Basel, hör auf zu quengeln!

Der Riesenwirbel um die Traditionsgugge «Negro-Rhygass» und ihr Logo zeigt:  Zu einer vernünftigen Rassismusdebatte ist diese Stadt nicht in der Lage. Eine liebevolle Intervention.

Die «Negro»-Debatte, gesehen von Tom Künzli.

Liebes Basel

Ich duze Dich. Wir kennen uns schon lange, ich nehme mir das jetzt einfach raus. Was ich Dir sagen will, soll ankommen. «Fadegrad» und ohne störende Formalitäten.

Ich schäme mich für Dich.

Ein Student war irritiert darüber, dass sich eine Guggenmusik in Basel im Jahr 2018 noch «Negro» nennt und im Logo ein schwarzes Männchen mit dicker Lippe, Baströckchen und Knochen in den Haaren zeigt.

https://tageswoche.ch/stadtleben/des-einen-rassismus-ist-des-andern-tradition/

In einer perfekten Welt hätte zu diesem Zeitpunkt eine Diskussion eingesetzt. Fragen wären aufgeworfen worden, weshalb sich allenfalls gewisse Menschen an diesem Logo und Namen stören könnten. Andere wiederum hätten erwidert, dass dies historische Gründe habe und keinesfalls auf eine rassistische Gesinnung rückschliessen lasse. 

In einer perfekten Welt hätte man sich gegenseitig zugehört. Man hätte versucht, sich auf die Sichtweise des anderen einzulassen und sich vielleicht da und dort sogar einsichtig gezeigt. Die Diskussion hätte irgendwann ihr vorläufiges Ende gefunden und beide Seiten wären ihren Weg gegangen mit dem guten Gefühl, im Grunde doch eigentlich das Gleiche zu wollen.

Doch Du, Basel, dachtest Dir: «SO NICHT, nicht mit mir!» Du hast damit angefangen, halbe Sätze in Grossbuchstaben zu schreiben. Mindestens ein Ausrufezeichen hinter jeden Deiner Sätze zu setzen. Du bist laut geworden.

Dem erwähnten Studenten und seinen Gesinnungsgenossen hast Du es gegeben, aber so richtig. Du hast seine Kritik mit bissiger Ironie der Lächerlichkeit preisgegeben. Und nicht nur das, du hast auch so getan, als würde Dir jemand die Fasnacht vermiesen wollen. Unterbeschäftigte Studenten, übersensible Gutmenschen, irgendwer aus dieser Ecke halt. Kritiker werden zu Spielverderbern und wer mag die schon? Niemand.

Das, liebes Basel, ist keine originelle Strategie. Seit Anbeginn der Zeit halten sich kleine Kinder brüllend die eigenen Ohren zu, um die schimpfende Mutter nicht hören zu müssen. 

Basel, du quengelst. Eine etwas kindische Reaktion, findest Du nicht? Schau doch mal in den Spiegel:

Gefällt Dir das?

Eins muss man Deinem Quengeln lassen: Es ist verdammt bequem. Du hast die Kritik umgedeutet, zurückgespielt – und schon bist Du selbst das Opfer. Jetzt darfst Du ungehemmt rumschreien, toben und musst Dich nicht mehr damit auseinandersetzen, worum es eigentlich geht.

Inzwischen gibt es schon eine Bewegung, die sich für die angeschlagenen Gugggen starkmacht. Eine Kundgebung ist angekündigt, auf Facebook haben Menschen Mohrenköpfe als Profilbild und schreiben #jesuisnegro.

Damit leihst Du Dir, Basel, den Solidaritäts-Hashtag für Terroranschläge aus. Und setzt eine Diskussion über ein aus der Zeit gefallenes Cliquenlogo mit tödlicher Gewalt gleich. 

Glückwünsch, Du Drama-Queen. Damit bist Du von kindisch zu pubertär aufgestiegen. Eine Entwicklung ist also erkennbar.

Hab dich lieb!
Matthias

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