Oskar Kämpfer ist ein Mann, den man selten zufrieden sieht. Der Baselbieter SVP-Chef ist ein knochenharter Anwalt in eigener Sache, vorzugsweise angriffig, zuletzt aber vor allem festgebissen in Verteidigungsstellung. Kämpfer muss abwehren, was gegen seinen Regierungsrat Thomas Weber anrollt.
Und das ist einiges: Weber steht unter Verdacht, die Baselbieter Wirtschaftskammer sowie die Gewerkschaften – die Sozialpartner bei den Arbeitsmarktkontrollen – über eine geplante Strafanzeige aus seiner Direktion informiert zu haben. Er soll Unterlagen zur Anzeige angeboten und ein klärendes Gespräch angeordnet haben.
Unerwarteter Beistand
Es sind schwere Vorwürfe, die derzeit von der Baselbieter Staatsanwaltschaft geprüft werden. Juristen in der eigenen Direktion sprechen vom Tatbestand der Begünstigung, der im Raum stehe. Ein Kaderbeamter sieht die direkte Verantwortung dafür beim Volkswirtschaftsdirektor. All das geht aus internen Dokumenten hervor, die unter anderem von der TagesWoche publik gemacht worden sind. Weber bestreitet diese Darstellung, entlastendes Material kann oder will er nicht zur Verfügung stellen.
In diesen schwierigen Tagen ist Oskar Kämpfer gefordert; rund um Weber ist es einsam geworden, die CVP ist auf Distanz gegangen, die SP verlangt eine rasche Klärung, spricht davon, dass «nicht einmal mehr die schlichtesten Regeln rechtsstaatlicher Verfahren eingehalten werden».
Am Sonntag, in der Talk-Sendung von «Telebasel» erhielt Kämpfer nun unerwarteten Beistand. Neben ihm sass der Basler SP-Regierungsrat Christoph Brutschin – und verteidigte Weber gut gelaunt durch alle Böden.
«Ich bin überrascht, dass jetzt plötzlich Thomas Weber im Mittelpunkt dieser Thematik stehen soll», setzte Brutschin an. Involviert in die strittigen Fragen um den Maler-Gipser-Gesamtarbeitsvertrag seien schliesslich die Sozialpartner, «doch plötzlich schiesst man auf die Ambulanz und die Ambulanz wird von Thomas Weber gefahren». Nach der Metapher wurde Brutschin konkret: «Ich denke, mit ihm hat das nichts zu tun, er muss das jetzt ausbaden.»
«Ich habe mit Thomas telefoniert»
Weber hatte auf die Enthüllungen mit einer Pressekonferenz reagiert, die mancherorts als Befreiungsschlag gedeutet wurde. Zudem reichte er die Strafanzeige, die er zuvor verzögert hatte, umgehend ein. Aufklärung über die zentralen Vorwürfe brachte die Medienkonferenz nicht. Weber beschuldigte seine eigenen Juristen, die Sache falsch verstanden zu haben. Eine Dokumentation dazu blieb er schuldig.
Trotzdem sagte Brutschin im Fernsehen: «Er hat nichts gemacht, wofür es einen Befreiungsschlag benötigt.» Woher weiss Brutschin das, hatte er etwa umfassende Akteneinsicht, hat er mit den Juristen aus Webers Direktion gesprochen? «Ich habe mit Thomas telefoniert», sagt der SP-Mann.
Den Basler Volkswirtschaftsdirektor beschäftigen zwei andere Dinge in der Causa Weber. Die Medien, welche angeblich schlecht berichtet hätten. Und die mutmassliche Amtsgeheimnisverletzung.
«Ich habe das intern mit meinen Leuten besprochen: Das fände ich das Schlimmste, wenn die eigenen Leute Sachen an die Medien spielen», sagte Brutschin. Dass Webers Hinterzimmergespräche rechtsstaatlich hochproblematisch sind – kein Thema für Brutschin. Die Weitergabe der belastenden Dokumente hingegen findet er «unterste Schublade».
Dass durch die Indiskretionen mögliche Straftaten verhindert wurden und die Kungelei mit der Wirtschaftskammer vorerst gestoppt wurde: Interessiert Brutschin nicht. Genauso wenig wie die Wirtschaftskammer überhaupt. Ob das Problem Thomas Weber ein Problem der Wirtschaftskammer sei, will der Moderator des Telebasel-Talks wissen: «Kann ich nicht beurteilen, da bin ich zu weit weg davon.»
Nach seiner Verteidigungsrede nickt Brutschin Kämpfer lächelnd zu. Der nickt lächelnd zurück.
Selbst wenn man es Brutschin als feinen Zug zugute halten will, dass er seinem Amtskollegen zur Seite springt, sind seine Aussagen befremdend. Er bremst damit nicht nur die dringend nötige umfassende parlamentarische und juristische Aufarbeitung der Vorgänge im Baselbiet. Er desavouiert auch die Baselbieter SP und er erschwert die Arbeit der Staatsanwaltschaft.
Ob bewusst oder nicht offenbart Christoph Brutschin ein problematisches Selbstverständnis als Regierungsrat.
Brutschin ignoriert auch weitere Enthüllungen zum Thema. Das SRF-Regionaljournal hat vor wenigen Tagen die Aussage eines Belastungszeugen bei der Baselbieter Staatsanwaltschaft publik gemacht. Ein ehemaliger Chefbeamter sagte aus, die Wirtschaftskammer habe die Leistungsvereinbarung des Kantons über die Auslagerung der Schwarzarbeitskontrollen quasi selber verfasst. Weber habe auf interne Kritik abwehrend reagiert, Ärger mit der Wirtschaftskammer solle unbedingt vermieden werden.
Die Aussagen werden bestritten, doch die Baselbieter Staatsanwaltschaft hat einen ausserkantonalen Staatsanwalt mit der Klärung der Vorwürfe betraut.
Was bezweckt Christoph Brutschin? Will er Thomas Weber, wichtiger Partner der Stadt bei der geplanten Spitalfusion, schützen? Das wäre das edlere Motiv, das zur Auswahl steht.
Das weniger edle hat mit einem problematischen Selbstverständnis als Regierungsrat zu tun: Skandale haben intern zu bleiben, selbst gravierende rechtsstaatliche Konflikte sollen auf dem kurzen Dienstweg gelöst werden.
Jahrelange Intransparenz
Seit Jahren werden der Wirtschaftskammer im Baselbiet Steuergelder für allerlei Leistungen zugesprochen, nicht immer transparent, nicht immer korrekt, oft begleitet von Filzvorwürfen. Thomas Weber hat dieses System nicht erfunden, aber er folgt den ungeschriebenen, überlieferten Regeln dieses Systems und festigt es damit.
Wie auch Christoph Brutschin mit seinen Äusserungen.