Der Untergang des Abendlandes

Europa wähnt sich in einer Flüchtlingskrise. Darüber können sie im Nahen Osten nur lachen. Das Schlimme daran: Sie nehmen uns als Hüter der Menschenrechte nicht mehr ernst.

Macht die Grenzen auf! Ein Flüchtling in Idomeni vor dem Grenzzaun als Symbol für Europas Abschottungspolitik.

(Bild: MARKO DJURICA)

Europa wähnt sich in einer Flüchtlingskrise. Darüber können sie im Nahen Osten nur lachen. Das Schlimme daran: Sie nehmen uns als Hüter der Menschenrechte nicht mehr ernst.

Es ist ein Nebenaspekt, versteckt am Ende unseres Beitrags über Flüchtlingskinder in Basler Schulen. Aber er verrät einiges über unseren Umgang mit Asylbewerbern: Baselland verzichtete bislang auf eigene Integrations- und Berufswahlklassen und schickte «seine» jungen Flüchtlinge in die Stadt zum Unterricht. Damit ist nun Schluss, denn mittlerweile leben so viele asylsuchende Jugendliche in Basel-Stadt, dass keine Platz für «Ausserkantonale» mehr bleibt.

Kaum kommen mehr Flüchtlinge, als die Bürokratie in unserer heilen Welt vorsieht, gelangen wir an unsere Grenzen. Das nennen wir dann Flüchtlingskrise. Im Nahen Osten können die Menschen darüber nur lachen. «Welche Flüchtlingskrise?», fragen Freunde des Migrationsforschers Kamel Dorai in Jordanien, wenn sie die Europäer jammern hören.

«Niemand im Nahen Osten glaubt mehr an Europas Rolle als Hüter der Menschenrechte.»

Denn dort geht es nicht um Tausende. Dort sind es fast drei Millionen. Die Hälfte der jordanischen Bevölkerung bilden Flüchtlinge aus Palästina, Irak und Syrien. Dorai sagt im Interview: «Die Jordanier sehen in den Medien, wie Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrinken und fragen sich: Wie konnte es so weit kommen, dass die Staaten, die sich als Verfechter der Menschenrechte gebärden, so etwas zulassen?»

Abgesehen von den verlorenen Menschenleben liegt darin für Kamel Dorai die schlimmste Konsequenz der europäischen Flüchtlingspolitik: «Niemand im Nahen Osten glaubt mehr an Europas Rolle als Hüter der Menschenrechte.»

Das Verdikt ist klar und selbstverschuldet: Es ist der Untergang des Abendlandes als Hort der Humanität.

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