Er hatte zuerst Nein gesagt. Und dann für die Frauen gekämpft. Pierre Triponez, Gewerbedirektor und FDP-Nationalrat, gilt als Vater der Mutterschaftsversicherung. Dreimal hatte das Volk gegen konkrete Vorschläge gestimmt und die Mutterschaftsversicherung dann 2004, beim vierten Mal, mit 56 Prozent befürwortet. Neu war, dass Männer Frauenanliegen vertraten und gewannen.
Er habe einfach Angst gehabt vor weiteren schlechten Lösungen, sagte Triponez pragmatisch am Tag der Abstimmung gegenüber Medien. Der Gewerbeverband machte allerdings schon an jenem 26. September 2004 klar, dass jeder weitere Sozialausbau bekämpft werde.
Frauen für die Männer
Und an diesem Punkt sind wir jetzt. Nur geht es diesmal um die Männer. Vier Wochen Vaterschaftsurlaub sollen sie künftig erhalten statt nur eines Tages, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Mehr als dreissig Vorstösse für eine bezahlte Vaterzeit sind im Parlament gescheitert. Diese Woche hat Travail suisse die Volksinitiative eingereicht. Es waren die Frauen, die dies möglich machten. Von den über 100’000 eingereichten Unterschriften sind rund 70 Prozent von ihnen. Dabei ist die grösste Gruppe, also 40 Prozent, zwischen 25 und 34 Jahre alt und kommen vor allem aus den Städten Zürich und Bern.
Bei diesen Werten handelt es sich zwar erst um eine Hochrechnung. Doch das Engagement deckt sich mit dem, was man derzeit beobachten und lesen kann: Viele Frauen wollen keine Väter, die gleich wieder ins Büro rennen. Und sie sind für den Vaterschaftsurlaub, weil er ihnen nützt.
Anders und doch gleich
Vor 13 Jahren stimmten ältere Frauen gegen den gesetzlichen Mutterschutz und sagten den jüngeren: «So was gab es bei uns auch nicht.» Es stimmt: Der Vater kümmerte sich um das Geld der Familie, die Mutter besorgte die Erziehung. Er definierte sich über seine Arbeit, sie sich über die Kinder. Das hat sich geändert. Die jungen Frauen studieren zuerst, machen Karriere, bekommen später Kinder. Immer mehr Männer haben oder wollen ein Teilzeitpensum und selber mehr Zeit in die Familie investieren.
Seit 2004 hat sich einiges geändert. Viel hat man diskutiert in diesem Land über Familie und Beruf. Auch die Wirtschaft hat erkannt, dass sie deren Vereinbarkeit unterstützen muss, wenn sie das nicht dem Staat überlassen will. Die Basler Konzerne Novartis und Roche etwa unterstützen flexible Arbeitszeiten und bieten den frisch gewordenen Vätern schon jetzt mehr, als gesetzlich vorgeschrieben ist.
Zwar hat auch der Basler Gewerbeverband das Problem erkannt, will den Sozialstaat aber nicht weiter ausbauen. Zu gross seien die Kosten für einen Vaterschaftsurlaub für KMU-Betriebe. Jetzt wartet der Verband den absehbaren Gegenvorschlag ab. Der Vaterschaftsurlaub soll wie die Mutterschaftsversicherung über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden. Bei einem Monatslohn von 6000 Franken kostet das pro Monat so viel wie eine Tasse Kaffee.
Auch jetzt unterstützt ein Mann die Volksinitiative, Laurent Wehrli ist Romand und FDP-Nationalrat. Er glaube, sagte er dem «Tages-Anzeiger», dass viele Unternehmen den jüngeren Mitarbeitenden attraktive Arbeitsbedingungen bieten müssten. Den Jungen wird heute in der Arbeitswelt nämlich bereits viel geboten. Wer sie im Betrieb halten will, muss mithalten können.
Die Mutterschaftsversicherung hatte einen Vater. Und der Vaterschaftsurlaub hat bereits viele Mütter.