Die Schweiz ist keine Insel

Asylpolitik: Warum hat sich die Schweiz in den letzten Jahrzehnten von ihrer humanitären Tradition verabschiedet?

danisuperstar

Warum hat sich die Schweiz in den letzten Jahrzehnten von ihrer humanitären Asylpolitik verabschiedet? Dieser Frage geht die TagesWoche in der Titelgeschichte der Wochenausgabe 34/2013 nach.

Der Graben wird immer grösser. Auf der einen Seite die viel beschworene humanitäre Tradition der Schweiz. Auf der anderen die Realität: Seit zwanzig Jahren wird das Asylrecht nur noch verschärft.

Angefangen hat es mit der Einführung von Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, mit denen der Bundesrat erstmals den Forderungen der Rechten nachgab. Doch statt ihr damit den Wind aus den Segeln zu nehmen, blies man hinein.

Heute haben wir eine sozialdemokratische Justizministerin, die vollends damit ausgelastet ist, die von ihren Vorgängern – und dem Stimmvolk – beschlossenen Verschärfungen durchzusetzen. Sich humanitär zu zeigen, ist in ihrer Situation ein Ding der Unmöglichkeit. Denn nur schon für eine halbwegs menschliche und effiziente Asyl­politik fehlen Simonetta Sommaruga – vor allem dank ihres Vorvorgängers – schlicht die Mittel, wie der ehemalige Flüchtlingsdelegierte Peter Arbenz im Interview sagt.

Rayonverbote und Zwangsausschaffungen gehören längst zum Alltag und geben allenfalls im Sommerloch zu reden. Oder im Ausland, wo man uns gern als Rassisten hinstellt. Dabei hat sich die Schweiz nur dem umliegenden Europa angepasst.

Bremgarten? Ein Missverständnis. Und wenn nicht, so doch nur eine Lappalie. Verglichen mit dem, was in Europa und der Welt passiert, laden wir immer nur ein bisschen Schuld auf uns. Gerade jetzt sind wir wieder dabei: Die Tamilen sollen zurück in ihre Heimat. Wie heikel das Ansinnen ist, zeigt die Geschichte eines Betroffenen von Michael Rockenbach.

Sind wir also Rassisten? Natürlich nicht. Zu­mindest nicht alle. Es gibt sogar jene, die sich heute noch für Asylsuchende einsetzen. Doch sie haben einen schweren Stand, wie die Geschichte von Philipp Loser und Urs Buess aufzeigt. Fest steht eins: Eine humanitäre Insel ist die Schweiz längst nicht mehr. Wenn sie es denn je war.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 23.08.13

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