Zum erstenmal überhaupt beantragt die Zürcher Stadtregierung die Aufsichtsbehörde, einen Entscheid des Parlaments zu kippen. Es geht um ein rechtsgültiges Strassenbauprojekt. Die nötigen Mittel hatte der Stadtrat in eigener Kompetenz bewilligt. Der Gemeinderat strich die Hälfte.
Für die Bewilligung von gebundenen Ausgaben – also Aufwendungen, die etwa für den Erhalt der Infrastruktur zwingend nötig sind – ist die Exekutive, der Stadtrat, zuständig. Dafür braucht es weder Parlaments- noch Volksentscheide. Anders ist es bei nicht gebundenen Ausgaben: Über sie entscheidet ab einer Höhe von 2 Millionen Franken das Parlament und ab 20 Millionen das Volk.
Für den Ersatz der maroden Nordbrücke im Quartier Wipkingen lag – nachdem die Kantonsregierung einen Rekurs abgewiesen hatte – ein rechtskräftiges Projekt vor. Im Budget 2012 hatte der Stadtrat dafür rund 4 Millionen Franken eingesetzt – gebundene Ausgaben.
Auf Antrag der Rechnungsprüfungskommission halbierte der Gemeinderat dessen ungeachtet den Betrag in der Budgetdebatte mit 77 gegen 46 (bürgerliche) Stimmen. Ratsmitglieder vorab von der linksgrünen Seite hatten vor allem eine ihrer Ansicht nach ungerechtfertigte Besserstellung des Autoverkehrs kritisiert.
Kompetenzen müssen respektiert werden
So nicht, findet nun der Stadtrat. In einem Rechtsstaat sei es unabdingbar, dass die jeweiligen Gremien gegenseitig ihre Kompetenzen respektierten, sagte Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) am Mittwoch vor den Medien. „Der Gemeinderat hatte nicht das Recht einzugreifen“.
Aus diesem Grund hat sich der Stadtrat nun an den Bezirksrat gewandt, die zuständige Aufsichtsbehörde. Er beantragt die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses und die Wiederaufstockung des Betrags auf die ursprünglich eingesetzten 4 Millionen Franken.
Jetzt ist der Bezirksrat am Ball. Der Stadtrat „hofft auf die Korrektur“, so Mauch. Dann können die Arbeiten im August wie geplant beginnen. Allerdings ist ein Bezirksratsentscheid voraussichtlich wiederum anfechtbar, wie der Rechtskonsulent der Stadt, Peter Saile, sagte.
Falls das Projekt nicht wie vorgesehen ab Sommer realisiert werden kann, entstehe ein grösseres Problem, erklärte Stadtrat Andres Türler (FDP), zuständig für den öffentlichen Verkehr. Denn über die Brücke verlaufen zwei stark genutzte Buslinien. Angesichts des desolaten Zustands der Brücke müsse dann eine Sperrung zumindest für schwere Fahrzeuge ins Auge gefasst werden.