Wie die Parteileitung der FDP Schweiz mit aufmüpfigen Mitgliedern umspringt, ist dieser Partei nicht würdig.
Eine Woche ist es her, seit wir zum letzten Mal etwas von Claudine Esseiva, der Generalsekretärin der FDP Frauen, gehört haben. Sie sagt nichts mehr in der Öffentlichkeit, im Bundeshaus ist sie nicht zu sehen. Sie ist untergetaucht. Oder genauer: Sie wurde kaltgestellt. Die Männerriege in der Parteileitung der FDP Schweiz um Präsident Philipp Müller und Generalsekretär Stefan Brupbacher arbeitet schon länger an der Demontage von Esseiva. Noch vor der Abstimmung über den Familienartikel, bei dem die FDP Frauen gegen ihre Mutterpartei (man müsste wohl eher Vaterpartei sagen) kämpften, setzte Philipp Müller alles daran, die aufmüpfige Generalsekretärin zum Schweigen zu bringen.
Das ist ihm nun gelungen. Dazu brauchte es nicht viel mehr als die Drohung einer Änderungskündigung, wie der «Sonntag» im Nachgang zu unserer Geschichte vor einer Woche enthüllte.
Zwei Dinge stören
Nun. Es ist Sache der FDP, wie sie mit Angestellten umgeht. Vielleicht war Esseiva zu laut, vielleicht hatte sie zu viel Aufmerksamkeit in den Medien, vielleicht – ach, was wissen wir schon. Zwei Dinge stören allerdings am internen Streit der Freisinnigen.
Erstens ist es feige, zuerst vor Journalisten über Esseiva und die «Feministen» von den FDP Frauen herzuziehen und danach jegliche Zitate zurückzuziehen. Nicht nur der TagesWoche und dem «Sonntag» ging es so. Verschiedene Medien (siehe Rückseite) berichteten diese Woche ebenfalls über den Streit in der nationalen FDP und sie alle erlebten dasselbe. Gift und Galle speien – und es dann nicht gewesen sein wollen. Dass die Politik mitunter ein Drecksspiel ist – selten war es offensichtlicher als beim erfolgreichen Versuch der alten Mannen der FDP, eine Mitarbeiterin zu diskreditieren.
Ihm nach
Bedenklicher als die bösen Mäuler (die kommen öfters vor, als man dem Zuschauer zumuten möchte) ist die neue Linie des Freisinns, die sich am Beispiel Esseiva gut zeigen lässt. Die FDP als letzte Bastion des Liberalismus? Als Forum für den Wettstreit der Ideen? Als ausgleichende und staatstragende Kraft? Das war einmal. Unter dem neuen Präsidenten geht es stramm nach rechts. Asylpolitik, Bürgerrecht oder eben Familienpolitik: Unter Philipp Müller gibt es nur noch eine Richtung in der FDP: ihm nach. Wem das nicht passt, dem wird der Mund verboten.
Quellen
Der Artikel im «Sonntag».
Der Nachzieher im «Tages-Anzeiger» (man beachte den Titel) und eine Analyse auf dem «Newsnet».
Artikel in «20min online» und der NZZ.