Fiasko Ausschaffungs-Initiative: Zum Lachen, wenns nicht so traurig wäre

Die Ausschaffungs-Initiative kennt nur Verlierer. Ausser natürlich die rechten Problembewirtschafter.

Kriminelle Ausländer waren schon vor der Annahme dieser Initiative in der Schweiz nicht willkommen, geändert hat sich wenig. (Bild: Getty Images)

Ein Mann mit deutlich mehr Lebenserfahrung als ich hat mir einst folgende Worte mitgegeben: «Frag dich bei jeder Recherche, bei jedem politischen Vorstoss, bei jeder wirtschaftlichen Initiative, über die du schreibst, wer davon profitiert. Cui bono?» Lebensweisheiten in Form lateinischer Zitate mögen etwas Staub angesetzt haben, als Richtschnur können sie trotzdem taugen.

Seit rund einem Jahr wird die Ausschaffungs-Initiative nun umgesetzt, doch es ist nicht leicht, die Frage zu beantworten, wer davon jetzt profitiert. Die Geschichte dieser Vorlage ist auf den ersten Blick eine Geschichte ohne Gewinner.

Fest steht, die Ausschaffungsmaschinerie ächzt und knarzt. Aufwendigere Fälle, kürzere Fristen, längere Verfahren: Die Staatsanwaltschaften können sich vor Arbeit kaum noch retten. Auch an den Gerichten nimmt der Aufwand deutlich zu. Fälle, die früher über einen Strafbefehl abgewickelt werden konnten, gelangen heute vor den Richter, sei das Vergehen auch noch so geringfügig.

Ausgerechnet jene Kreise halsen den Ämtern Mehrarbeit auf, die sich dem Kampf gegen die Bürokratie verschrieben haben.

Das erste grosse Opfer heisst also Effizienz, die Kosten steigen beträchtlich und werden dies noch weiter tun. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre: Mit den Urhebern der Initiative halsen ausgerechnet jene Kreise den Ämtern Mehrarbeit auf, die sich den Kampf gegen die Bürokratie auf die Fahne geschrieben haben.

Was schaut dabei heraus?

Bis jetzt nicht viel mehr, als bereits vor Annahme und Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative Courant normal war. Des Landes verwiesen werden hauptsächlich Kriminaltouristen. Menschen also, die ohnehin nicht in der Schweiz bleiben wollen, sondern dieses Land einzig dazu aufsuchen, sich in krimineller Form zu bereichern. Menschen auch, die bereits ohne Ausschaffungsinitiative problemlos weggewiesen werden konnten. Der einzige Unterschied: Kriminaltouristen wurden früher mit einem Strafbefehl in der Hand an der Grenze abgesetzt. Heute sitzen sie hier zuerst monatelang in U-Haft, um ihre Verhandlung abzuwarten. Aufwand und Kosten sind also gestiegen.

Eigentlich zielten SVP und letztlich die Mehrheit der Stimmbevölkerung mit der Initiative auf eine andere Menschengruppe: Ausländer, die über eine Aufenthalts- oder sogar Niederlassungsbewilligung in der Schweiz verfügen.

Gespräche mit den Staatsanwaltschaften zeigen: Vertreter dieser Gruppe machen immer noch den kleinsten Teil der Ausschaffungsfälle aus. Dies sind auch diejenigen Fälle, bei welchen der Rechtsweg voll ausgeschöpft werden dürfte. Es ist davon auszugehen, dass in ein, zwei Jahren erstmals fundierte Aussagen darüber getroffen werden können, ob die Initiative in diesem Punkt erreicht hat, was sie wollte.

Politiker und Publizisten populistischer Couleur stehen in den Startlöchern, das Scheitern der Initiative herbeizuschreien.

Es ist also noch viel zu früh, um eine Bilanz zu ziehen über die Wirksamkeit der neuen Gesetze. Dennoch stehen Politiker und Publizisten populistischer Couleur in den Startlöchern, das Scheitern der Initiative herbeizuschreien. Gemeint ist natürlich das Scheitern der von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga entworfenen Umsetzung. SVP-Nationalrat Toni Brunner durfte in der «Basler Zeitung» folgenden Satz von sich geben: «Die Realität ist, dass die Justiz nach Mitteln und Wegen sucht, um kriminelle Ausländer nicht ausschaffen zu müssen.»

Dieses vorschnelle, kaum verhohlen schadenfreudige Geschrei verrät, wo sich die Profiteure dieser unrühmlichen Geschichte verbergen: bei den Initianten.

Die SVP sieht ihre Initiative von höchster Stelle sabotiert und alle Befürchtungen bestätigt. Das Dossier Ausländerkriminalität kann also weiter beackert werden. Dieser Geist will Probleme nicht lösen, sondern kultivieren.

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