Die Basler SVP will die anderen Parteien im Wahlkampf wieder übertönen. Darum stellt sie einen ganzen Forderungskatalog auf, der neben einer möglichst effektiven Überwachung auch die Verdrängung von Randständigen und «Asylanten» aus dem Stadtbild bringen soll. Das hat gerade noch gefehlt.
Man kann den Ärger der SVP ja verstehen.
Sie war es, welche die extrem hohe Kriminalität in Basel – beziehungsweise das Thema – erfunden hat. Schon vor Jahren, als die Delikte noch gar nicht zunahmen. Doch das war der Partei egal. Hauptsache, die Forderung nach mehr Polizei, viel mehr Polizei liess sich mit irgendwelchen aufgebauschten Statistiken rechtfertigen. Und die Ängste in der Bevölkerung bewirtschaften.
Nun schreiben und reden aber plötzlich alle nur noch von der Sicherheit.
Die Basler Zeitung (möglichst häufig, möglichst drastisch, das wäre der SVP ja noch recht.)
Die Linke (möglichst differenziert und eher hilflos, auch damit könnte die SVP noch gut leben.)
Die anderen bürgerlichen Parteien (möglichst scharf, was für die SVP schon sehr viel unangenehmer ist).
So muss sich die Partei nun dagegen wehren, dass ihr das Lieblingsthema «Kriminalität» von der Konkurrenz geklaut wird – ausgerechnet jetzt, kurz vor den Wahlen, dem Showdown vom 28. Oktober.
Darum ist ihr Ärger verständlich. Und ihre Kritik an der bürgerlichen Konkurrenz («scheinheilig!», «unglaubwürdig!»). Dennoch ist ihr Gegenschlag massiv übertrieben.
Ihre neusten – wenn auch teilweise altbekannten – Forderungen präsentierte die SVP am Dienstagnachmittag an einer Pressekonferenz in der «Schlüsselzunft». Dabei verlangte sie neben mehr Polizei unter anderem:
> eine 24-Stunden-Überwachung des Rheinbords durch einen privaten Sicherheitsdienst
> die Videoüberwachung des Rheinbords und aller anderen Hotspots
> Randständige und Alkoholiker weg vom Centralbahnplatz
> Expressverfahren gegen «kriminelle Asylanten»
> Asylheime nur noch ausserhalb der Quartiere, zentrale Unterkunft für «delinquierende und renitente Asylanten»
> Brechmittel- und Abführmittel zur einfacheren Überführung von Kügelidealern
Das sind alles Massnahmen, die im besten Fall zu einer Verschiebung von Problemen und unliebsamen Nebenerscheinungen führen (wie die Videoüberwachung, der private Sicherheitsdienst am Rheinbord). Und im schlechteren Fall menschenverachtend sind (wie die Vertreibung der Asylsuchenden aus den Quartieren und der Randständigen vom Bahnhof, Brechmittel für Dealer).
Man kann nur hoffen, dass die Basler Bürgerlichen und Mittepolitiker bald wieder zur Vernunft kommen. Und aufhören, sich mit Forderung nach immer mehr Ruhe und Ordnung zu überbieten, sobald der Wahlkampf vorbei ist. Sonst endet der ganze Sicherheitshype in einem Polizeistaat, in dem man nicht einmal mehr gemütlich am Rhein sitzen kann, ohne gleich mehrfach überwacht zu werden.
Wenn man einzelne Politiker so reden hört, beginnt man allerdings zu zweifeln, dass sich die Vernunft tatsächlich noch durchsetzen wird. Und dass die Relationen bald wieder gesehen werden.
Beispiel gefällig? SVP-Vize Eduard Rutschmann, der nach dem tatsächlichen Ansteigen der Delikte im vergangenen Jahr nun selbst einen Vergleich mit Somalia noch für angebracht hält, wie er an der Pressekonferenz vom Dienstag zu verstehen gab.
Basel – kaum besser als ein gescheiterter Staat, der im Bürgerkrieg versinkt. Mit Menschen, die erbärmlich Hunger leiden.
Was soll man dazu noch sagen? Am besten wohl gar nichts mehr.