«Halali auf Basels Jäger» – eine Replik

Die Basler Grossrätin Brigitta Gerber möchte die Jagd in Basel-Stadt abschaffen. Heute Mittwoch stimmt der Grosse Rat über ihre Motion ab. Die Basler Jagd sei ein folkloristisches Hobby, das nicht in den urbanen Raum passe, schreibt die Grossrätin.

Schluss damit! Fordert die Basler Grossrätin Brigitta Gerber. (Bild: Basile Bornand)

Die Basler Grossrätin Brigitta Gerber möchte die Jagd in Basel-Stadt abschaffen. Heute Mittwoch stimmt der Grosse Rat über ihre Motion ab. Die Basler Jagd sei ein folkloristisches Hobby, das nicht in den urbanen Raum passe, schreibt die Grossrätin.

Leider ist es genau so, wie es Professor Josef Reichholf so treffend formulierte: «Im Thema der Jagd entscheiden nicht Mehrheiten sondern einflussreiche Personen […]. Wie vielen zukünftigen Kindern und Jugendlichen wird damit das Erlebnis von Tieren in der nahen Umwelt eingeschränkt oder ganz genommen werden, nur weil einige Wenige auf ihren Privilegien beharren?!» Diese einflussreichen Personen haben die letzten Monate versucht, uns Motionärinnen und Motionären mit unwidersprochenen Behauptungen die Glaubwürdigkeit zu entziehen. Denn anscheinend dürfen nur Jäger kompetent über dieses Thema sprechen. Alle anderen sind naive Bambi-Tierschützer.

Die Wildtiere gehen uns aber alle etwas an. Weil wir alle mit ihnen zusammen leben. Und Genf beweist eben schon seit fast 40 Jahren, dass dies ohne Jagd geht. Die Behauptung der Basler Jäger, sie würden das gleiche (noch dazu gratis) tun, ist absurd.

Wir wollen festhalten:

  • In Genf werden ausser dem Wildschwein seit 40 Jahren keine Säugetiere gejagt oder reguliert. In Basel natürlich schon. Jäger sind kein Ersatz für fehlende «Raubtiere». Beutegreifer haben keinen quantitativen Einfluss auf ihre Beutetiere. Nur einen qualitativen. Sie töten meist kranke, schwache oder junge Tiere.

Jäger bewirtschaften ihre Tierbestände in der Regel so, dass sie jedes Jahr viele Tiere schiessen können. Das heisst, sie halten die Tiere künstlich auf hoher Reproduktivität. Jagdverantwortliche aus Graubünden geben hierzu Einblick in der aktuellen Ausgabe von FAUNAFOCUS (www.wildtier.ch

  • In Genf gibt es keine Treibjagd. In Basel wird gemäss Jagdpächter Marco Balmelli einmal im November eine grosse Jagd veranstaltet. (Das Wort Treibjagd wurde wohl wegen seinem unangenehmen Beiklang geschickt umgangen, aber eigentlich kann es sich um nichts anderes handeln.) Daneben wird bei uns gemäss Herrn Balmelli in den sommerlichen Monaten von Mai bis August gejagt. In Genf können ganzjährlich Spaziergänge gemacht werden, bei denen man auf vertrautes Wild (nicht zahm!) trifft. 
  • In Genf werden keine Füchse gejagt. In Basel schon. Obwohl Herr Balmelli letzte Woche am Vortragsabend meinte, er würde nur verwertbare Tiere «abschöpfen». Tatsache ist, es werden jährlich ein halbes Dutzend GESUNDE Rotfüchse in den beiden Jagdrevieren geschossen, welche man weder essen noch sonstwie verwerten kann. In Genf werden auch keine Dachse und Steinmarder geschossen. In Basel wurden die letzten fünf Jahre mehrere Dutzend dieser Tiere ohne Not geschossen. Siehe http://www.wild.uzh.ch/jagdst/
  • In Genf werden die Wildschweinrotten zu einer möglichst reproduktionsarmen, aber sozial intakten Population gemanagt. Dies unter nächtlichem Einsatz von Gewehren mit Restlichtverstärkern. Die Trefferquote liegt bei 99 Prozent. Die Tiere sterben stressfrei. In Basel wird nebst der sogenannten Ansitzjagd an einem Tag im November eine Treibjagd veranstaltet. Bei einer solchen stehen verbrauchte Munition und Wildstrecke durchschnittlich in einem Verhältnis von 10 zu 1. Dies bedeutet, dass für ein totes Tier zehn Mal geschossen wurde. Wie viele wurden verletzt? Wie viele findet man danach bei der Nachsuche? Wie viele verenden irgendwo?

Auch bei der Ansitzjagd ist nicht jeder Schuss ein Treffer. Dies ist bei diesen Distanzen und den beweglichen Zielen ja gar nicht möglich.

  • In Genf schiessen Umwelthüter nach wissenschaftlichen Erkenntnissen. In Basel schiessen die Jäger auch sonst noch gern. Herr Balmelli zum Beispiel ist auch Vorstands-Mitglied im Lörracher Kreisverein der Badischen Jäger.
  • Im 8 Mal grösseren Genf mit seiner intensiven Landwirtschaft kostet das jagdfreie Wildtiermanagement weniger als einen Kaffee pro Einwohner. In Basel kann dies kaum mehr als einen Franken jährlich ausmachen. Dafür erhalten wir – für alle, nicht nur für Jäger im Morgengrauen – sichtbare Wildtiere.
  • Die Wildtiere werden durch die Jagd scheu gemacht. Sie verändern ihr natürliches Artverhalten. Aus Tagtieren werden Nachttiere. Aus Tieren offener Flächen werden Waldtiere. Auch in Basel.

Es ist hier anzufügen, dass Rehfleisch aus Jagd nie und nimmer mit Bio-Fleisch gleichgesetzt werden kann. Erstens, weil die Tiere nicht artgerecht gehalten werden: Als Nachttier statt Tagtier! Zweitens, weil die Tiere nicht möglichst stressfrei geschossen werden, sondern waidgerecht. Letzteres hat nichts mit Tierschutz-Auflagen gemein, sondern ist reine Folklore. Drittens, weil man ja auch gar nicht weiss, was das Reh vorher gegessen hat. Es wird sich kaum an Bio-Auflagen gehalten haben. Ausserdem ist umstritten, wie gut die bleihaltige Munition und die Stresshormone im Blut für die Fleischqualität sind.

Ich will Ihnen aber Wildfleisch nicht madig machen. Sie könnten es auch ohne Basler Jagd genau gleich in Zukunft geniessen. Das meiste Wild stammt eh aus osteuropäischen und neuseeländischen Importen und Zucht. 

Im letzte Woche abgedruckten Artikel hiess es polemisch: «In der Regel gewinnt die Vernunft über die Ideologie.» Die Frage ist, wer ist hier ideologisch? Wildbiologisch ist Jagen nicht notwendig, das gilt es einfach zu akzeptieren, weil es ein wissenschaftlicher Fakt ist, welcher in der Praxis bereits bewiesen wurde. Die Basler Jagd ist somit ein folkloristisches Hobby. Ich persönlich finde, dass dieses Hobby im urbanen Bereich überflüssig ist.

Weitere Infos, als auch die vollständig aufgezeichneten Vorträge von Professor Reichholf und dem Genfer Umwelthüter Gottlieb Dandliker, sind auf www.jagdreguliertnicht.ch ersichtlich.

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