Das Mass unserer Unabhängigkeit

Umstrittene Ventilklausel, ungenaue Initiativen, unmögliche Zuwanderer. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat zu tun.

«Machen Sie sich keine Sorgen.» Justizministerin Simonetta Sommaruga im Mai 2012. (Bild: Monika Flückiger)

Umstrittene Ventilklausel, ungenaue Initiativen, unmögliche Zuwanderer. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat zu tun.

Sie sagt: Machen Sie sich keine Sorgen. Sie hat sich gut vorbereitet, sie ist ruhig, sie wägt Worte und Formulierungen ab. Sie ist ausgewogen, viel ausgewogener noch als vor ihrer Zeit als Justizministerin. Sie ist in einem Wort: magistral. Dabei gibt es viele Dinge im aktuellen politischen Wirken von Simonetta Sommaruga mit dem Potenzial, die magistrale Ruhe zu stören. Ihre ersten Vorschläge zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative wurden zurückgewiesen, die Anrufung der Ventilklausel hat zu Irritationen mit der EU geführt (einmal mehr) und die Bevölkerung führt (einmal mehr) eine heftige Zuwanderungsdebatte. Aber sie sagt: Machen Sie sich keine Sorgen.

 

Frau Bundesrätin, vor eineinhalb Jahren haben wir über die Ausschaffungsinitiative abgestimmt und warten immer noch auf die Umsetzung. Schadet es dem Vertrauen in die Demokratie, wenn über anscheinend nicht umsetzbare Initiativen abgestimmt wird?

Der Vorschlag für die Vernehmlassung kommt nächstens, noch vor dem Sommer. Diese Dauer ist nicht unüblich. Wir haben eine Expertengruppe eingesetzt, und jetzt wird der Bundesrat einen Vorschlag unterbreiten, wir sind zeitlich im Plan. Der Bundesrat hat allerdings schon vor der Abstimmung gesagt, die Initiative werde nur schwierig umzusetzen sein. Es besteht ein Spannungsfeld zwischen dem Ausschaffungs-Automatismus, wie er jetzt in der Bundesverfassung steht, und den Verpflichtungen, die die Schweiz in Sachen Menschenrechte, Völkerrechte und europäischer Verträge eingegangen ist. Es ist beinahe unmöglich, beiden Anforderungen gerecht zu werden. Aber das schadet unserer Demokratie nicht. Sie ist robust, die hält das schon aus. Schwierigkeiten beim Prozess der Umsetzung sind kein Grund, die Volksrechte einzuschränken.

Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung treffen auch Sie direkt. Ihre ersten Vorschläge zur Umsetzung wurden von der bürgerlichen Mehrheit zurückgewiesen.

Da wissen Sie besser, was im Bundesrat läuft, als ich (lacht).

Es war aus einem irrtümlich verschickten Communiqué herauszulesen.

Machen Sie sich keine Sorgen. Der Bundesrat wird nächstens entscheiden und dann werden Sie hören, wie er die Initiative umsetzen will. Es ist wichtig, dass er dabei kohärent bleibt: Bereits vor der Abstimmung hat der Bundesrat darauf hingewiesen, dass die Ausschaffungsinitiative nur schwer mit der Personenfreizügigkeit in Einklang zu bringen ist. Danach hat die Bevölkerung einen Entscheid gefällt, an den wir uns zu halten haben.

Ihre Vorschläge zur Umsetzung wurden auch abgelehnt, weil das Freizügigkeitsabkommen geritzt würde. Können Sie garantieren, dass das bei einer tatsächlichen Umsetzung nicht geschehen wird?

Noch einmal: Der Bundesrat hat vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass die Initiative kein zwingendes Völkerrecht verletzt, aber nur schwer in Einklang mit der Personenfreizügigkeit zu bringen ist. Die Bevölkerung hatte einen Gegenentwurf zur Auswahl, der mit diesem Abkommen vereinbar gewesen wäre. Sie hat sich aber für die Initiative und damit für den Ausschaffungs-Automatismus entschieden.

Müsste man nicht ein Instrument schaffen, mit dem Abstimmungen über so schwer umsetzbare Initiativen verunmöglicht werden?

Das haben wir bereits: Verstösst eine Initiative gegen zwingendes Völkerrecht, wird sie vom Parlament für ungültig erklärt. Wenn man diese Kriterien ausweitet, besteht das Risiko, dass Volksbegehren zum Spielball von politischen Überlegungen würden. Das wäre in einer direkten Demokratie, in der auch Verfassungstexte zur Abstimmung gebracht werden können, heikel.

Am 17. Juni stimmen wir über «Staatsverträge vors Volk» ab. Ist die Initiative ein Misstrauensbeweis gegen den Bundesrat?

Die Initiative wurde in einem bestimmten Lager lanciert. Ob in diesem Lager Misstrauen gegenüber dem Bundesrat herrscht, weiss ich nicht. Was ich aber weiss: Die Diskussion, die wir nun darüber führen, über die demokratischen Mittel und wie diese ausgestaltet werden sollen, diese Diskussion ist wichtig. Das sind aber keine neuen Fragen, das ist auch kein Ausdruck des Misstrauens gegenüber dem Bundesrat. Wir haben in den letzten 150 Jahren immer wieder solche Debatten geführt, haben Rechte ausgeweitet und wieder zurückgenommen. Die Schweiz hat eine lange Tradition im Verteilen von Kompetenzen zwischen Gemeinden, Bund und Kantonen, zwischen Bevölkerung, Parlament und Regierung.

Sie betonen stets die Wichtigkeit der Volksrechte und doch empfiehlt der Bundesrat die Vorlage zur Ablehnung. Ist das konsequent?

Ja – weil der Bundesrat der Meinung ist, mit der Initiative werde die Demokratie nicht gestärkt, sondern geschwächt. Es geht bei den Volksrechten nicht darum, möglichst häufig abzustimmen, sondern darum, die Bevölkerung immer dann zur Urne zu rufen, wenn es um relevante Fragen geht.

Die Schwächen unseres Systems werden immer wieder aufgezeigt. Zuletzt bei der Zweitwohnungs-initiative, als eine Mehrheit im Unterland eine Minderheit im Berggebiet dominierte. Wann ist der Punkt erreicht, an dem man unser System revidieren sollte?

Das gehört doch zum Wesen unserer Demokratie. Es gibt immer wieder Anliegen, bei denen bestimmte Bevölkerungsgruppen unterliegen. Die Zweitwohnungsinitiative ist da kein Spezialfall, auch urbane Räume wurden schon überstimmt. Dass man sich ab und zu ärgert über den Ausgang einer Abstimmung, das kennt jede Schweizer Bürgerin, jeder Schweizer Bürger. Es ist der Kern unserer politischen Erfahrung, auch als Minderheit zu wissen, dass man von der Mehrheit nicht an die Wand gefahren wird. Diese politische Erfahrung macht unser System so stabil.

Bei der Ausschaffungsinitiative und auch bei der Zweitwohnungsinitiative hat die Minderheit eine Durchsetzungsinitiative angekündigt. So prägend scheint diese politische Erfahrung nicht zu sein.

Das ist mehr ein Drohmittel. Es ist doch interessant: Da haben zwei Initiativen eine Mehrheit gefunden in der Bevölkerung. Und jetzt sind es zum Teil die gleichen Leute, die bei der einen Initiative eine möglichst buchstabengetreue Umsetzung verlangen und bei der anderen auf eine möglichst grosszügige Auslegung pochen. Hier hat der Bundesrat eine wichtige Aufgabe. Er muss sorgfältig vorgehen, nahe am verabschiedeten Verfassungstext bleiben und das Anliegen bestmöglich umsetzen.

Mindestens 50 Prozent unserer Gesetze werden von der EU bestimmt. Wird unser demo-kratischer Prozess nicht etwas verherrlicht?

Manche verherrlichen das Mass unserer Unabhängigkeit. Aber wir haben den bilateralen Weg in mehreren Volksabstimmungen abgesegnet. Im Rahmen dieser Verträge haben wir abgemacht, dass wir uns dort, wo es für unser Land sinnvoll ist, möglichst am europäischen Recht orientieren, das liegt auch im Interesse der Wirtschaft. Wir haben dafür den Ausdruck «autonomer Nachvollzug» gefunden, und wir alle wussten bereits bei der Abstimmung, dass diese Autonomie keine hundertprozentige sein würde; denn wir können bei der Entwicklung dieser Vorschriften nicht mitbestimmen.

Damit haben wir in Kauf genommen, einen grossen Teil unserer heutigen Gesetze nicht mehr beeinflussen zu können.

Wir haben in Kenntnis des Vertrags-inhalts Ja zum Vertrag gesagt. Es ist eine Realität, dass die Schweiz ein gros-ses Interesse an guten Beziehungen zur EU hat. Die Schweiz verdient jeden dritten Franken in der EU. Gleichzeitig ist es eine Realität, dass wir nicht mitentscheiden können. Nehmen Sie Schengen/Dublin: Dort kann ich zwar als Vertreterin der Schweiz bei den Sitzungen dabei sein, muss aber raus, wenn eine Abstimmung ansteht.

Dürfen Sie auch was sagen?

Ja, die Schweiz kann richtig mitreden. Ich tue das jeweils auch und werde auch gehört. Aber bei Abstimmungen muss die Schweiz draussen bleiben.

Wie muss man sich das konkret vorstellen? Der Vorsitzende erhebt sich und sagt, dass die Schweiz bitte den Raum verlassen solle?

Es wird nicht sehr oft abgestimmt. Meistens wird versucht, einen Konsens zu finden. Aber es kommt vor, dass am Vormittag das sogenannte Comité mixte mit den assoziierten Staaten tagt, also auch mit mir, und am Nachmittag die Mitgliedstaaten dann unter sich bleiben.

Das mit am wichtigsten Thema im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU ist die Zuwanderung. Vor ein paar Monaten redeten wir über Algerier und Tunesier, heute über gut ausgebildete Deutsche. Führen wir die Debatte richtig?

Dass wir sie führen, ist auf jeden Fall wichtig. Auch das ist aber keine neue Debatte. Allerdings hat es eine Veränderung in der Wahrnehmung gegeben. Wir reden vermehrt auch über gut qualifizierte Einwanderer. Das zeigt zum einen, dass die Zuwanderung viele Gesichter hat. Zum andern zeigt es, dass sich die Zuwanderung seit der Einführung der Personenfreizügigkeit verändert hat. Was die Leute bewegt, und was auch mich beschäftigt, ist die Frage, ob wir die Zuwanderung noch steuern können oder ob wir ihr hilflos ausgeliefert sind. Hier müssen wir uns bewusst machen, dass der grösste Teil der Zuwanderung von der Wirtschaft gesteuert wird. Die Wirtschaft entscheidet, wie viele Menschen zu uns kommen, denn nur wer einen Arbeitsvertrag hat, kann kommen. Wir haben ein sehr liberales System, ein nachfragegesteuertes System. Ökonomisch ein Erfolgsmodell.

Mit Nebenwirkungen.

Ja. Die Debatte über die Zuwanderung macht innenpolitische Versäumnisse und Reformbedarf sichtbarer – etwa in der Raumplanung. Und die Zuwanderung hat auch gesellschaftspolitische Auswirkungen, und über die muss man reden. Wenn gut qualifizierte Einwanderer uns das Gefühl geben, dass sie sich foutieren, sich nicht interessieren für unser Vereinsleben, unser Land, und ihren Job hier nur als Übergangslösung betrachten, dann kann das zum Problem werden. Immerhin versteht sich die Schweiz ja als Willensnation, die den inneren Zusammenhalt bewusst pflegt.

Gibt es denn überhaupt Probleme mit Leuten, die fünf Jahre hier arbeiten und nachher wieder gehen?

Niemand ist ein Problem. Aber ein Land wie die Schweiz, das immer auch auf Ausgleich und Zusammenhalt achtet, das diese Werte pflegt, muss darauf achten, dass möglichst die ganze Bevölkerung am Geschehen teilnimmt. Um sich auszutauschen, ist es eben notwendig, dass man sich verständigen kann, dass man zum Beispiel gewillt ist, eine Landessprache zu lernen.

Solange sie ihre Pflicht erfüllen, kann es uns doch egal sein, ob sie sich für unser Land interessieren.

Es kommen ja nicht nur Hochqualifizierte, es kommen auch Leute, die weniger gut bezahlte Arbeit verrichten. Gegenüber diesen weniger gut Qualifizierten hat auch die Wirtschaft eine Verantwortung. Sie müssen sich weiterbilden können, damit sie auch langfristig im Arbeitsmarkt integriert bleiben und nicht von den Sozialwerken abhängig werden.

Offenbar haben Sie das Gefühl, dass zu viele Niedrigqualifizierte aus der EU in die Schweiz kommen. Sonst hätten Sie nicht die Ventilklausel aktiviert.

Bei der Abstimmung über die Personenfreizügigkeit hat der Bundesrat immer wieder gesagt, die Ventilklausel sei ein Instrument, um unter gewissen Bedingungen die Zuwanderung zu bremsen. Für mich war es eine Frage der Glaubwürdigkeit, diese Ventilklausel einzusetzen, wenn die Bedingungen erfüllt sind.

Es gibt diese Klausel, darum setzen wir sie auch ein – wollten Sie das einfach einmal zeigen?

Es wäre ja schon seltsam, wenn man ein Instrument nicht braucht, obwohl die Bedingungen für seinen Einsatz erfüllt sind. Aber es war immer klar: Die Ventilklausel ist nicht das einzige Steuerungsinstrument für die Zuwanderung – noch einmal: Bei uns steuert das die Wirtschaft, sie sagt, wer kommen kann und wer nicht. Die Anwendung der Ventilklausel stärkt unsere Glaubwürdigkeit.

Also mehr ein innenpolitisches Signal als eine Massnahme, um die Zuwanderung zu stoppen?

Wir haben einen Vertrag mit der EU, der besagt, unter welchen Bedingungen die Klausel anzuwenden ist. Und wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wenden wir sie an. Das ist mit der EU so abgemacht und daran ändert auch nicht, dass sie den Vertrag anders interpretiert. Die EU wusste, dass der Bundesrat erwägt, die Klausel anzuwenden, und ich habe im Vorfeld des Entscheids zwei Mal mit dem EU-Botschafter darüber gesprochen.

Es gibt also keinen Deal mit den bürgerlichen Parteien, in dem Sinn, dass der Bundesrat die Ventilklausel anwendet und diese im Gegenzug einverstanden sind, stärkere Massnahmen gegen Lohndumping zu unterstützen?

Es ist im Moment im Parlament ein wichtiges Thema, die Lohndrückereien durch die sogenannten Sub-Unternehmen zu unterbinden. Deshalb diskutieren wir ernsthaft über die Solidarhaftung – es geht dabei um nichts anderes, als die flankierenden Massnahmen zum Schutz unserer einheimischen Arbeitnehmer zu stärken. Im Moment scheint es, als ob bei den meisten Parteien der Wille da ist, diesen Schutz zu verbessern.

Wenn Ventilklausel und Solidarhaftung zum Schutz gegen Dumpinglöhne die Befürchtungen in der Bevölkerung vor zu massiver Einwanderung nicht aus dem Weg räumen, werden Sie dann wieder Grenzkontrollen einführen?

Grenzkontrollen wieder einführen – das war ja im französischen Wahlkampf auch ein Thema. Und es ist schon so: In allen Staaten, die das Schengen-Dublin-Abkommen unterzeichnet haben, kommt die Frage nach Grenzkontrollen von Zeit zu Zeit wieder auf. Aber seien wir doch realistisch: Bevor das Schengen-Abkommen in Kraft trat, als die Grenzkontrollen noch existierten, da wurden drei Prozent aller Einreisenden kontrolliert. Mehr nicht. 97 Prozent wurden nicht kontrolliert. Die Vorstellung, vor Schengen seien alle Einreisenden genau unter die Lupe genommen worden, entspricht nicht der Realität. Und es ist eigentlich allen klar: Die Kriminellen sind international organisiert. Ihnen kann man nur mit internationaler Zusammenarbeit begegnen und nicht mit Grenzkontrollen.

Das heisst, Grenzkontrollen werden nicht wieder eingeführt?

Man kann Grenzkontrollen etwa bei Grossanlässen verstärken. Das ist heute schon möglich. Innerhalb der Schengen-Staaten diskutieren wir aber auch immer wieder, wie man die Aus­sengrenzen besser kontrollieren und die illegale Immigration verhindern kann.

Wenn im französischen Wahlkampf der Ruf nach Grenzkontrollen laut wurde, dann entspricht das auch einem Wunsch der Bevölkerung nach einer stärkeren Besinnung auf die Nation. Erleben wir eine Renaissance des Nationalstaates?

Bei aller internationalen Zusammenarbeit – bei immer engerer Zusammenarbeit – ist die Bedeutung des Nationalstaats doch auch heute noch gross. Wenn man sich die Wahlen vom letzten Wochenende in Frankreich in Erinnerung ruft, so kommt man nicht zuerst auf die Idee, hier habe ein europäisches Land zufälligerweise grad einen Präsidenten gewählt. Nein – es war «La France», das an die Urnen ging. Es ist eine unsinnige Vorstellung, die Menschen in der EU hätten die Identifikation mit dem eigenen Staat aufgegeben. Was sicher eine Tatsache ist: In Zeiten von Wirtschaftskrisen gewinnen protektionistische Kräfte an Bedeutung. Man probiert, Grenzen aufzubauen, den eigenen Markt zu schützen, sich abzuschotten. Und das ist ein Problem, das unserem Land grosse Sorgen bereitet, denn wir sind stark vom Export abhängig. Wenn das Ausland gegenüber der Schweiz Mauern aufbaut, dann werden wir riesige Schwierigkeiten haben. Darum hat sich die Schweiz immer für offene wirtschaftliche Grenzen eingesetzt.

Und ausgerechnet jetzt, da die EU-Staaten sich eher abschotten, sagt der Bundesrat, es sei nicht nötig, mit der EU über die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit zu reden. Ist das nicht unpassend?

Aussenminister Didier Burkhalter hat das so nicht gesagt und der Bundesrat hat so etwas auch nicht beschlossen. Im Gegenteil: Der Bundesrat beteuerte, dass für die Schweiz die guten Beziehungen zur EU sehr wichtig seien. Wir haben aber auch gesagt, wir würden den Weg weitergehen, der in der Schweiz der übliche sei. Zuerst werden nun also die Kantone konsultiert. Wir kennen gerade auch in der Aussenpolitik eine starke Mitsprache der Kantone. Doch auch der Bundesrat selbst ist nicht untätig: Wir wollen auf die EU zugehen, wir haben Ideen, wir schlagen etwas vor und wir werden Gespräche führen.

Das tönt aber alles sehr vage im Vergleich zur klaren Aussage von Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, der gesagt hat: Die Schweiz braucht vorerst keine neuen Abkommen.

Es geht nicht um neue Abkommen. Die EU entwickelt ihr Recht ja immer weiter, was Auswirkungen auf die bestehenden Verträge hat. Wir sind herausgefordert, in diesen sich wandelnden Bereichen die Beziehungen zur EU stabil und verlässlich zu erhalten.

Und zwar auf dem Königsweg der bilateralen Verträge?

Wir werden sehen, wie wir diesen Weg nennen. Es ist einfach sehr wichtig, dass wir mit Vorschlägen auf die EU zugehen. Gleichzeitig müssen wir im Inland offen und ehrlich kommunizieren, dass es die guten Beziehungen zur EU erfordern, beim Aushandeln des weiteren Weges auf beiden Seiten Kompromisse einzugehen.

 

Simonetta Sommaruga
So richtig bekannt geworden ist die heutige Bundesrätin Simonetta Sommaruga (52) als Konsumentenschützerin. Von 1993 bis 1999 stand sie der Stiftung für Konsumentenschutz als Geschäftsführerin vor und war als Verfechterin fairer Preise und ökologischer Landwirtschaft in den Medien präsent. Im Gemeinderat von Köniz startete sie 1998 ihre politische Karriere, 1999 wurde sie in den Nationalrat gewählt und bereits vier Jahre später schaffte sie die Überraschung, als Sozialdemokratin einen Berner Ständeratssitz zu erobern. Die Bundesversammlung wählte sie 2010 zur Bundesrätin. Sie steht dem Justiz- und Polizeidepartement vor. Zum Thema «Direkte Demokratie in der Schweiz: Zu viel oder zu wenig Mitspracherecht?» sprach sie am Donnerstag, 10. Mai, in der Aula der Universität Basel.

Quellen

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.05.12

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