geringer als bei früheren Versuchen. Den Tieren würden keine übermässigen Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt.
Im Rahmen des Tierversuchs wollen Forscher bei Rhesusaffen die Aktivität von Nervenzellen messen und so Erkenntnisse zur Funktionsweise des präfontalen Cortex gewinnen. Das ist jener Gerhirnteil, der dem Menschen viele seiner kognitiven Fähigkeiten erlaubt.
Forschende der ETH und der Universität Zürich wollen nun mittels einer neu entwickelten Methode die komplexen Nervennetze im präfontalen Cortex aufschlüsseln. Sie versprechen sich davon wegweisende Ansätze für die künftige Behandlung von psychischen Erkrankungen, wie die Uni Zürich schreibt.
Für Forschung unabdingbar
Für den Prorektor für Medizin und und Naturwissenschaften der Universität Zürich, Christoph Hock, sind die Tierversuche unabdingbar. Trotz modernster bildgebender Verfahren sei die Abbildung von Prozessen im menschlichen Gehirn gegenüber tierexperimentellen Techniken nach wie vor sehr limitiert.
An Rhesusaffen sollen das Entscheidungsverhalten und die zugrunde liegenden neuronalen Prozessen untersucht werden. Dabei lösen drei Tiere Verhaltensaufgaben, wie sie bei Menschen zur Untersuchung von psychischen Erkrankungen angewendet werden.
Gleichzeitig wird die Aktivität des präfontalen Cortex gemessen und mit einem neu entwickelten Algorithmus analysiert. Aufgrund der ähnlichen Hirnstrukturen von Mensch und Affe kann laut Projektleiter Valero Mante mit diesen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen auf die Abläufe im menschlichen Gehirn geschlossen werden.
Ob die Versuche am INI tatsächlich durchgeführt werden können, ist noch offen. Der Entscheid des Zürcher Regierungsrates ist noch nicht rechtskräftig. Er kann an das Verwaltungsgericht oder gar bis ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Tierschutzorganisationen sind beunruhigt
Tierschutzorganisationen sind enttäuscht über den Entscheid der Zürcher Regierung. Sie habe sich über «erhebliche ehtische Bedenken» und die einschlägige bundesgerichtliche Rechtssprechnung hinweggesetzt, schreibt die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) in einer Mitteilung.
Auch der Zürcher Tierschutz spricht von einem «rückwärtsgewandten Entscheid». Damit würden schwer belastende Primatenversuchen an der ETH und an der Uni Zürich wieder Tür und Tor geöffnet und ein wegweisender Entscheid des Bundesgerichts quasi umgestossen.
2009 hatte das höchste Gericht nach einem mehrjährigen Rechtsverfahren einen Tierversuch mit Primaten untersagt. Ausschlaggebend war die schwere Belastung, die den Tieren im Versuch hätten zugefügt werden sollen. Geplant war die Implantation von Elektroden ins Gehirn sowie eine Kopfhalterung am Schädel, die zur Fixierung der Affen im so genannten «Primatenstuhl» dienen sollte.