Am Anfang war die Euphorie. Wie so oft, wenn es an allen Ecken und Enden klemmt und sich endlich eine Chance auftut, einen Befreiungsschritt nach vorn zu machen. So war es auch 2010, als Basels Grosser Rat mit grosser Mehrheit entschied, sich vom heutigen Schulsystem zu verabschieden und dem Harmos-Konkordat beizutreten.
Niemand weinte dem Basler Sonderfall mit zwei Jahren Kindergarten, vier Jahren Primar, drei Jahren Orientierungsschule (OS) sowie zwei Jahren Weiterbildungsschule (WBS) oder fünf Jahren Gymnasium eine Träne nach. Zu grosse Erwartungen hatte man in die OS als Ort der Integration gesetzt. Und auch die WBS tut sich schwer, die Schülerinnen und Schüler optimal auf den Beruf vorzubereiten. Vor allem aber unterscheidet sich das Basler Schulsystem zu stark von jenen anderer Kantone – eine Zumutung für Schüler, die den Wohnort wechseln.
Um vergangene Fehler nicht zu wiederholen, versprach der Kanton, diese Reform als Gemeinschaftswerk aller Beteiligten voranzutreiben. Neue Schulräte wurden gebildet, Eltern zur Mitarbeit bei der Schulhausplanung eingeladen. Und die freie Sekundarschulwahl wurde in Aussicht gestellt.
Heute ist von der anfänglichen Aufbruchsstimmung nur noch wenig zu spüren, wie unsere Titelgeschichte zeigt. Die einst versprochene Mitsprache lässt sich in der Praxis nur schwer umsetzen. Viele Eltern und Lehrer sind frustriert. So hat etwa der Vorstand des Elternrats des Bläsischulhauses Mitte Mai das Handtuch geworfen, und Ende des Schuljahres wird ein Drittel aller Schulratspräsidenten zurücktreten. Auch bei den Schulhausumbauten und -neubauten harzt es. Interessenskonflikte führen zu Verspätungen. Die Kosten drohen aus dem Ruder zu laufen. Und Eltern wehren sich dagegen, dass ihre Kinder künftig in Schulen mit hohem Ausländeranteil geschickt werden.
Bis 2015 soll das grosse Reformwerk umgesetzt sein. Bis dahin sind noch viele klärende Gespräche nötig. Und gute Nerven.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.06.13