Jörg Erismann ist der Leiter des Roche-Standortes Basel. Im Interview erklärt er, weshalb die Hochhäuser gut für das Wettsteinquartier sind und warum das Pharmaunternehmen keine öffentliche Diskussion über seine Baupläne sucht.
Als die Roche vor einer Woche bekanntgab, in Basel für 3 Milliarden Franken mehrere Hochhäuser und andere Gebäude bauen zu wollen, überschlugen sich Politiker und Kantonsvertreter vor Begeisterung. Man freute sich über das milliardenschwere Bekenntnis zum Standort Basel und die moderne Architektur im Osten der Stadt. Etwas später wurde dann auch Kritik laut, die Türme würden Basels Skyline verschandeln, der Verkehr das Quartier belasten.
Wir wollten von Jürg Erismann, dem Chef vom Standort Basel, wissen, was das angekündigte Investitionspaket für Quartier und Stadt konkret bedeuten. Das Gespräch fand statt im Bau 49, eines der veralteten Gebäude, welches bald abgerissen werden soll.
Herr Erismann, Sie sprachen an der Medienkonferenz letzte Woche davon, dass durch das Investitionsprojekt der Roche auch die Umgebung und das Quartier aufgewertet werden. Können Sie das etwas ausführen?
Dieses Investitionsprogramm gibt uns die Möglichkeit, veraltete Gebäude durch solche von höherer Qualität zu ersetzen. Dies wird weit über das Quartier ausstrahlen. Wir schaffen so eine neue, modernere Umgebung mit einem höheren architektonischen Anspruch.
Sie sprechen also primär von einer architektonischen Aufwertung?
Auch die Arbeit, die hier geleistet wird, hat einen Wert. Es handelt sich um sehr hochwertige Arbeitsplätze in der Forschung und Entwicklung.
Und wo werden ganz konkrete Auswirkungen auf das Quartier sicht- und spürbar werden?
Nach Vollendung dieser Arealentwicklung werden wir beispielsweise einen wesentlich grösseren Anteil an Grünflächen haben. Sowohl entlang der Arealgrenzen, der Grenzacherstrasse und auch auf der Südseite Richtung Rhein. Dort wird die Bebauung künftig deutlich lockerer werden.
Die wohl grösste Sorge der Anwohner ist der Verkehr.
Mit unserem Mobilitätskonzept fördern wir den öffentlichen und den langsamen Verkehr. Wir wollen damit den motorisierten Individualverkehr auf unserem Areal stark eingrenzen. Im Jahr 2021 wird es auf dem Areal gleich viele Parkplätze haben wie heute, bei deutlich höherer Anzahl Mitarbeiter.
Die Busse in der Grenzacherstrasse sind bereits gut ausgelastet und verkehren in einer hohen Frequenz. Wünschen Sie sich hierfür eine andere Lösung?
Ideal wäre, wenn irgendwann ein Tram durch die Grenzacherstrasse fahren würde. So hätten wir eine gute Verbindung zwischen den beiden Bahnhöfen. Ein Tram wäre den Bussen ausserdem deutlich vorzuziehen, weil es eine höhere Kapazität hat und generell ruhiger läuft.
«Es ist uns noch nicht gelungen, beim Bauverkehr eine für uns und die Anwohner befriedigende Lösung zu finden.»
Die Grenzacherstrasse wird aktuell umgestaltet. Sind mögliche Tramgeleise hier bereits berücksichtigt oder müsste die Strasse erneut aufgerissen werden?
So wie die Grenzacherstrasse künftig aussehen wird, besteht die Möglichkeit für Tramgeleise. Letzlich ist dies jedoch Aufgabe der Stadt.
Wie wollen Sie den Bauverkehr in den Griff bekommen?
Uns ist bewusst, dass sich die Anwohner daran stören, wenn überall im Quartier Handwerker parkieren. Es ist uns hier noch nicht gelungen, eine für uns und die Anwohner befriedigende Lösung zu finden. Wir arbeiten jedoch daran.
Eine weitere Sorge im Quartier ist der Schattenwurf insbesondere der beiden Bürohochhäuser. Stimmt es, dass sie besorgten Anwohnern auf Anfrage eine individuelle Schattenwurfberechnung erstellen?
Diese Berechnung besteht bereits, sie war Teil unserer Planung zur Arealentwicklung. Natürlich teilen wir diese Ergebnisse gerne mit interessierten Anwohnern, die beispielsweise wissen wollen, ob ihr Gartensitzplatz betroffen ist.
Konkret: Wie weit reicht der Schatten der beiden Türme?
Das hängt vom Sonnenstand ab, deshalb kann man diese Frage nicht so einfach beantworten.
Die Rochetürme werden die Skyline der Stadt grundlegend verändern. Inwiefern haben Sie sich auch städtebauliche Überlegungen gemacht?
Solche Überlegungen machen wir uns selbstverständlich. Bei den veröffentlichten Visualisierungen handelt es sich keineswegs um fertig gestaltete Gebäude, sondern um Anhaltspunkte, die Aufschluss geben sollen über die zu erwartenden Volumen und Ausmasse. Diese Entwicklung geht ständig weiter. Wir arbeiten hierbei vom Groben ins Feine. Am Anfang stand die Frage, wie wir uns an diesem Standort weiterentwickeln können. Welcher Funktion sollen die Bauten folgen? Wie lassen sich diese in den Standort einbetten? Welche Gebäude können allenfalls zurückgebaut werden?
«Wir sind zum Schluss gekommen, dass es dem Standort gut tun würde, ein Geschwisterpaar von Hochhäusern zu haben.»
Ist Ihnen der Entscheid für einen zweiten Turm leichter gefallen, jetzt wo der Bau 1 beinahe fertig ist?
Natürlich profitieren wir von den Erfahrungen, die wir mit Bau 1 gemacht haben. Ausserdem haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen auf diesen ersten Turm. Es geht uns jedoch nicht darum, um jeden Preis Hochhäuser zu bauen. Wir gehen immer von der Funktion aus und fragen uns dann, welche Form von Gebäude diese Funktion am besten erfüllen kann. Unser Wunsch war es, möglichst viele Mitarbeiter an diesem Standort zu vereinen. Und das geht bei dem beschränkten Platz am besten mit einem Hochhaus.
Aber das Eis ist gebrochen.
Selbstverständlich haben wir unsere Erfahrungen gemacht. Und uns gefragt, was es bedeutet, statt eines Solitärs eine Hochhausgruppe zu haben. Wir sind zum Schluss gekommen, dass es dem Standort gut tun würde, ein Geschwisterpaar von Hochhäusern zu haben.
Haben Sie sich aus deshalb gegen die ursprüngliche Doppelhelix entschieden, weil eine solche Architektur die Weiterentwicklung eher blockiert hätte?
Wir haben im Verlauf der Planung gesehen, dass sich die gewünschten Funktionen besser mit der heutigen Form von Bau 1 erfüllen lassen. Ausserdem wurde uns klar, wie aufwendig sowohl Bau als auch Unterhalt der Doppelhelix geworden wäre.
Und es wäre schwieriger gewesen, einen passenden zweiten Turm daneben zu stellen.
Die Doppelhelix wäre sicher eher ein Solitär gewesen, während der Bau 1 Bezug nimmt auf die klaren Linien, wie sie bereits auf dem Roche-Areal zu sehen sind.
In den letzten Tagen war zu lesen, dass beim Bau 1 eine kritische, öffentliche Diskussion nie stattgefunden habe. Wie haben Sie das erlebt?
Wir haben intern sehr intensiv darüber diskutiert, auch mit der Stadtbildkommission. Aus unserer Sicht wäre es jedoch nicht hilfreich, wenn die ganze Stadt über unsere Baupläne mitbestimmen könnte. Mit diesen Bauprojekten wollen wir unsere bestehenden Bedürfnisse befriedigen, darum geht es in erster Linie. Selbstverständlich kann jeder seine Meinung dazu haben. Ob es zu einem besseren Resultat führen würde, wenn wir alle diese Meinungen berücksichtigten, ist jedoch mehr als fraglich.
Die Roche geniesst in dieser Stadt grosse Freiheiten.
Wir gehen verantwortungsvoll damit um. Beispielsweise indem wir auf hochwertige Architektur setzen und damit der Stadt etwas zurückgeben.