Nicht nur Linke und Grüne, auch Bürgerliche stellen sich gegen den Bau einer zweiten Strassentunnelröhre am Gotthard. Das neu gegründete Komitee «Bürgerliche gegen eine zweite Röhre» legte am Montag seine Argumente vor den Medien dar.
Das bürgerliche Komitee gegen eine zweite Röhre am Gotthard hat bisher zwar erst acht Mitglieder, das Co-Präsidium ist jedoch prominent besetzt: Die Ständeräte Konrad Graber (CVP/LU), Thomas Minder (parteilos/SH) und Markus Stadler (GLP/UR) sind mit dabei, zudem drei Nationalrätinnen aus den Reihen der CVP, GLP und EVP sowie zwei Tessiner FDP-Politiker.
Ihnen sind unter anderem die Kosten ein Dorn im Auge (Medienmitteilung auf der Artikel-Rückseite). Der Bundesrat veranschlagte für das Projekt rund 2,8 Milliarden Franken. Hinzu kämen Kosten für den Unterhalt und den Betrieb von zusätzlich 25 bis 40 Millionen Franken pro Jahr, sagte Graber laut Redetext vor den Medien in Bern.
Der effiziente Einsatz der beschränkten Finanzen sei ein Grundprinzip beim Nationalstrassenbau. «Dieses wird meines Erachtens am Gotthard klar verletzt.» Eine Sanierung ohne zweite Röhre sei finanzpolitisch und verkehrspolitisch die richtige Lösung.
Die Waadtländer GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley sagte, die Ferienstaus am Gotthard seien nicht zu vergleichen mit den täglichen Überlastungen in den Agglomerationen. In der Genferseeregion seien viele wichtige Projekte aus Kostengründen aufgeschoben worden. «Das Geld für Strassenprojekte ist ohnehin schon knapp, es darf nicht noch Geld für überflüssige Projekte ausgegeben werden», sagte Chevalley.
Mehr Verkehr im Tessin befürchtet
Auch für den Tessiner FDP-Politiker Antoine Turner gibt es gravierendere Verkehrsprobleme als der Gotthard. Die Verkehrssituation im Südtessin sei bereits heute unzumutbar – und würde sich beim Bau einer zweiten Röhre noch verschlimmern, sagte er.
Die beiden Tunnels sollen gemäss der Vorlage zwar je nur einspurig betrieben werden. Die Gegner befürchten jedoch, dass über kurz oder lang in jeder Richtung auf zwei Spuren gefahren werde. Wer glaube, dass beide Röhren einspurig betrieben werden, «der glaubt gleichzeitig an den Storch, den Osterhasen und das Christkind», sagte Graber.
Auch das Argument, zwei Tunnels würden für mehr Sicherheit sorgen, relativierte das Nein-Komitee. Aus Sicht von Nationalrätin Maja Ingold (EVP/ZH) hätten zwei Röhren nur einen sehr marginalen Einfluss auf die Sicherheit. Viel schneller könnte man die Sicherheit hingegen erhöhen mit der Verlagerung des Güterverkehr auf die Schiene, sagte sie laut Redetext.
Abstimmung erst nach den Wahlen
Der neue Gotthard-Strassentunnel soll gemäss Projekt ab etwa 2020 in sieben Jahren gebaut werden. Anschliessend wird der bestehende, 1980 eröffnete Strassentunnel gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden.
Gegen den Bau hatten die Parteien SP, Grüne und GLP sowie über fünfzig nationale, regionale und lokale Organisationen das Referendum ergriffen. Zur Abstimmung kommt die Vorlage erst nach den eidgenössischen Wahlen.
Es ist das dritte Mal nach 1994 (Alpenschutzinitiative) und 2004 (Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative), dass das Volk direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Tunnels durch den Gotthard befinden kann. Bisher lehnte es solche Bestrebungen ab.