Der Wahnsinn beginnt bereits im Kindergarten. Lehrpersonen müssen Vier- bis Sechsjährige bereits nach Fachbereichen bewerten. Sortiert das Kind die Klötzchen richtig? Kann es schon bis zehn zählen? Diese Fragen haben im Kindergarten nichts verloren.
In der Primarschule geht es dann weiter mit regelmässigen Lernkontrollen und Bewertungen. Dabei herrscht ein Leistungsdruck, bei dem man nur hoffen kann, dass sich die Kinder trotz Schulbesuch gut entwickeln.
Lernberichte und Zeugnisse sind gut gemeint. Sie sollen zeigen, was Kinder können, was sie nicht können, und wo man sie fördern sollte. Die Nebenwirkung der Bewertungen ist aber, dass Eltern bei ihren Kindern nur noch Defizite sehen. Die Kinder bekommen das mit und lernen, dass in der Schulwelt nur die Leistung zählt.
Richtig so, sagen die Druckmacher. Denn die Kinder müssten auf die harte Lebensrealität vorbereitet werden.
Wir brauchen mehr Vertrauen in die Kinder und Lehrpersonen.
Das mag in Teilen stimmen. Aber müssen das wirklich schon Vierjährige lernen? Müssen Erstklässlerinnen und Erstklässler permanent Tests absolvieren? Die Überprüfungs-Maschinerie in der Schule schafft bald mehr Leistungsdruck, als wir es aus dem Erwachsenenleben kennen. Oder wie oft werden Sie bei Ihrer Arbeit von Ihrem Vorgesetzten überprüft und bewertet?
Kindergarten und die ersten Schuljahre sollten Kindern ermöglichen, spielerisch zu lernen und ihr Interesse an der Welt zu entdecken. Vor allem sollten sie den Kindern den Freiraum geben, den sie brauchen, um sich im eigenen Tempo entwickeln zu können.
Es ist immer leichter, den Druck zu erhöhen als zu senken. Ohne Lernberichte und Zeugnisse fehlt die Rechtfertigung der schulischen Arbeit vor den Eltern und der Politik. Es braucht Mut, den Lehrpersonen mehr Freiheiten zu geben und nicht ständig auf Belege für den Lernerfolg ihrer Schülerinnen und Schüler zu pochen. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Kinder und Lehrpersonen und weniger Kontrolle. Nur damit stoppen wir den Leistungswahn.