Die Baselbieter Regierung und der bürgerliche Landrat erleiden eine schwere Niederlage. 60 Prozent der abstimmenden Bevölkerung sagen Nein zum Milliardenprojekt Elba. Der Kanton sollte nun die Chance nutzen, seine Verkehrspolitik neu zu denken.
Die Baselbieter Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben mit ihrem Nein zur Entwicklungsplanung Leimental – Birseck – Allschwil, kurz Elba, einen vernünftigen Entscheid getroffen. Gleichzeitig haben sie der rechtsbürgerlichen Mehrheit in Parlament und Exekutive, die bei Bildung und Kultur sparen, einen Denkzettel verpasst. Deutliche 61 Prozent der Abstimmenden sagen Nein zu teuren neuen Strassen, die es in ein paar Jahrzehnten vielleicht gar nicht mehr braucht.
Oder anders gesagt: Regierung und Landrat ist es nicht gelungen, der Bevölkerung in Zeiten der Finanzmisere die Weichenstellung für neue Infrastrukturprojekte mit geplanten Kosten von 1,8 Milliarden Franken schmackhaft zu machen. Von 86 Gemeinden im Baselbiet sagen nur deren drei Ja: Hauptprofiteur Allschwil, Schönenbuch und Wintersingen.
Abgeschreckt haben dürfte die Bevölkerung auch die Aussicht, dass sie für die neuen Strassen, wie dies Baudirektorin Sabine Pegoraro bereits in Aussicht gestellt hat, extra zur Kasse gebeten worden wäre, während sie gleichzeitig auf die Verbilligung des U-Abos verzichten muss.
Napoleon liess sich durch seine Verbannung auf Elba nicht lange von seiner aktiven Rolle in der Weltgeschichte abhalten.
Das Nein zu Elba ist für die Verkehrsplanung im unteren Baselbiet aber kein totaler Schiffbruch. Oder um zum Vergleich mit der gleichnamigen kleinen Mittelmeerinsel zu greifen: Napoleon liess sich durch seine Verbannung auf Elba nicht lange von seiner aktiven Rolle in der Weltgeschichte abhalten.
Der wenig umstrittene Zubringer Allschwil, also die Anbindung des prosperierenden Gewerbegebiets am Bachgraben an die Nordtangente, lässt sich auch ohne den Rest der umstrittenen Strassentangente um Basel realisieren. Vor allem aber kann die Baselbieter Regierung mit der massvollen und weitaus kostengünstigeren Elba-Variante «Umbau» Alternativen aus der Schublade ziehen – Alternativen, die nicht in Hinterzimmern von grünen Autofeinden entstanden sind, sondern von seriösen Fachleuten im Auftrag der Regierung skizziert wurden.
Das Nein zu Elba ist eine Chance für das Baselbiet, das verkehrspolitische Denkkorsett des letzten Jahrhunderts abzustreifen.
Die Baselbieter Regierung muss nun den Mut aufbringen, über ihren Schatten zu springen, und die «Umbau»-Variante zur Planungsreife bringen. Wenn Baudirektorin Pegoraro im Vorfeld der Abstimmung gesagt hat, dass ein Nein zur teuren Variante «Ausbau» nicht als Ja zur massvollen Alternative gedeutet werden kann, hat sie im Prinzip zwar recht. Aber nur im formaljuristischen Sinn. Denn ein Grossteil der Gegner der Vorlage hat stets betont, dass sie der Stossrichtung «Umbau», die auf neue Hochleistungsstrassen verzichtet, nicht ablehnend gegenüber stehen würden.
Das Nein zu Elba ist also eine Chance für das Baselbiet, das verkehrspolitische Denkkorsett des letzten Jahrhunderts abzustreifen. Eine Chance, die Agglomeration wirklich als urbanen und nicht als irgendwie doch noch ein bisschen ländlichen Raum zu verstehen. Es ist an der Zeit, auf eine Gewichtsverschiebung beim Modal Split hinzuarbeiten. Den privaten Autoverkehr als unverrückbare Grösse in der Verkehrsplanung zu verstehen, wie dies bei der Elba-Vorlage geschah, das ist Denken von gestern.