Spitzenpolitiker und Chefbeamte ohne Mass, wichtige Unternehmen ausser Kontrolle: In den beiden Basel braucht es grundlegende Veränderungen.
Man kommt fast nicht mehr mit bei den vielen Enthüllungen, die es in den letzten Tagen und Wochen gab. Erst die Affäre um die Basler Kantonalbank, dann um die Basler Verkehrsbetriebe und schliesslich wurde auch noch bekannt, dass mehrere Baselbieter Regierungsräte und Chefbeamte Honorare über Hunderttausende von Franken für sich behielten, anstatt sie dem Kanton abzuliefern.
In den Kommentaren der Medien war danach viel von einem «Niedergang der öffentlichen Moral» die Rede. Etwas ruhiger gab sich nur die «Neue Zürcher Zeitung». Die Gier habe sich im Baselbiet eher beiläufig breit gemacht, diagnostizierte Nordwestschweiz-Korrespondent Daniel Gerny: «Niemand bemerkte, welcher hochexplosive Diskurs über Löhne und Boni landesweit im Gange war, als man gewohnheitsmässig die Staatskasse prellte. Zu Gesetzesverstössen und Habsucht gesellte sich Lethargie.» Diese Teilnahmslosigkeit sei typisch fürs Baselbiet.
Das sind keine guten Voraussetzungen dafür, dass die Enthüllungen etwas in Gang bringen, auch wenn die Aufregung jetzt gross ist.
Wars das also?
Es wäre nicht gut. Dafür sind die Probleme viel zu offensichtlich und grundlegend.
Die drei entscheidenden Punkte
Erstens fehlt einer Reihe von Politikern, Spitzenbeamten und Verantwortlichen in den staatsnahen Betrieben das Mass.
Zweitens fehlt die Transparenz, was in den entscheidenden Gremien der Kantonalbanken, der Verkehrsbetriebe, der Hochschulen, der Energieversorger, der Spitäler, der Messe und so weiter läuft und wer wofür bezahlt wird.
Drittens fehlt die Kontrolle.
Was jetzt passieren muss
Den Regierungsräten und Chefbeamten muss wieder klar gemacht werden, warum sie in den entsprechenden Verwaltungs- und Hochschulräten sitzen: um unsere Interessen zu vertreten. Sie sollen dafür sorgen, dass all die Dienstleistungen, die für die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft zentral sind, möglichst gut und möglichst günstig erbracht werden. Wobei im halbststaatlichen Bereich selbstverständlich die gleichen Prinzipien wie im staatlichen gelten sollten: ein anständiger Umgang mit den Arbeitnehmern und eine transparente Informationspolitik.
Dazu gehört, dass die Unternehmen ihre Strategien, ihre Finanzierung, ihre Entschädigungen und ihre Aufträge offenlegen, zumindest gegenüber der Geschäftsprüfungskommission. Nur so ist es dem Parlament möglich, die Oberaufsicht, die es laut Gesetz hat, auch tatsächlich wahrzunehmen und Fehlentwicklungen frühzeitig aufzudecken.
Geldgeber werden verschwiegen und Arbeitnehmer ausgenutzt.
Davon sind die beiden Basel weit entfernt, nicht nur in den Unternehmen, die jetzt gerade in den Schlagzeilen sind. Die Spitäler oder Stromversorger zum Beispiel machen aus ihrer Geschäftspolitik ebenso ein Geheimnis wie die Kantonalbanken. Selbst die Universität verschweigt ihre Geldgeber und vertuscht so den Einfluss der Wirtschaft auf Forschung und Lehre, während die Messe Basel die Arbeiter, die die neusten Prunkbauten aufziehen und die Stände für die Luxusuhren aufbauen, mit Dumpinglöhnen ausbeuten.
Den Schneid abgekauft
Das sind alles Missstände, die von den Regierungsräten, Chefbeamten und übrigen Politikern nicht verhindert werden, obwohl sie in den entscheidenden Gremien der staatsnahen Unternehmen sitzen.
Vielleicht, weil sie dort gegenüber den Vertretern der Wirtschaft tatsächlich nicht viel ausrichten können und irgendwelchen Sachzwängen ausgeliefert sind.
Vielleicht wollen sie aber auch gar nichts mehr dagegen unternehmen, weil sie sich schon längst vereinnahmen haben lassen, durch fette Honorare, Sitzungsgeldern von 500 Franken pro Stunde und andere Geschenke.
Selbstverständlich ist das nur eine Mutmassung. Aber ein Regierungsrat oder Spitzenbeamter dürfte sich nur schon diesem Verdacht niemals ausliefern.
Darum ist es richtig, wenn jetzt verlangt wird, dass die Sitzungsgelder auf ein moderates Mass gesenkt werden und die Staatsvertreter auch in Basel ihre Honorare abliefern müssen. Ebenso richtig sind die Bestrebungen, bei Unternehmen wie der BKB Schluss zu machen mit der Praxis, dass die Parlamentarier sich selbst und ihren Kollegen die interessanten Verwaltungsratsmandate zuschanzen. In einem sauberen System hat niemand die Oberaufsicht über sich selbst.
Solange solche Selbstverständlichkeiten nicht eingehalten werden, geht es in den nächsten Wochen und Monaten wohl gleich weiter wie in den letzten: mit einer Affäre nach der anderen.