Seit 1994 ist Christian Felber Direktor der Christoph Merian Stiftung. Im Interview macht er deutlich, wie wichtig die Rendite für die CMS ist – und er relativiert die Bedeutung der Stiftung für Basel.
Christian Felber, wie steht die Christoph Merian Stiftung derzeit finanziell da?
Christian Felber: Wir stehen solide da, schütten jährlich 11 Millionen Franken Gewinn aus. Das Glück der CMS ist, dass wir sehr viele Immobilien haben und wenig Wertschriften. Bei anderen Stiftungen, die ausschliesslich auf Wertschriften fokussiert sind, waren die letzten zwei, drei Jahren schwieriger.
Auf dem Dreispitz-Areal sollen in den nächsten 20 Jahren rund 6000 neue Arbeitsplätze und Wohnungen für 2000 Personen entstehen. Wieso?
Die Weiterentwickung des Dreispitz-Areals machen wir auch, um Geld zu verdienen, um unsere Vermögensgrundlagen zu sichern für spätere Jahrzehnte. Natürlich möchten wir es aber auch städtebaulich, ökologisch und sozial vorbildlich machen.
Wie ist diese Idee entstanden?
Ende des 20. Jahrhunderts haben sich nicht wenige Firmen vom Dreispitz-Areal zurückgezogen. Der Basler Kantonsbaumeister Fritz Schumacher hatte im Jahr 2001 die Idee, das Areal in ein Stadtquartier umzuwandeln. So hat alles angefangen.
Und der CMS als Landeigentümerin wäre das nie in den Sinn gekommen? Immerhin macht die Stiftung heute einen Drittel ihres Umsatzes dort – künftig wird es mehr sein.
Wir hatten grosse Bedenken, weil sich damals immer mehr Firmen vom Dreispitz-Areal verabschiedeten. Das Land wurde damals noch nicht von uns verwaltet, sondern vom Basler Finanzdepartement. Es war keine unternehmerische Haltung vorhanden. Unser Unbehagen war gross, weil wir genau wussten, dass ein riesiges Vermögen drinsteckt. Es war jedoch keine Zukuftsperspektive in Sicht. Da rannte Fritz Schumacher mit seiner Idee offene Türen ein bei uns. Wir haben diese Idee dann gemeinsam weiterentwickelt.
Die Stiftung hat gemeinsam mit den beiden Basel und der Gemeinde Münchenstein Grosses vor auf dem Dreispitz-Areal. Hat es in der Stiftungsgeschichte jemals eine derart grosse Kiste gegeben?
Städtebaulich gesehen gab es Projekte in derselben Grössenordnung bereits in den 1950er-Jahren im Gellert und in den 1970er-Jahren im St.-Alban-Tal, wo heute die Papiermühle und das Museum für Gegenwartskunst angesiedelt sind. Schon Christoph Merian hat in sehr grossen Dimensionen gedacht – mit dem Erwerb der Brüglinger Ebene kam er von null auf 300 Hektaren Land. Damit hatte er den grössten Landwirtschaftsbetrieb der Schweiz. Eine solche Dimension haben wir noch nicht erreicht, müssten wir aber, wenn wir sein Erbe weiterführen wollen.
Die CMS denkt im Immobilienbereich sehr unternehmerisch. Das beisst sich doch mit dem Image der Wohltäterin.
Wir müssen irgendwo Geld verdienen, damit wir Projekte unterstützten können – auch Sachen, die sich betriebswirtschaftlich auf den ersten Blick nicht lohnen. Es ist nicht so, dass wir nur auf Rendite ausgerichtet sind. Wir bieten etwa an der Reinacherstrasse Drei-Zimmer-Wohnungen für 900 Franken an. Wir schauen schon, dass es Wohnungen gibt für Leute ohne grosses Portemonnaie. Das wird auch auf dem Dreispitz-Areal der Fall sein.
Wäre Basel gleich ohne die CMS?
Ein bisschen anders. Wir sind nicht unersetzbar. Es ist schön, dass es die Stiftung gibt. Sie ist aber nicht lebensnotwendig.
Wieso so bescheiden?
Nirgends in der Schweiz gibt es so viele Stiftungen wie in Basel. Wir machen einen Umsatz von 40 Millionen im Jahr, der Staat 4 Milliarden. Wir sind nur ein Prozent davon. Wir sind eigentlich nichts. Das Tolle an der CMS ist aber, dass wir ein Labor sind – wir können Sachen ausprobieren. Wir können uns Aufgaben widmen, die der Staat nicht wahrnehmen darf, etwa Sans-Papiers unterstützen.
Basel profitiert stark von der CMS. Lehnt man sich beim Staat ein wenig zurück, weil man weiss, dass eine starke Stiftung hilft?
Solche Signale erhalte ich nicht. Es gibt keine Anspruchshaltung uns gegenüber.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02.11.12