Basel präsentiert sich kommendes Jahr gemeinsam mit Syngenta an der Weltausstellung in Mailand. Im Interview sagt Regierungspräsident Guy Morin, weshalb Syngenta trotz dem Stellenabbau der richtige Partner ist und wie der Kanton auf die anhaltende Kritik am Auftritt reagiert.
Kommenden Mai startet in Mailand die Expo 2015 zum Thema «Den Planeten ernähren». Der Auftritt mit Syngenta als Hauptpartner sorgte vor einem Jahr erstmals für Schlagzeilen. Politiker aus dem linken Lager forderten vom Kanton eine kritische Auseinandersetzung mit den umstrittenen Geschäftspraktiken des Agrar-Unternehmens und verlangten, dass auch weitere Institutionen aus der Landwirtschaft eingeladen werden.
Heute spricht Regierungspräsident Guy Morin im Hinblick auf die Expo mit grosser Selbstverständlichkeit von einem «kritischen Dialog» und kündigt an, auch die biologische Landwirtschaft solle vertreten sein. Den Stellenabbau des Unternehmens nimmt er im Hinblick auf die Weltausstellung pragmatisch zur Kenntnis.
Herr Morin, Ihr Departement lobte Syngenta als gutes Beispiel für hervorragende Unternehmensführung. Jetzt will das Unternehmen in Basel 500 Stellen abbauen. Verstehen Sie das unter hervorragender Unternehmensführung?
Die Forscher des Unternehmens beschäftigen sich ernsthaft mit dem weltweiten Ernährungsproblem und wollen ihren Beitrag zu einer Lösung leisten. Natürlich wollen sie dabei auch Gewinn erwirtschaften, das gehört bei einem Unternehmen dazu.
Dass Syngenta diese Stellen streicht, fünf Monate vor dem gemeinsamen Auftritt, spielt für die Partnerschaft keine Rolle?
Das hat keinen Einfluss auf diese Zusammenarbeit. Dass ein global tätiges Unternehmen manchmal restrukturieren muss, damit müssen wir umgehen können. Und wir versuchen über unser Wirtschaftsdepartement Einfluss zu nehmen.
Syngenta ist nach wie vor der richtige Hauptpartner für den Auftritt in Mailand?
Ja, denn sehen Sie: Häufig wird im Ausland die idyllische Heidi-Schweiz abgebildet. Die urbane Schweiz ist aber ebenso real, deshalb gehen wir mit Genf und Zürich nach Mailand. Das ist eine Gelegenheit, die wir nutzen müssen.
«Häufig wird im Ausland die idyllische Heidi-Schweiz abgebildet. Die urbane Schweiz ist aber ebenso real.»
Das war aber nicht die Frage. Würden Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt wieder für Syngenta als Hauptpartner entscheiden?
Ja…
Sie zögern…
Es ist einer der richtigen und wichtigen Hauptpartner, zusammen mit der Vitra AG und vielen kleineren Partnern, die wir Anfang Jahr kommunizieren werden.
In den vergangenen Wochen haben in den USA mehrere Getreidehändler Millionenklagen gegen Syngenta eingereicht. Auch das sind nicht gerade gute Voraussetzungen für den Auftritt in Mailand.
Das war nicht die erste Klage und wird nicht die letzte Klage sein. Ich kenne kein global tätiges Unternehmen, welches sich nicht mit Klagen rumschlagen müsste. Auch Roche und Novartis werden in irgendeinem Zusammenhang beklagt. Die aktuelle Klage betrifft den Export von Genmais nach China und die Frage, ob er ausreichend bezeichnet war. Es ist nicht an mir zu beurteilen, wer hier recht hat.
Die Ankündigung der Partnerschaft sorgte bereits vor einem Jahr für harsche Kritik. Kamen diese Reaktionen überraschend?
Nein gar nicht. Dass diese Zusammenarbeit auch Kritik auslösen wird, war zu erwarten. Dabei war klar, dass der Auftritt nicht einseitig sein wird. Ein kritischer Dialog und das Aufzeigen verschiedener Lösungen war von Anfang an geplant.
Das war offenbar nicht allen klar.
Es war jedoch von Anfang an meine Bedingung für diese Partnerschaft.
Ihre Partei kritisiert das Unternehmen regelmässig und wirft ihm vor, es schwäche die Landwirte in der Dritten Welt. Sie liessen jedoch verlauten, Syngenta helfe bei der Steigerung von Ernteerträgen. Ist das nicht widersprüchlich?
Syngenta ist ein Player in diesem Themenfeld und wir müssen im kritischen Dialog nach Lösungen suchen. Einen Entscheid wie den für diese Zusammenarbeit treffen wir als Kantonsregierung, meine Parteizugehörigkeit spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Ich bin da nicht der Vertreter einer Partei, sondern des Kantons.
«Wir müssen im kritischen Dialog nach Lösungen suchen.»
Da braucht es eine gewisse Kompromissbereitschaft gegenüber den eigenen Überzeugungen?
Dieses Spannungsfeld öffnet sich jeden Tag in Hunderten Entscheidungen. Immer wieder muss ich meine persönlichen Überzeugungen, die parteipolitischen Anliegen und die Interessen des Kantons unter einen Hut bringen. Das gehört zu meinem Amt und ist Kern dieser Aufgabe.
Nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit mit Syngenta trafen Sie sich mit Politikern aus dem rot-grünen Lager, die den Auftritt kritisierten. Was wurde dabei besprochen?
Es ging um das Dialogische. Eben darum, dass wir das Thema Ernährung mit Syngenta nicht einseitig beleuchten. Das war auch von Anfang an meine Vorgabe.
Die Kritiker haben offene Türen eingerannt?
Es war von Beginn weg meine Vorgabe, dass auch andere Partner eingeladen werden sollen, etwa aus der biologischen Landwirtschaft. Es sollte nie ein Soloauftritt von Syngenta werden, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Lösungsmodellen.
Vor einem Jahr wurde das anders kommuniziert, jetzt klingt das mit einem Mal alles sehr selbstverständlich. Welche Rolle hat denn der politische Druck gespielt?
Es ist schwierig zu sagen, wer während dem Entstehungsprozess welchen Einfluss hatte. Möglicherweise haben diese Diskussionen den Druck etwas erhöht.
Was erhoffen Sie sich von dem Auftritt?
Basel soll als Stadt auftreten, die globale und forschende Unternehmen anzieht. Aber auch als Stadt, die eine kritische Bevölkerung hat und mit dieser Kritik und den Widersprüchlichkeiten umgehen kann.
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