Wegen erheblichen Zweifeln sprach das Basler Appellationsgericht am Mittwoch einen 55-jährigen Mann vom Vorwurf von Sexualdelikten an seiner eigenen Tochter frei. Bereits das Strafgericht war vor knapp zwei Jahren zu einem Freispruch „in dubio pro reo“ gelangt.
Die Staatsanwaltschaft warf dem seit seiner Jugend in der Schweiz wohnhaften Österreicher vor, seine heute 20-jährige Tochter während Jahren sexuell missbraucht zu haben. Die Anklage lautete auf mehrfache sexuelle Nötigung, Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit einem Kind.
Der Mann bestritt die sexuellen Übergriffe vor erster und jetzt auch vor zweiter Instanz vehement: Nie, nie sei etwas passiert, er habe diese Krankheit nicht, sagte er auch vor dem Appellationsgericht immer wieder.
Was die Tochter dazu bewogen hatte, ihn zu beschuldigen, könne er nicht erklären, hielt er fest. Als mögliche Gründe nannte er ihre psychischen Probleme und dass sie die Scheidung der Eltern nicht verkraftet habe.
Seit Januar 2010 unter Auflagen frei
Die junge Frau hatte Ende Januar 2009 Anzeige erstattet. Der Vater sass während rund eines Jahres in Untersuchungshaft. Nach dem erstinstanzlichen Urteil und der sofortigen Appellation der Staatsanwältin im Januar 2010 entliess ihn das Appellationsgericht unter Auflagen aus der Haft.
Er habe zur Ex-Frau und den beiden Töchtern keinen Kontakt, sagte der Mann nun bei der Verhandlung vor dem Appellationsgericht. Die Tochter wurde in zweiter Instanz nicht mehr befragt.
Die Staatsanwältin hielt auch nach der Befragung des Mannes vor Appellationsgericht an ihren Vorwürfen fest und forderte eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Die Vertreterin des mutmasslichen Opfers verlangte nebst einer Verurteilung gemäss Anklage eine Genugtuung von 60’000 Franken.
Die zur Verfügung stehenden Beweise reichten nicht für einen Schuldspruch, fasste der Vorsitzende des Appellationsgerichts das Ergebnis der Würdigung zusammen. Aufgrund der psychischen Probleme des Opfers wäre ein aussagepsychologisches Gutachten angebracht gewesen.
Alle Richterinnen und Richter hätten erhebliche Zweifel gehabt. Die Staatsanwältin erklärte gegenüber der sda, dass sie vermutlich auf einen Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht verzichten werde.
Das Strafgericht hatte bei seinem erstinstanzlichen Freispruch festgehalten, dass im Falle eines Schuldspruchs die vorgeworfenen Taten wegen ihrer Schwere wohl mit rund 12 Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen gewesen wären.