Raphael Wicky, hat Sie eigentlich irgendjemand zum zweiten Platz und zum Erreichen des Halbfinals im Cup beglückwünscht?
Nein, mir hat niemand gratuliert.
Wie konnte es passieren, dass der FCB den Young Boys die Meisterschaft überlassen musste?
Im Dezember lagen wir nur noch zwei Punkte zurück. Den Titel haben wir sicher in den ersten sechs Wochen nach der Winterpause verloren. Seit der Niederlage in Luzern haben wir gleich viele Punkte wie YB geholt. Unsere Mannschaft hat sich wiedergefunden, weiterentwickelt, und sie spielt besseren Fussball.
Was bleibt von Ihrem ersten Jahr als Cheftrainer?
Wenn man es schwarz-weiss betrachtet, war es ein titelloses und damit kein Top-Jahr. So analysiere ich aber nicht. Ich suche keine Ausreden, aber wir haben auch viel Gutes gesehen und Ziele erreicht, die wir uns gesetzt haben. Wir haben keinen Titel geholt – okay. Aber es war alles andere als eine katastrophale Saison. Nur schon was die Mannschaft in der Champions League geschafft hat, ist fantastisch und nicht selbstverständlich.
Haben Sie die vergangenen Monate denn schon aufgearbeitet?
Wir haben immer wieder miteinander gesprochen. Und wir werden intern noch eine tiefergehende Analyse vornehmen. Wichtig wird sein, offen und ehrlich miteinander zu reden. Für die nächste Saison ist es unverzichtbar, sauber in die Vorbereitungszeit zu gehen. Es geht nicht darum, Schuldige zu suchen oder den einen Punkt zu finden, weshalb wir die Meisterschaft nicht geholt haben.
Weil es diesen einen Punkt nicht gibt?
YB ist über die gesamte Saison so stabil gewesen, wie es der FCB in den vergangenen Jahren war. Das ist ein Fakt, und den können wir nicht beeinflussen. Wahrscheinlich haben wir im Winter zu viel durcheinandergebracht im Team. Es waren zu viele Wechsel. Die Rede ist immer nur von Manuel Akanji und Renato Steffen. Aber wir haben insgesamt zwölf Veränderungen gehabt. Es musste sich eine neue Mannschaft finden, eine neue Hierarchie, eine neue Rollenverteilung. Dazu kam, dass Luca Zuffi sechs Wochen verletzt war und Eder Balanta gar nicht mehr spielen konnte. Das sind zusammen vierzig Prozent der Feldspieler, die im Herbst eigentlich immer auf dem Platz standen. Das soll aber keine Ausrede sein.
«Wie wichtig die Konstanz im Kader ist, das habe ich als Trainer nun gelernt.»
Sondern? Sie hätten in der Wechselperiode davor warnen können.
Wir haben das alles miteinander abgesprochen. Wir haben gesagt, dass es für Cedric Itten, für Dominik Schmid, für Pedro Pacheco, für Omar Gaber, dass es für all diese Spieler Sinn macht, zu anderen Klubs ausgeliehen zu werden. Oder für Alexander Fransson, der mit Schweden die WM spielen will und dem wir nicht die nötige Einsatzzeit geben können. Und so weiter und so fort. Im Nachhinein muss man zur Erkenntnis kommen, dass es gesamthaft gesehen nicht optimal war. Vielleicht muss man mehr auf die Klubinteressen achten und nicht so sehr auf den einzelnen Spieler. Diese Erfahrung haben wir nun gemacht, und ich glaube, dass es einen grossen Einfluss gehabt hat.
Hat es der Mannschaft nach der Winterpause nicht auch an mentaler Spannkraft gefehlt? Oder hat man sich blenden lassen von den fünf Siegen in acht Champions-League-Spielen?
Was wir europäisch erreicht haben, wird schwierig zu wiederholen sein. Und was das Mentale betrifft, so weiss ich nicht, ob man so weit suchen muss. Warum vermasseln wir die ersten beiden Heimspiele? Warum vergeben wir zwei Penaltys, einer davon total schlecht geschossen und der anderen weit drüber? Hat das etwa mit den ganzen Wechseln zu tun? Es gibt nun mal Sachen, die man im Fussball nicht erklären kann.
Aha.
Wir hatten zu diesem Zeitpunkt einfach nicht die Selbstverständlichkeit und Flüssigkeit im Spiel wie noch vor Weihnachten. Ich glaube, es hat ganz viel damit zu tun, dass wir in einer Saison zweimal fast eine neue Mannschaft entwickeln und zweimal einen solchen Prozess durchmachen mussten. Das war zu viel. Die Young Boys hatten in den letzten zwei Jahren wenig Wechsel und im Winter überhaupt keinen. Kontinuität im Klub und in der Mannschaft kann zum Erfolg führen. Dieser Überzeugung war ich schon immer. Und wie wichtig die Konstanz im Kader ist, das habe ich als Trainer nun gelernt.
Sind die Wintertransfers tatsächlich der einzige springende Punkt?
Wenn wir uns bewusst gewesen wären, wie viel durcheinandergewirbelt wird, dann hätten wir die vielen Wechsel im Winter wahrscheinlich nicht gemacht. Ich will die Schuld aber nicht nur dort suchen, sondern frage mich auch, was ich in der täglichen Arbeit besser machen kann, damit sich die Mannschaft schneller findet.
Wir haben uns gewundert, als Sie vor dem Start zur Rückrunde gesagt haben, der FCB habe mehr Qualität als 2017. Auf dem Papier sah es damals schon aus wie ein erheblicher Eingriff ins Team.
Das bezog sich auf die Spieler. Wir haben sehr gute Fussballer dazubekommen. Und auch wenn sehr gute Spieler gegangen sind und Manuel Akanji natürlich nicht eins zu eins zu ersetzen ist, haben wir im gesamten Kader keinen Qualitätsverlust gehabt. Aber es ist richtig: Es war ein Eingriff, ein relativ massiver, in ein funktionierendes Team. Der Geist, der in einer Mannschaft herrscht, und die Hierarchien sind wichtig. Und eine Mannschaft lebt ja nicht nur von 11, sondern von 18, 20 Spielern. Dass der Eingriff so extreme Auswirkungen haben kann, das haben wir unterschätzt. Erst im März haben die Automatismen wieder begonnen zu greifen. Aber das hat zu viel Zeit gebraucht.
Welche Schlüsse ziehen Sie aus dieser Erfahrung?
Wenn eine Mannschaft gut funktioniert, wollen wir nicht mehr so viele Eingriffe haben. Vielleicht müssen wir egoistischer denken, auch wenn ein Spieler nicht häufig spielt und dennoch eine Bedeutung fürs Team hat. Dann ziehen wir das bis Saisonende durch, weil wir ein gemeinsames Ziel haben. Und ich werde mit meinem Staff und Marco Streller besprechen, was ich anders hätte machen können. Ich bin der Letzte, der behauptet, dass ich immer richtig liege. Ich werde zwar als Typ der gleiche bleiben, aber sicher ein paar Sachen ändern, auf dem Trainingsplatz und bei den internen Abläufen.
Erstaunt es Sie, dass zwar die Transferpolitik kritisiert wurde, Sie als Trainer aber medial kaum je in Kritik geraten sind?
Wenn die Wechselperiode der Kritikpunkt ist, dann ist der Trainer mit dabei. Ich sitze mit in der Transferkommission, das war alles mit Sportdirektor Marco Streller und seinen Leuten besprochen, und deshalb fühle ich mich mitverantwortlich. Und wenn ich nicht so in der Kritik stehe, dann hat das auch etwas damit zu tun, dass ich von der sportlichen Leitung oder anderen nie öffentlich angezählt wurde.
Hätten Sie das denn zum Beispiel in der Herbstkrise verstanden?
Nein. Nach einem so grossen Umbruch mit so vielen Veränderungen nach zweieinhalb Monaten den Trainer zu entlassen – das hätte ich nicht verstanden. Aber kritische Worte sind intern schon gefallen.
Vor einem Jahr haben Sie gesagt: «Meister werden wir, da lege ich mich fest.» Würden Sie das heute anders formulieren?
Nein. Das war volle Überzeugung. Für mich ist es jedoch ein Unterschied, ob man sagt: «Wir müssen» oder «wir wollen» etwas erreichen. Die Kommunikation nach aussen wird nächste Saison so sein: «Wir wollen die Pokale zurückholen.» Das ist nicht einfach und keine Selbstverständlichkeit, es wird auch in anderen Vereinen gut gearbeitet.
Ist «wollen» und «müssen» nicht fast synonym bei der Erwartungshaltung an den FC Basel? Diese Saison ohne Titel wird dem Verein nach all den Erfolgen zugestanden – aber kann man sich ein weiteres Jahr ohne wirklich leisten?
Wenn man seine Ziele mit «müssen» formuliert, habe ich das Gefühl, dass man die Pistole am Kopf hat. Eine Erfolgsgarantie gibt es einfach nicht. Aber wir ziehen die Philosophie durch: verkleinern, verjüngen, verbaslern.
Was bedeutet das für die Perspektiven im Europacup?
Wir wollen unbedingt in die Gruppenphase der Champions League. Sie wäre für den Club finanziell sehr lukrativ, dann hat man richtig viel Geld zur Verfügung. Aber «müssen»? Die Champions League wird in Zukunft extrem schwierig zu erreichen sein für Ausbildungsvereine aus kleineren Ländern. Dazu muss man nur unseren Qualifikationsweg anschauen und die Gegner, auf die wir schon in der ersten Runde treffen können. Die Schere wird in Zukunft noch mehr aufgehen.
«Wir als Verein müssen diktieren, wann ein Spieler wechselt und wann er bleibt. Und nicht der Spieler.»
Wenn die Champions League erreicht werden soll, muss Ihre Mannschaft bereits Ende Juli funktionieren.
Deshalb will ich im Sommer nicht wieder so viele Veränderungen haben. Damit wir uns so schnell wie möglich wieder auf eine Mannschaft fixieren können. Das ist mein Job.
Emanzipieren Sie sich vom Raphael Wicky im Sommer 2017 und stellen nun mehr Forderungen an die Vereinsführung?
Intern äussere ich meine Meinung sehr klar. Aber ich stelle keine Forderungen, die total gegen unser Konzept gehen.
Vielleicht würde die Vereinsführung aber auch antworten: «Raphael, du hast recht. Sonst finden wir nicht zum Erfolg zurück.»
Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Konzept erfolgreich sein können. Aber natürlich muss alles aufgehen.
Um an das Geld aus den Champions-League-Töpfen heranzukommen, muss der FCB da nicht auch in neue Spieler investieren?
Auch angesichts der Entwicklung der letzten Monate glaube ich wirklich, dass diese Mannschaft grosses Potenzial hat und sich entwickeln kann. Deswegen will ich im Sommer so wenig Wechsel wie möglich. Damit wir unseren Weg weitergehen können, nicht viele neue Spieler integrieren und wieder alles neu erklären müssen. Und da rede ich nicht von eigenen Junioren, sondern von Spielern, die den Kern der Mannschaft bilden.
Ein gestandener Spieler ist Zdravko Kuzmanovic, dessen Leihvertrag im Sommer endet. Wird er die Vorbereitung mit dem FCB mitmachen?
Wenn er am 14. Juni zum Trainingsauftakt auf der Matte steht, dann bin ich froh, dass er da ist. Es sind dann ja doch einige Nationalspieler noch nicht zurück.
Und können Sie abschätzen, welche Spieler den FCB im Sommer verlassen werden? Ricky van Wolfswinkel ist von den Boulevard-Medien ja quasi schon als Abgang vermeldet worden.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Mein Wunsch ist, dass wir mit ihm in die neue Saison gehen. Wir können schliesslich nicht nur einen Mittelstürmer haben.
Was ist mit Namen wie Mohamed Elyounoussi, Michael Lang oder Tomas Vaclik?
Ich bin generell der Meinung, dass wir als Verein diktieren müssen, wann ein Spieler wechselt und wann er bleibt. Und nicht der Spieler. Wenn einer nach eineinhalb Jahren wieder gehen möchte, weil er den nächsten Schritt machen möchte, dann können wir nicht jedes Mal sagen: «Okay, besten Dank, dann geh du mal.»
Spieler und Verein sind allerdings gleichwertige Vertragspartner.
Genau deswegen können wir ja auch sagen: «Du gehst nicht, wir wollen dich im Sommer nicht abgeben.» Ich möchte einfach gerne so viel wie möglich zusammenhalten.
Die Kaderplanung ist die eine Baustelle. Die andere ist die Weltmeisterschaft, die am 14. Juli endet. Eine Woche später beginnt die neue Saison und nochmal eine Woche später startet der FCB in der Champions-League-Qualifikation.
Die Planung ist tricky. Wenn beispielsweise Michael Lang und Fabian Frei an die WM fahren, dann wird es knapp für die Qualifikationsspiele.
Müssen die Spieler kürzere Ferien in Kauf nehmen?
Es kommt drauf an, wann die Schweiz ausscheidet. Der Viertelfinal wäre beispielsweise am 6. oder 7. Juli. Und wenn du dann zehn Tage Ferien willst, dann ist der 17. Juli. Unser erstes Qualifikationsspiel ist aber am 23. Juli. Ein Spieler kann nicht mit nur einer Trainingswoche eine solche Partie bestreiten. Und keine Ferien zu geben, das geht auch nicht. Sonst besteht die Gefahr, dass die Spieler im Oktober in einem völligen Loch sind.
Eine Alternative wäre, dass die Spieler ihre Ferien später einziehen.
Auch das diskutieren wir. Aber wir haben auch zu einem späteren Zeitpunkt in der Saison wichtige Spiele.
«Ich erwarte wieder einen Zweikampf zwischen YB und Basel.»
Herr Wicky, wie haben Sie den Erwartungsdruck auf der Profiabteilung wahrgenommen in Ihren vier Jahren als Juniorentrainer auf dem Campus?
Schon damals war mir klar, dass Erfolg keine Selbstverständlichkeit ist und harte Arbeit erfordert. Ich habe übrigens letzten Sommer immer wieder betont, dass es nicht einfach ist und Rückschläge geben wird. Wir hatten im Verein einen grossen Umbruch und schon vor der Winterpause war das Kader in der Breite sehr jung. Von 23 Feldspielern waren zehn jünger als 21, also fast fast 50 Prozent. Das ist keine Ausrede, das ist Fakt.
Kommt der Präsident Bernhard Burgener mit Vorgaben zu Ihnen?
Nein, die sind ja bekannt seit der Präsentation vor einem Jahr. Es gibt einen Plan, wo wir bis 2020 hinkommen wollen, und ich habe das Gefühl, dass wir in der ersten Saison schon extrem viel umgesetzt und viele Vorgaben mehr als erfüllt haben. Da muss man sich nur die Spielminuten der jungen Spieler im Vergleich zu den vergangenen Jahren anschauen. Das ist eine Vervielfachung. Gegen den FC Thun sind fünf der sechs Tore von Baslern geschossen worden. Gegen Zürich standen neun Schweizer in der Anfangsformation. Und ich habe mir vor dem Match nicht überlegt, wen ich aufstellen muss, damit wir neun Schweizer sind. Das ist mir erst im Nachhinein aufgefallen.
Wie schwierig ist es, die Balance zwischen Jugendstil, rotblauer Genetik und Erfahrung zu halten, wenn man den Meistertitel zurückholen und wieder in die Champions League will? Funktioniert das auf die Dauer?
Ich stelle natürlich nicht nach Basler und Nicht-Basler auf. Wir haben mittlerweile sehr viele Spieler im Kader, die jung sind, die aus dem Nachwuchs stammen oder eine Basler Vergangenheit haben. Dazu kommen Junge wie Blas Riveros oder Dimitri Oberlin, die von aussen dazugekommen sind. Es braucht drum herum ein paar Routiniers, die der Mannschaft Stabilität geben sollen.
Im Burgener-Konzept der Verjüngung und Verkleinerung schwingt auch immer das Wort «sparen» mit. Können Sie sich von solchen Überlegungen freimachen und sich auf die Arbeit auf dem Platz konzentrieren?
Ich bin auf das Sportliche fokussiert und weiss aus den Sitzungen, was läuft. Aber ich bin nicht dabei, wenn das Budget erstellt wird.
Allerdings müssen Sie es quasi ausbaden.
Zum Konzept habe ich letztes Jahr freiwillig Ja gesagt. Ich nehme diese Herausforderung auch für die nächste Saison sehr gerne an und versuche, mit Leidenschaft das Beste herauszuholen.
Braucht ein Kader des FC Basel nicht auch zwingend ständig den Einfluss von aussen und Spieler von hoher Qualität, die in der täglichen Trainingsarbeit das Niveau anheben? Wer dauerhaft oben dabei sein will, der schafft das ja wohl kaum ausschliesslich mit Jungen vom Campus.
Je mehr gemachte Spieler wir haben, desto höher kann das Trainingsniveau sein. Aber dann haben wir keinen Platz mehr für das, was wir eigentlich wollen. Also muss man ein Kader schaffen, mit dem die Pipeline nicht ständig verstopft ist. Wir können nicht laufend auf dem Campus ausbilden, und es schafft nur der absolute Knaller den Durchbruch.
Herr Wicky, wie gross ist der Tatendrang am Donnerstag gegen YB noch?
Jeder Spieler hat den Ehrgeiz, diese Partie zu gewinnen. Wir können zu Hause den Fans nochmals ein gutes Spiel zeigen. Dieser Charakter hat die Mannschaft. Das hat man zuletzt gegen St. Gallen oder vor zehn Tagen gegen Thun gesehen, wenige Stunden, nachdem in Bern die Meisterschaft entschieden worden war und wohl jeder Spieler die Bilder der Party mitbekommen hat.
Ist das charakterlich eine starke Mannschaft?
Doch, schon. Es gab viele schwierige Momente in dieser Saison, aus denen sie sich wieder befreit hat. Und ich bin stolz auf die Entwicklung der Mannschaft in den vergangenen Wochen und auf Spieler, die extreme Erfahrungen gesammelt und zum Teil super Leistungen gebracht haben. Es ist schön, beispielsweise die Fortschritte bei Blas Riveros und Raoul Petretta, bei Albian Ajeti und Samuele Campo zu sehen.
Was macht der FCB eigentlich, wenn YB kommt? Verneigt man sich vor dem Gegner?
In der Schweiz haben wir diese Tradition ja nicht, dem Meister Spalier zu stehen. Aber wir werden YB bestimmt gratulieren.
Aber wie bei jedem anderen Spiel aus der Senftube zu laufen, ist doch auch irgendwie komisch.
Warum denn? Das war doch immer so. Ich gratuliere YB-Trainer Adi Hütter vor dem Spiel persönlich. Das gehört sich, man soll die Leistung der Young Boys anerkennen.
«Ich habe für das Fernsehen gearbeitet und weiss deswegen, dass vieles oftmals nicht sehr tiefgründig analysiert wird.»
Ist es in Ihren Augen denn klar, dass es nächste Saison wieder einen Zweikampf zwischen Basel und YB gibt?
Das erwarte ich. Aber ich möchte nicht ausschliessen, dass es eine dritte Mannschaft gibt, die uns ärgern könnte.
Wie lange tut ein Titelverlust eigentlich weh?
Immer wenn ich daran denke. Wir haben das wichtigste Ziel nicht erreicht, das wurmt mich. Aber das macht den Hunger noch grösser für die kommende Saison. Und ich werde versuchen, der ganzen Mannschaft diesen Hunger zu vermitteln, damit wir den Titel zurückholen.
Ist Ihr Job so ein «Haifischbecken», wie es Ihnen Ihr Vorgänger Urs Fischer prophezeit hat?
Es kommt drauf an, wie man diesen Begriff auslegt. Ich bin von der Situation als Trainer hier in Basel jedenfalls nicht überrascht worden, weil ich schon als Spieler in Deutschland und Spanien viel erlebt habe. Und ich wusste ja, wie es hier zu und her geht. Vom medialen Druck wurde ich also nicht überrascht, auch nicht nach Niederlagen.
Was ist denn für Sie ein «Haifischbecken»?
In diesem Umfeld gibt es schnell Kritik, oft werden Dinge nicht differenziert, sondern schwarz-weiss betrachtet, obwohl nicht bekannt ist, welche Vorgaben ich einem Spieler mache. Und der Druck ist gross. Damit muss man umgehen können und sich dessen bewusst sein, bevor man einen Job annimmt.
Können Sie damit umgehen?
Ja, ich habe mich nicht blauäugig in diese Aufgabe gestürzt. Das Geschäft verfolge ich seit 20, 25 Jahren als Spieler und als Trainer. Und ich habe immer wieder für das Fernsehen gearbeitet und weiss deswegen, dass vieles oftmals nicht sehr tiefgründig analysiert wird.
Sie haben immer wieder gesagt, dass Sie keine Medien konsumieren. Ist das ein Schutzmechanismus?
Absolut. Das ist der Hauptgrund. Ich will mich schützen vor Dingen, von denen ich weiss, dass sie mich belasten würden. Oder nerven. Weil ich weiss, dass Sachen geschrieben werden, die nicht der Wahrheit entsprechen und aus dem Zusammenhang gerissen werden. Diese Erfahrung habe ich als Spieler schon gemacht. Und deswegen lese ich nichts – oder fast nichts.
Haben Sie schlaflose Nächte?
Das gibt es. Aber das erlebt jeder Trainer.
Und wo finden Sie die kleinen Fluchten aus dem täglichen Wahnsinn?
Im Kreise meiner Familie, meiner Freunde und meiner Lebenspartnerin, die hier ist. Wenn ich nach Hause komme, rede ich nicht die ganze Zeit über Fussball oder schaue ihn im TV. Diese Auszeiten nehme ich mir. Sport ist ein anderer Ausgleich, ich gehe gerne Joggen, 30, 40 Minuten der Birs entlang. So lange es der Körper zulässt.