René Rhinow und Jean-Luc Nordmann wollen dafür sorgen, dass endlich offen über Alzheimer gesprochen wird. Seit kurzen sind sie im Vorstand der Basler Sektion der Schweizerischen Alzheimervereinigung.
Zwei langjährige Freunde, der frühere Direktor im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Jean-Luc Nordmann, und der ehemalige Baselbieter Ständerat und Staatsrechtsprofessor René Rhinow, übernehmen kurz vor ihrem 70. Geburtstag eine neue Aufgabe. Sie engagieren sich im Vorstand der Schweizerischen Alzheimervereinigung, Sektion beider Basel. Rhinow als Präsident, Nordmann als Vorstandsmitglied. Warum tun sie das? Ein Gespräch über Krankheit und Tod, über Vergessen und Erinnern.
Warum wollen Sie beide sich für Demenzkranke engagieren? Wegen demenzkranker Menschen in Ihrem eigenen Umfeld?
Rhinow: Nein, mit persönlicher Betroffenheit hat das bei mir nichts zu tun. Ich möchte ganz einfach meine Erfahrung für eine gute Sache einbringen und der Gesellschaft von dem vielen Interessanten, das ich in meiner Zeit in der Politik und an der Universität erleben durfte, etwas zurückgeben.
Nordmann: Ich habe in meiner Familie miterlebt, was es bedeutet, demenzkrank zu sein – bei meiner Schwiegermutter, die inzwischen verstorben ist. Diese persönlichen Erlebnisse sind allerdings auch bei mir nicht der Grund, warum ich mich nun für die Alzheimervereinigung einsetzen möchte. Ich bin überzeugt, dass man in diesem Bereich noch viel erreichen kann und erreichen muss, was die Sensibilisierung und die Enttabuisierung anbelangt. Darüber hinaus finde ich es auch schön, dass ich mit René gemeinsam in einem Gremium arbeiten kann, nachdem wir uns schon über 50 Jahre lang kennen.
Haben Sie Angst davor, irgendwann selbst dement zu werden?
Rhinow: Natürlich macht man sich einige Gedanken, wenn man älter wird und in seinem Freundeskreis sieht, wie die Krankheiten und körperlichen Probleme zunehmen. Demenz ist nur eine davon – aber eine besonders unheimliche, weil sie die Persönlichkeit stark verändert, ohne dass man dem Kranken unbedingt etwas ansieht. Das alles ist einem natürlich bewusst. Aber Angst? Nein, das habe ich nicht.
Nordmann: Von Angst würde ich auch nicht sprechen, auch wenn ich mich mit dem Thema «Krankheiten» natürlich sehr auseinandersetze. Aber das ist naheliegend, wenn es auch im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis immer wieder Menschen gibt, die krank werden, und man weiss, dass sie in absehbarer Zeit nicht mehr da sein werden. Manchmal geht das dann ziemlich schnell, manchmal schleichend wie bei Alzheimer. Beides ist schlimm, auch für die Angehörigen. Die wichtigste Lehre, die ich daraus ziehe, ist, dass ich alles, was ich im Leben unbedingt noch machen möchte, nicht lange hinausschiebe, sondern möglichst bald tue.
Haben Sie in dem Fall mehr Angst vor einer Krankheit als vor dem Tod?
Rhinow: Das könnte man so sagen. Vor dem Tod habe ich gar keine Angst, aber der Gedanke an das Leiden löst ungute Gefühle aus. Es gibt Menschen, die sehr würdig mit einer schweren Krankheit umgehen und andere, denen das nicht gelingt.
Nordmann: Ich versuche stets, die Realität anzunehmen. Darum gehe ich auch immer frühzeitig zum Arzt, damit ich weiss, was Sache ist. Die Vorstellung eines langen Leidens, eines körperlichen und geistigen Zerfalls, macht aber dennoch Angst. Lieber hätte ich einen plötzlichen Tod. Auswählen kann man sich das aber nur sehr bedingt.
Kann ein Alzheimerpatient noch ein zufriedenes Leben führen?
Rhinow: Nach allem, was ich bislang erfahren habe, ist dies eindeutig der Fall. Demenzkranke Menschen brauchen Zuwendung und Empathie. Dann können sie loslassen und sich selber sein. Es bleibt ihnen eine intakte Gefühlswelt erhalten und sie können zufrieden und glücklich sein.
In den USA gibt es einen berühmten Alzheimerkranken, der sein Leiden detailliert beschreibt: den ehemaligen Psychologieprofessor Richard Taylor. Er beklagt sich unter anderem darüber, dass ihn seine früheren Freunde und Unikollegen schon bald nach Ausbruch der Krankheit gemieden und die Ärzte und Ämter ihn nicht mehr ernst genommen hätten. Müssen Kranke in der Schweiz die gleichen Erfahrungen machen?
Nordmann: Das Problem ist vielschichtig. Die Betroffenen ziehen sich häufig auch von sich aus zurück und sie werden oft von ihren Angehörigen abgeschirmt. Eine Aufgabe unserer Vereinigung ist es, dazu beizutragen, dass Demenz nicht länger ein Tabu ist, dass man darüber reden und dazu stehen kann wie auch bei anderen schweren Krankheiten wie beispielsweise Krebs. Die Alzheimerkranken müssen einen angemessenen Platz in der Gesellschaft erhalten. Das wird es ihnen erleichtern, möglichst lange aktiv zu bleiben, auch im Umgang mit der eigenen Krankheit.
Warum ziehen sich die Kranken zurück?
Rhinow: Aus Scham, würde ich sagen. Die Krankheit verändert die Persönlichkeit, und der Kranke verliert zunehmend die Kontrolle über sich. Damit umzugehen, ist für einen Pa-tienten und seine Angehörigen extrem schwierig. Und es ist vielen peinlich.
Nordmann: Der Umgang mit der Krankheit ist für alle extrem schwierig – auch für die Menschen im Umfeld. Sie merken vielleicht, dass mit ihrem Bekannten etwas nicht stimmt, aber wissen nicht was, und wagen es nicht, ihn auf die Besonderheiten anzusprechen. Eher noch ziehen sie sich zurück. Das wiederum gibt dem Betroffenen das Gefühl, die anderen seien sauer auf ihn oder würden sich aus sonst einem Grund von ihm abwenden. So gibt es viele Missverständnisse, nur weil man nicht offen über das Problem redet.
Vorwürfe werden auch der Pharmaindustrie gemacht: Die Firmen würden die Forschung lieber in anderen Bereichen als der Demenz vorantreiben, weil der Profit dort höher ist.
Rhinow: Ich wäre vorsichtig mit solchen Vorwürfen und kann sie auch nicht bestätigen. Und übrigens wird auch das Gegenteil behauptet: dass Menschen mit Gedächtnisproblemen zu rasch Medikamente erhalten.
Nordmann: Was die Forschung anbelangt, bin ich nicht so pessimistisch. Allein schon wegen der Fallzahlen, die in den nächsten Jahren stark zunehmen werden, weil eben auch die Menschen immer älter werden. Heute gibt es in der Schweiz rund 110 000 Alzheimerkranke, in 20 Jahren werden es doppelt und in 40 Jahren dreimal so viel sein. Darum ist es für die Pharmaindustrie durchaus lohnenswert, in diesem Bereich in die Forschung zu investieren.
Deutschland hat seit Kurzem einen prominenten Alzheimerpatienten: Rudi Assauer, den früheren Macho, Frauenhelden und Fussballmanager bei Schalke 04. Zuerst erschien ein Buch über ihn und seine Krankheit, nun wird sein Leiden in den Medien breitgewalzt. Ist diese Form der Publicity gut oder schlecht?
Rhinow: Über den konkreten Fall kann ich mich nicht äussern. Generell ist es aber wichtig, dass es auch prominente Menschen gibt, die sich outen und vorzeigen, wie man auch als Kranker ein Teil der Gesellschaft sein kann. Sie helfen, das uralte Vorurteil zu widerlegen, dass vor allem jene dement werden, die ihren Kopf ohnehin nie richtig gebraucht haben. Absoluter Unsinn. Die Krankheit kann jeden treffen.
Vergessen macht Angst. Vergessen zu gehen vielleicht auch. Steckt hinter Ihrem Engagement in der Alzheimervereinigung ein Stück weit auch der Wunsch, mit einer neuen gesellschaftlichen Aufgabe als Personen des öffentlichen Interesses nicht vergessen zu gehen?
Rhinow: Überhaupt nicht. Als ich angefragt wurde, habe ich mir ernsthaft überlegt, ob ich das jetzt noch anpacken soll. Ich habe viele andere Interessen, habe viele Wünsche, die ich mir noch erfüllen möchte. Aber ich bin dann zum Schluss gekommen, dass ich von all dem, was ich in meinem Leben erworben habe, dieser Vereinigung etwas weitergeben könnte.
Nordmann: Mit dem Engagement in der Alzheimervereinigung stellt man sich nicht ins grelle Scheinwerferlicht. Wenn man das wollte, müsste man sich um andere Aufgaben bemühen.
Rhinow: Eines der Geheimnisse, glücklich älter zu werden, ist die Fähigkeit, loslassen zu können. Man muss den richtigen Zeitpunkt packen. Das Hauptproblem ist nicht, ein neues Ämtchen annehmen zu können. Entscheidend ist, es rechtzeitig wieder abzugeben. Ich war als Ständerat zwölf Jahre aktiv in der Politik, und ich wollte gehen, bevor andere darauf warteten, dass ich endlich gehe. Es gibt andere Politiker, die es weniger gut verstehen, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen und sich an ihrem Amt festkrallen.
Nordmann: In den 16 Jahren meiner beruflichen Arbeit in Bern war ich voll eingebunden in meinem Amt. Ich habe oft gedacht, dass ich nach der Pensionierung noch etwas Gemeinnütziges, etwas für die Allgemeinheit tun möchte. Das ist ein Teil meiner Motivation für die Mitarbeit in der Alzheimer-vereinigung.
Wird das Amt entschädigt?
Beide: Nein.
Also auch ein Bekenntnis zur Freiwilligenarbeit?
Rhinow: Ja, zweifellos. Bei vielen dieser Ämter zugunsten eines gemeinnützigen Zwecks liegt eine Entschädigung schon rein finanziell nicht drin.
Darum wirft es in der Öffentlichkeit auch hohe Wellen, wenn herauskommt, dass die Zürcher Nationalrätin Doris Fiala 50 000 Franken pro Jahr für das Präsidium der Aids-Hilfe erhält, nachdem sie gesagt hat, das Amt sei vor allem eine Herzensangelegenheit.
Rhinow: Zu Doris Fiala kann ich mich nicht äussern. Aber so viel: Ich war einer der Urheber des Swiss NPO-Codes, also der Corporate Governance – Richtlinien für Non-Profit-Organisationen. Entschädigung war da auch ein Punkt. Dabei haben wir festgestellt, dass die Anforderungen an ein Präsidium sehr unterschiedlich sind und angemessene Entschädigungen manchmal schlicht nötig sind. Sonst findet man keine fähigen Leute. Aber es ist ein Unterschied, ob man als Präsident mit einem grossen zeitlichen Einsatz ein humanitäres Unternehmen führt, das Hunderte von Millionen Umsatz und ein professionelles Management hat, oder ob man eine Sektion der Alzheimervereinigung präsidiert.
Sie, Herr Rhinow, standen auch schon in der Kritik, weil Sie als Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes entschädigt wurden. War das der Beweggrund, diese Richtlinien zu erarbeiten?
Rhinow: Nein. Es ging generell darum, dass in allen einschlägigen Lehrbüchern die Managementfragen abgehandelt wurden, nicht aber die Governance-Problematik; auch das Entgelt für die Aufsichtsorgane war damals nirgends ein Thema. Die –meist kollegiale – Leitung grosser humanitärer Organisationen stellt Anforderungen, die mit einem Verwaltungsrat verglichen werden können.
Es ist aber wahrscheinlich ein unangenehmes Gefühl, wenn die Medien einen dafür kritisieren, dass man als Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes eine beträchtliche Entschädigung erhält.
Rhinow: Ja, am Anfang war es schon ein seltsames Gefühl. Immerhin handelte es sich nur um die Kritik in einer Zeitung! Aber ich stehe dazu: Ich wurde in dieses Amt berufen, als ich noch eine volle Professorenstelle hatte. Die Anforderungen ans Präsidium beim Schweizerischen Roten Kreuz entsprachen mehr als einer 70-Prozent-Stelle. Ich sagte zu, reduzierte meine Professorenstelle um 50 Prozent und verzichtete praktisch auf sämtliche Nebeneinkünfte. Die Höhe meiner Entschädigung bemass sich nach dem Umfang der Lohneinbusse; ich verdiente nachher bedeutend weniger als vorher! Das ist der Preis, wenn Personen aus dem aktiven Berufsleben ein solches Amt anvertraut wird.
Sie hatten anderweitigen Ärger, Herr Nordmann.
Nordmann: Ja, als Direktor des BIGA, des heutigen Seco, war die Situation 1997 ziemlich hart. Es kamen viele Sachen zusammen, gewisse Kreise forderten – wie dies so üblich ist – sogar meinen Rücktritt. Die Arbeitslosigkeit war auf einem historischen Höchststand, die Kurzarbeitsentschädigung exorbitant. Es gab von Arbeitgebern Tricksereien im Bereich der Schlechtwetterentschädigungen. Wir entdeckten eine Unterschlagung im Bereich der Arbeitslosenkasse. Zusätzlich verloren wir – äusserst knapp – eine Abstimmung zu einem dringlichen Bundesbeschluss über die Arbeitslosenversicherung. Da standen wir schon ziemlich im Gegenwind.
War das härter als Ihre Nichtwahl in den Regierungsrat im Jahr 1989?
Nordmann: Rückblickend schon. Natürlich war die Enttäuschung gross damals, unmittelbar nach der Wahl. Aber nachträglich muss ich sagen, dass mir die Arbeit als Direktor des Seco mehr entsprochen hat. Heute würde ich sogar von einem Glücksfall reden.
Sie, Herr Rhinow, brauchten keine solchen Umwege, um zu Ihrem politischen Glück zu kommen
Rhinow: Nein. Heute schaue ich ohnehin gelassen auf meine Zeit als Ständerat zurück. Manchmal fast schmunzelnd. Etwa wenn ich mich erinnere, dass ich als Kandidat der FDP meinen ersten Ständerats-Wahlkampf 1987 unter dem Stichwort Öko-Liberalismus geführt habe.
Würden Sie sich heute immer noch für die FDP entscheiden?
Nordmann: Ja. Ich habe mich bei den Gemeinderatswahlen in Arlesheim dafür eingesetzt, dass unsere drei freisinnigen Kandidaten gewählt wurden. In der Gemeinde bin ich stark freisinnig, doch nimmt die Verbundenheit nach oben derzeit leider ab.
Rhinow: Ich bin immer noch Mitglied, eher passiv zwar, werde aber weder austreten noch einer anderen Partei beitreten. Es ist kein Geheimnis, dass ich mit gewissen Entwicklungen Mühe hatte. Etwa mit der Initiative, das Verbandsbeschwerderecht abzuschaffen oder mit der Bürokratie-Initiative. Das sind keine freisinnigen Meisterleistungen. Wenn ich etwas dazu beitragen kann, dass die FDP wieder eine Volkspartei wird, dann werde ich das gerne tun.
Was fehlt der FDP zu einer Volkspartei?
Rhinow: Sie müsste vor allem auf Bundesebene wieder vielfältiger auf Anliegen der Bevölkerung eingehen. Sie hat sich vom Thema Umwelt, aber auch von der Staats-, Kultur- und Bildungspolitik praktisch verabschiedet – jedenfalls hat sie die Themenführerschaft verloren. Sie muss die realen gesellschaftlichen Probleme angehen und versuchen, liberale Lösungen zu finden, sowie die Vielfalt in den eigenen Reihen positiv anerkennen.
Nordmann: Dann sind es auch Stilfragen, die mich stören, gerade auch bei uns im Baselbiet. Bei der Theaterabstimmung zum Beispiel hat die FDP gar keine gute Figur gemacht. Wie sie in der ganzen Debatte Andersdenkende diskriminiert hat, das war sogar wirklich schlecht. Ich bin allerdings guter Hoffnung, dass es mit der neuen Führung wieder besser wird.
Ein Thema, bei dem Sie sich als Freisinnige beide stark engagiert haben, war das Verhältnis zur EU. Sie haben beide den EWR befürwortet. Finden Sie das Beharren des heutigen Freisinns auf den bilateralen Weg richtig?
Rhinow: Europa besteht nun einmal vor allem aus der Europäischen Union, und die Schweiz muss sich vorbereiten für mögliche Szenarien, die über den Status quo hinausgehen. Das heisst nicht subito Beitritt und schon gar nicht zu Bedingungen, die andere diktieren. Aber je länger die Schweiz mit diesen Schritten zuwartet, desto schwieriger werden diese. Deshalb ist es verhängnisvoll, den bilateralen Weg als Königsweg zu bezeichnen. Es ist ein Weg, der erfolgsversprechend war und ist, vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Aber die Schweiz wird nicht um die Erkenntnis herumkommen, dass sich die EU weiter entwickelt. Dass man Wege suchen muss, seine Stimme dort geltend zu machen, wo auch über unser Schicksal entschieden wird.
Bei den jetzigen Problemen mit dem Euro muss man ja eigentlich froh sein, nicht enger an die EU gebunden zu sein.
Nordmann: Das heisst aber nicht, dass man die bilateralen Verträge als endgültige Lösung sehen muss. Ich halte sie noch für gute Verträge. Doch selbst wenn man sie für den Königsweg hält, wie das die Freisinnigen offiziell tun, muss man sich bewusst sein, dass Könige auch sterben. Entscheidend ist, jetzt Alternativen zu erarbeiten, die man dann zur Hand hat, wenn es sie braucht.
Rhinow: Für mich ist es definitiv kein Königsweg, sondern ein vorübergehender, zweckmässiger und bislang realistischer. Er hat aber auch gravierende Nachteile, die gerne verschwiegen werden! Er bringt uns immer mehr in eine demokratische Abhängigkeit. Wir werden immer mehr EU-Gesetze übernehmen müssen – mit der Illusion, freier Vertragspartner zu sein. Es ist eigentlich eine Falle, in der wir sitzen. Wir müssen Wege finden, auch in und mit der EU über unser Schicksal mitbestimmen zu können.
Zum Schluss würden wir Ihnen gerne nochmals eine persönliche Frage stellen: Was unternehmen Sie, um möglichst lange körperlich und geistig fit bleiben?
Nordmann: Ich gehe ins Fitness, fahre Velo auf dem Hometrainer, spiele Golf, lese viel, gehe ins Theater und erfreue mich überhaupt an der Kultur. So kann ich mich immer noch weiterbilden.
Tönt alles extrem vernünftig. Welche Rolle spielt der Genuss in Ihrem Leben?
Nordmann: Eine grosse. Golf zum Beispiel ist für mich der pure Genuss. Man ist meistens in einer wunderschönen Umgebung und trifft nette Menschen.
Wir haben bei unserer Frage eher an Essen und Trinken gedacht.
Nordmann: Auch in dieser Beziehung lebe ich gerne genussvoll. Darum muss ich auch immer wieder ein Essen auf einen Modifast-Diätstängel beschränken, damit ich mich nicht plötzlich ausserhalb meiner gewichtsmässigen Leitplanken bewege.
Und Sie, Herr Rhinow?
Rhinow: Bei mir ist alles sehr ähnlich, ich bewege mich oft in der freien Natur, bin kulinarischen Genüssen sehr zugetan und muss auch immer wieder aufs Gewicht schauen. Es gibt nur einen einzigen grossen Unterschied zwischen uns zwei: Ich bin überzeugter Nicht-Golfer …
René Rhinow und Jean-Luc Nordmann
Diese beiden Männer haben vieles gemeinsam. Sie sind nicht nur gleich alt (69), sondern gingen schon zusammen in die Schule (Realgymnasium in Basel). Später politisierten sie im Jugendparlament für die Fraktion Kanton Basel. Noch vor der Abstimmung von 1969 änderten sie beide allerdings die Meinung – seither sind sie gegen eine Fusion der beiden Basel. Zusammenschlüsse seien allenfalls in einem Kanton Nordwestschweiz sinnvoll, sagt Rhinow. Aber dafür brauche es viel Zeit, ergänzt Nordmann, der wie sein Schulfreund der FDP beitrat. Bei aller Übereinstimmung gibt es auch Unterschiede: Rechtsprofessor Rhinow machte in der Politik eine ziemlich gradlinige Karriere, die ihn bis ins Präsidium des Ständerates führte. Nordmann machte sich nach gescheiterter Regierungsratskandidatur im Baselbiet vor allem ausserhalb der Politik einen Namen: als Direktor des Staatssekretariates für Wirtschaft (Seco).
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 13.04.12