Yann Sommer verlässt nach der Saison Basel und wechselt zu Borussia Mönchengladbach. Doch vorher spricht der Goalie des FC Basel noch über grosse Vorgänger, kleine Bäume, Gitarren, Kunst und den Grund, warum er Barbie und Ken nicht so mag.
Die Stadt, die Fans, sie mussten diesen Yann Sommer erst einmal entdecken. Als er im Sommer 2011 mit 22 Jahren zur Nummer 1 des FC Basel wurde, da spürte er, dass viele lieber weiterhin seinen Vorgänger Franco Costanzo im Tor gesehen hätten. Damals hätte er das nie zugegeben. Heute, noch ein Heimspiel von seinem Abgang zu Borussia Mönchengladbach entfernt, kann er das aber locker tun. Schliesslich ist nun er es, der riesengrosse Fussstapfen zurücklässt, die sein Nachfolger erst mal füllen muss.
Der FCB verliert mit Sommer aber nicht bloss einen ausserordentlich guten Goalie. Der 25-Jährige hat sich auch – von aussen fast unbemerkt – zum Führungsspieler gemausert, der nicht davor zurückschreckt, in Aussprachen das Wort zu führen. Und Sommer war als Einheimischer auch ein Fussballer, der Club und Stadt verband, den man nicht nur auf dem Joggelirasen sah, sondern auch an Vernissagen oder im Theater.
Ein Gespräch über grosse Vorgänger, kleine Bäume, Gitarren und Kunst. Restaurant-Tipp inklusive.
Yann Sommer, Sie stehen vor dem Wechsel in die Bundesliga, zu Mönchengladbach. Freuen Sie sich schon darauf, die alten Sprüche von Neuem zu hören?
Sie meinen die mit Bonsai …?
Gar nicht mal den.
Ah, Sie meinen die Wortspiele mit Sommer? Die stören mich nicht. Ebenso wenig stören mich die Bonsai-Sprüche. Ich habe mich längst daran gewöhnt.
Hat es Sie nicht genervt, dass man bei den ersten Transfergerüchten aus der Bundesliga hörte: «Der ist zu klein für einen Torwart!»?
Nein, das hat mich nicht genervt. Es waren ja bei der Suche nach einem neuen Torwart ganz andere Kriterien entscheidend.
Wie «klein» sind Sie denn?
1 Meter 83.
Freuen Sie sich auf den effektiven Sommer in Gladbach?
Sicher. Der ist nicht so anders wie in der Schweiz.
Waren Sie schon einmal da?
Ja, einmal. Wohnen werde ich jedoch in Düsseldorf.
Ist Ihnen eine gewisse Distanz zum Arbeitsplatz wichtig?
Ja, ich wohne 20 Autominuten von Gladbach entfernt und kann so auch besser abschalten.
In Basel war diese Distanz offenbar nicht nötig. Sie haben mitten in der Stadt gelebt.
Ja, ich wuchs ja hier auf. Auch wenn man es nicht hört: Ich war erst 8-jährig, als ich mit den Eltern hierher zog, habe hier meine Freunde, mein vertrautes Umfeld, das ich auch als Profi nicht aufgeben wollte.
Musste nie mal jemand kommen und Sie zurechtstutzen?
Nein, das hängt wahrscheinlich schon mit der Erziehung zusammen, mit dem Charakter, wie man aufgewachsen ist, welche Werte man mitbekommen hat. Aber als junger Spieler ist es schon nicht einfach, du kommst in das Ding rein, bist zwanzig und verdienst auf einmal etwas mehr Geld. Deshalb bin ich froh, dass ich ein Umfeld habe, das nach mir schaut und mir rät, mit dem Geld etwas Gescheites anzufangen.
Was leisten Sie sich denn? Gibt es Statussymbole in Ihrem Leben?
Ich gebe Geld aus für Kleidung, für Gitarren – das ist ein teures Hobby. Ich gebe mehr Geld aus für Essen und Wohnen. Ein guter Lifestyle ist wichtig für mich: gesunde Ernährung, gute, frische Produkte. Eine Wohnung, in der man sich wohlfühlt, wenn man nach Hause kommt.
Sie kochen selbst?
Ja.
Und was kommt auf den Tisch, wenn Sie kochen?
Süsskartoffeln habe ich sehr gerne, ein gutes Stück Fleisch, Fisch und Gemüse. Auch mal Meeresfrüchte.
Und einen Schluck Wein dazu? Kann man sich das als Leistungssportler überhaupt leisten?
Doch, das geht bei gewissen Gelegenheiten schon, aber massvoll.
Ihre drei Lieblingslokale in Basel?
Das Restaurant Pinar in der Herbergsgasse. Das wird von den Eltern eines guten Freundes geführt und ist sehr cool. Da treffen wir uns mit unseren Kollegen oft. (Überlegt) Dann finde ich, wenn man ein bisschen mehr Geld ausgeben will und sich etwas mehr Zeit nimmt, die «Kunsthalle» sehr fein. Und sonst vielleicht die Sushi Bar Yokosushi bei der Heuwaage oder so etwas in der Art.
Was wird Ihnen fehlen, wenn Sie Basel verlassen?
Viel. Familie, Freunde, einfach das lockere Leben, das man in dieser Stadt führen kann. Es ist gemütlich in Basel, überschaubar, man kennt alle Leute.
«Schwiegermutter-Traum – da sehe ich immer Barbie und Ken vor mir. So bin ich nicht.»
Stört es Sie nicht, dass Sie an jeder Ecke erkannt werden?
Nein, ab dem Moment, in dem man beim FC Basel im Tor steht, kennen dich die Leute halt. Das kann man nicht ändern. Natürlich merkt man, wenn man im Ausgang ist, dass man beobachtet wird, dass die Leute schauen. Aber ich gebe mich in der Öffentlichkeit so, wie ich bin.
Nach einer längeren Beziehung gehen Sie wieder als Single in ein neues Umfeld. Da wird es nicht lange dauern, bis Sie auch in Deutschland als Schwiegermutter-Traum gelten.
Das höre ich nicht so gerne – Schwiegermutter-Traum. Da habe ich Barbie und Ken vor mir, eine perfekte Figur. Und so bin ich nicht, die Leute, die mich kennen, wissen, dass es nicht so ist.
Aber den Ruf haben Sie sich halt auch erarbeitet, so wie Sie bisher durchs öffentliche Profifussballerleben gegangen sind: Bisher verlief alles ohne Ecken und Kanten, ohne Skandale oder sonst etwas. Da ist es doch klar, dass es heisst: Yann Sommer ist nett, der ist toll.
Das stimmt vielleicht schon und ist okay so.
Sie wandern nun ja nicht nach Übersee aus, sondern gehen 500 Kilometer rheinabwärts weiter. Aber Sie werden auch noch mehr im medialen Fokus stehen als im Schweizer Fussball. Werden Sie noch vorsichtiger sein müssen?
Auch das werde ich kennenlernen. Ich gehe das ganz relaxed an.
Und weils so schön ist: Sommer-Paraden.
In den drei Jahren, in denen Yann Sommer die Nummer 1 im Basler Tor war, erschien sein Name in etwas über 400 Artikeln der TagesWoche. Viele davon handelten die Heldentaten des Goalies bei Elfmeterschiessen ab. Zum Beispiel bei seiner Heldentat gegen Molde in der Nachspielzeit. Und zwei gingen ganz gezielt auf diese Sommer-Spezialität ein:
– Die Lust des Tormanns am Elfmeter.
– Was von Yann Sommer zu halten ist.