Trotz Ausreissern nach unten betrachtet Sportdirektor Georg Heitz den Saisonstart des FC Basel als geglückt. Ein Gespräch über Erwartungshaltungen, den FCB als Opfer des eigenen Erfolgs, über Paulo Sousa und die «Mister»-Mentalität des Trainers sowie eine Einschätzung der Transferpolitik des Serienmeisters.
Georg Heitz, das erste Viertel in der Liga ist vorüber, wie fällt Ihr Fazit aus? Entspricht der Start unter dem neuen Trainer den Erwartungen?
Neun Spiele, 21 Punkte – das hätten wir vorher vermutlich unterschrieben. Angesichts der Wechsel. Man redet viel über die Neuzugänge, aber wir haben Persönlichkeiten verloren, Yann Sommer und Valentin Stocker vor allem, von denen viele zu Recht das Gefühl hatten, dass sie kaum zu ersetzen sind. Und sie sind schwer zu ersetzen. Auch Mohamed Salah zähle ich dazu, unser Rekordtransfer, und dies zusammen mit dem Umstand, dass wir einen neuen Trainer haben, bewegt mich dazu zu sagen: 21 Punkte sind mehr als korrekt.
Aber es mangelt der Mannschaft an Konstanz.
Konstanz innerhalb der Spiele und spielübergreifend, die fehlt noch, das stimmt. Aber noch einmal: Dafür, dass wir zwei Ikonen und eine Rakete verloren haben, ist es kein so schlechter Start.
Wie haben Sie Paulo Sousa in den ersten drei Monaten der Zusammenarbeit kennengelernt?
Als detailversessen und impulsiv an der Seitenlinie. Er hat klare Vorstellungen und geht sehr systematisch vor. Die Infrastruktur, das ganze Set-up muss stimmen. Damit er sich auf das konzentrieren kann, was seine Aufgabe ist: die Taktik, People Management, das nächste Spiel. Und dabei ist er südländisch in seiner ganzen Art. In Südeuropa wird der Trainer «Mister» genannt, das sagt etwas über das Standing eines Trainers aus, und dies lebt er auch.
Herr Heitz, jetzt ist der FCB so gut wie lange nicht mehr aus den Startblöcken gekommen, und dennoch herrscht nicht eitel Sonnenschein.
Das hat vor allem einen ganz banalen Grund und ist die sogenannte neue Medienpolitik des FC Basel, die fälschlicherweise alleine dem Trainer zugeschrieben wird. Da hat sich etwas aufgestaut und da haben einige Medien auf den erstbesten Moment gewartet, und der ist offenbar in der Kombination des GC-Spiels mit Madrid gekommen.
Ist das nicht ein bisschen konstruiert?
Da wurde gezielt draufgehauen.
Und was leiten Sie daraus ab?
Wie wenig Toleranz man zeigt, wie wenig Zeit man einem Trainer gibt und wie verschlossen einige Journalisten offenbar sind gegenüber jemandem, der ein, zwei Vorstellungen hat, die man hier nicht gewöhnt ist…
…Sie meinen geschlossene Trainings, die Medienarbeit mit den Spielern und dem Trainer selbst.
Geschlossene Trainings sind im Ausland zum Teil Standard. Da ist es normal, und bei uns wird das nicht akzeptiert. Von uns wird verlangt, eine Medienpolitik zu betreiben wie der – jetzt muss ich aufpassen – ich sage mal: wie der FC Olten. Und gleichzeitig sollen wir aber Real Madrid schlagen. Das ist ein Spagat, der nicht geht. Es gibt immer Kritik, die berechtigt ist, der Fussball ist zudem ein Paradies, um Hypothesen aufzustellen. Davon lebt dieser Sport auch, von den Diskussionen um Aufstellungen oder eben Nicht-Aufstellungen. Was mich aber stört, ist, wenn alles durcheinandergemischt wird, wenn Moralismus, persönliche Eitelkeiten und Falschmeldungen zu einem unappetitlichen Brei vermanscht werden. Natürlich darf man behaupten, diese oder jene Disposition war falsch; wenn aber die Motivation für diese These einzig ist, dass man als Journalist nicht mehr jederzeit einen Spieler anrufen und telefonisch interviewen darf oder dass man die Trainings nicht besuchen darf, dann gibt mir das schon zu denken.
Und was wünschen Sie sich für das zweite Quartal?
Eine ähnliche Punkteausbeute wäre nicht so schlecht. Dann wäre sicher nicht alles falsch gewesen. Ich wünsche mir viele Momente, wie wir sie etwa in der ersten halben Stunde in Thun hatten. Die Dominanz, wie wir sie in einzelnen Spielen gehabt haben. Aber Punkte müssen am Ende auch herausschauen.