Basel zeigt Haltung, Morin schaut zu

Haltung zeigt sich in Taten, nicht in Worten. Regierungspräsident Guy Morin hat am Sonntag beim Mondfest eine gute Gelegenheit verpasst.

Und so hat Illustrator Tom Künzli die Ereignisse am Sonntag beim Mondfest gesehen. Mehr von ihm: tageswoche.ch/+bhift

Haltung zeigt sich in Taten, nicht in Worten. Regierungspräsident Guy Morin hat am Sonntag beim Mondfest eine gute Gelegenheit verpasst.

«Basel zeigt Haltung. Für Offenheit und Fairness. Gegen Fremdenfeindlichkeit.»: Die Plakatkampagne des Präsidialdepartements unter Guy Morin hängt derzeit in der ganzen Stadt. Am vergangenen Sonntag hätte der Regierungspräsident selbst Haltung zeigen können.

Seite an Seite mit der chinesischen Botschafterin feierte er auf dem Münsterplatz das Mondfest. Unter seinen Augen rangen chinesische Sicherheitskräfte eine offenbar friedliche Frau zu Boden und entrissen Demonstranten tibetische Flaggen und Plakate, wie ein Video zeigt.

Welch eine Chance für einen Regierungspräsidenten, Haltung zu zeigen! Er hätte couragiert das Wort ergreifen und das Handeln der Sicherheitskräfte stoppen können. Er hätte die offizielle Ansprache der Botschafterin abwarten und danach zwischen beiden Seiten vermitteln können. Er hätte die Tibeter zu einem Dialog einladen und zeigen können, dass Basel immer noch jene so weltoffene und humanistische Stadt ist, als die er sie gerne präsentiert.

Unzählige Chancen, um zu beweisen, dass seine Worte nicht nur auf dem Papier Gültigkeit haben. Morin aber schwieg.

Erst ganz am Ende der Veranstaltung, sichtlich nervös, richtete er seine Worte kurz an das halbe Dutzend Demonstranten. Und verwies diese vieldeutig und missverständlich auf die Gastfreundschaft der Schweiz, die sie vermeintlich erleben durften.

Morin muss sich nun Fragen gefallen lassen. Er muss sich fragen lassen, weshalb er schweigt, wenn chinesische Botschaftsmitarbeiter in Basel Demonstranten attackieren. Wie das zu verstehen ist, wenn er Schweizer auf deren tibetischen Migrationshintergrund hinweist. Ob politische Flüchtlinge sich für ihr Asyl mit Schweigen bedanken müssen. Und er muss sich fragen lassen, wie viele Kompromisse er für die Städtepartnerschaft mit Schanghai eingehen und was er dafür alles aufgeben will.

Völlig unverständlich verweigert er aber auch drei Tage später jedes Gespräch.

Haltung zeigt sich in Taten, nicht in Worten. Morin hat die Chance verpasst. Das schadet der Glaubwürdigkeit seiner Kampagne, vor allem aber seiner eigenen.



Guy Morin am Mondfest.

Guy Morin am Mondfest: Haltung hätte er von Basel gerne, aber lieber nicht bei Besuchen der chinesischen Botschafterin. (Bild: Aurel Fischer)

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