Zuerst erfand der Grüne Regierungsrat Isaac Reber ein Interview. Jetzt der Grünliberale Gerhard Schafroth. Unser Experte ist überzeugt: fiktive Interviews sind der neue Trend.
Der Grüne Sicherheitsdirektor Isaac Reber machte es vor. Weil der Journalist der TagesWoche ihm im Interview die falschen Fragen gestellt hatte, stellte er nun ihn zur Rede. Ein paar hintersinnige Fragen, ein paar kuriose Antworten – und fertig war das fiktive Interview, das gestern Montag in der TagesWoche erschien.
Nun macht das Beispiel ganz offensichtlich Schule. Der Grünliberale Gerhard Schafroth legte in der Basler Zeitung von heute Dienstag jedenfalls gleich das nächste, selbstgebastelte Gespräch nach. Der Mann hatte sich geärgert, weil die BaZ die beiden anderen Kandidaten Eric Nussbaumer (SP) und Thomas Weber (SVP) ausführlich ihre Positionen darstellen liess. Schafroth, der Aussenseiter, wurde zu diesem Streitgespräch dagegen gar nicht erst eingeladen.
Dafür konnte er nun dieses sehr spezielle Zwiegespräch mit sich selbst führen. Es begann mit der knallharten Frage: Warum sind Sie der bessere Regierungsrat? Antwort: Weil ich unter den drei Kandidaten der einzige wirkliche Fachmann bin (ausgeführt über 1425 Zeichen). Die zweite Frage war dann eher investigativ: Ist die jetzige Regierungsratswahl eine Richtungswahl? Antwort: Ja. Es folgten 2286 Zeichen Erklärungen, so dass für eine weitere Frage kein Platz mehr war. Aber eigentlich ist nach diesem Interview mit dem weisen Titel «Wer einen Ingenieur will, stellt keinen Schreiner an» auch schon fast alles gesagt (online ist der doppelte Schafroth leider nicht nachzulesen).
Aber eben nur fast. Eine ganz besonders interessante Frage ist noch immer unbeantwortet: Jenes nach dem fiktiven Interview nämlich. Ist es ein neuer Trend?
Wir holten dazu eine Expertenmeinung ein. Weil das Gespräch so extrem aufschlussreich war, publizieren wir es hier gerne in voller Länge.
TagesWoche: Hallo hier TagesWoche, dürften wir Ihnen ein paar kurze Fragen stellen?
TagesWoche: Selbstverständlich, alle sollen von meinem Wissen profitieren können. Aber bitte fassen Sie sich kurz, junger Mann. Ich habe noch sehr viel Wichtiges zu tun.
TagesWoche: In dem Fall schiess ich gleich los: Wird das fiktive Interview zum Trend?
TagesWoche: Gute Frage. Da steuern Sie wirklich sehr direkt auf den Kern der Sache zu. Meine Antwort: Ja, davon bin ich absolut überzeugt.
TagesWoche: Ah ja, sehr interessant Ihre Erkenntnis. Doch: wie kommen Sie denn drauf? Lassen Sie uns an Ihrem Wissen noch ein wenig teilhaben?
TagesWoche: Gerne, auch wenn die Antwort überraschend einfach ist. Das fiktive Interview erlaubt dem Politiker endlich mal alle wesentlichen Fragen beantworten zu können: Warum sind Sie so erfolgreich? Die paar Millionen Defizit sind ja auch nicht weiter schlimm – oder? Und das ist der eine Punkt. Der andere…. (Kunstpause)
TagesWoche: Machen Sies nicht so spannend – bitte! Das ist ja fast nicht mehr auszuhalten.
TagesWoche: Der zweite Punkt ist: Selbst gebastelte Interviews erfüllen alle Anforderungen an den modernen Journalismus: Sie sind zeit- und kostensparend und vor allem… (nächste Kunstpause)
TagesWoche:….ja? Reden Sie doch weiter, bitte, bitte.
TagesWoche: Und vor allem liefern sie endlich einmal überraschende Schlagzeilen: «Baselbieter SVP will nun doch mit Basel fusionieren – und am liebsten auch noch mit der EU», «Das neue Baselbieter Regierungsprogramm ist absolut verständlich», «Regierungsrat Ballmer lobt die Zusammenarbeit mit den Medien».
TagesWoche: Unglaublich.
TagesWoche: Tja, mit dem fiktiven Interview eröffnen sich tatsächlich ganz neue Perspektiven. Perspektiven, die schier unglaublich sind.
TagesWoche: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview.
PS: Weiter fiktive Interviews oder Schlagzeilen nehmen wir jederzeit gerne entgegen (im Kommentar oder an info@tageswoche.ch).