«Urban … was?!» Der alte Bekannte, ein Mann vom Lande und Gemüsebauer von Beruf, schüttelte den Kopf. Ich hatte ihn um seine Meinung über das «Urban Farming» gebeten, das seit ein paar Jahren in Basel munter Sprossen treibt. «Gut gemeint», lautete sein Urteil, «aber kaum effizient.»
Nicht nur Landwirtschaftsprofis reagieren skeptisch auf die neuen Stadtbauern, die in Gemeinschaftsgärten, auf Hausdächern und Industriebrachen ihr eigenes Grünzeug anbauen. Hohn und Spott provozierte etwa kürzlich die Ankündigung der Zürcher Verwaltung, dass die Verkehrsinseln der Stadt ab 2014 von Anwohnern mit Kraut und Rüben statt mit Stiefmütterchen und Primeln bepflanzt werden dürfen: Gemüse vom Strassenrand? Guten Appetit!
«Urban Gardening», «Urban Agriculture», «Urban Farming»: Schon das trendige Englisch, mit dem sich die neue Latzhosenbewegung schmückt, bietet Angriffsflächen. Von einer oberflächlichen Modeerscheinung ist etwa die Rede. Oder von einem Aufstand der Wohlstandsverwahrlosten, die mit ökologischen Ersatzhandlungen ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollen. Vorurteile, die der Sache nicht gerecht werden, wie unsere Titelgeschichte zeigt.
Warum beschäftigt sich die Grafikstudentin mit der Aufzucht von Tomaten? Warum pflanzt der gut bezahlte Mittelständler, der seine Kinder mit dem SUV in die Schule fährt, seinen eigenen Salat?
Simon Jäggi hat sich bei den Basler Stadtbauern umgesehen und ist auf eine vielfältige Szene gestossen. Manche sehen im Anbau des eigenen Gemüses einen umweltpolitischen Akt, andere wittern darin ein lukratives Geschäft. Die meisten aber haben einfach Spass am Hantieren mit Harke und Spaten. Jetzt muss eigentlich nur noch der Frühling kommen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.05.13