Delegationen aus fast 200 Ländern haben sich in Warschau zum Weltklimagipfel versammelt. Handeln wird zwingend, nur Verlautbarungen bringen der Welt nichts mehr.
Kofi Annan fand drastische Worte. Es gehe beim Kampf gegen den Klimawandel «ums Überleben», erklärte der frühere UN-Generalsekretär kurz vor Beginn des Weltklimagipfels in Warschau. Wie zum Beleg des Grauens brach in den vergangenen Tagen der Taifun «Haiyan» über die Philippinen und Vietnam herein und zog eine Schneise der Verwüstung. Tausende, möglicherweise Zehntausende Menschen starben.
In krassem Kontrast dazu stehen die routinierten Abläufe zum Auftakt der Warschauer Megakonferenz. Delegationen aus fast 200 Ländern versammeln sich in Polens Nationalstadion. Hinzu kommen Scharen von Experten sowie die Vertreter Dutzender Nichtregierungsorganisationen. Sie alle geben Verlautbarungen heraus und suchen den Weg in die Öffentlichkeit. Die deutsche Bundesregierung beispielsweise hat schnell noch ein «Jahr der Ambitionen» im Klimaschutz ausgerufen. Das klingt schön und kostet nichts.
Ständige Warnrufe genügen nicht
Am Rande der Apokalypse, so könnte man meinen, beherrschen Technokraten und PR-Strategen die Szene. Doch das griffe zu kurz. So entsetzlich das Wüten des Taifuns in Asien ist: Ständige Warnrufe im Superlativ helfen kaum weiter. Der Daueralarm wird die Schöpfung nicht bewahren, sondern beim gemeinen Homo sapiens eher zu Abstumpfung führen. Vielmehr sind Klimagipfel wie in Warschau ein Wert an sich. Wie anders sollte es gelingen, die Staaten der Welt zusammenzubringen und zum Handeln zu zwingen?
Es ist ja wahr: Bislang ersetzen in der Klimapolitik allzu oft erklärte Ambitionen die echten Aktionen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass sich einzelne Staaten in der Masse der Gipfelteilnehmer zu verstecken versuchen. Die Mutigen jedoch könnten sie, wenn sie wollten, ans Licht zerren. Sie müssten dazu klare Ziele setzen und diese mit eigenen Taten untermauern.
Gefordert wäre in diesem Sinne vor allem die EU. Die Europäer haben mit ihrer jüngsten Einigung über eine Reform des Emissionshandels immerhin ein grünes Zeichen gesetzt. Es wird allerdings von roten Stoppsignalen überstrahlt, die nicht nur Gipfelgastgeber Polen aussendet. Premier Donald Tusk beharrt demonstrativ auf dem Status des Kohlelandes. Aber auch die selbst ernannten Energiewende-Helden in Deutschland etwa haben mit ihrer Industriepolitik vieles falsch gemacht – Stichwort CO2-Ausstoss bei Autos. Und auch in der Schweiz besteht weiter Handlungsbedarf. Das ist bitter, denn es geht ums Überleben.