Das Shift Festival gibt es nicht mehr. Einige bedauern das, viele erinnern sich kaum mehr an die letzte Ausgabe. Das Ende war absehbar – und auch unabdingbar. Doch der Magneteffekt wird fehlen.
Es war absehbar. Als Ende 2010 das Shift Festival mit dem Plug.In zum Haus für elektronische Künste (HeK) fusionierte, hatte die Planung für das fünfte – und wie wir heute wissen letzte – Shift Festival bereits begonnen. Bald schon nach Bezug des neuen Hauses auf dem Dreispitzareal vernahm man erste kritische Töne – nicht von aussen wohlgemerkt, sondern aus dem Team heraus. Zu Beginn des Festivals im November 2011 eskalierte die Situation, und Anfang 2012 nahm ein erster Teil des Teams den Hut.
Der Grund dafür war in den Auswirkungen des neuen Konzeptes zu suchen, die niemand so recht vorausgesehen haben will. Mit der Fusion des Ausstellungsraumes Plug.In und des Festivalbetriebs Shift (das elektronische Musik, Kunst und Vorträge vereinte) wurden nämlich nicht nur die Teams, sondern auch deren Budgets zusammengelegt. Das neue Gesamtbudget war in der Summe kleiner, weil Beiträge des Bundesamtes für Kultur wegfielen und weil die neue Institution HeK nur noch unter einem einzigen Namen bei privaten Institutionen um Subventionen anklopfen konnte. Das verbliebene Geld jedenfalls reichte nirgends mehr hin.
Geldprobleme
Mit der Fusion wurde zudem der Betrieb professionalisiert. Das Shift-Team hatte über Jahre eine Leidenschaft an den Tag gelegt, die sich nicht in den Löhnen niederschlug. Sprich: Ein Teil der Arbeit wurde ehrenamtlich erledigt oder schlecht entlöhnt. Mit der Gründung des HeK wollte namentlich der Stiftungsrat dies ändern. Und erste Fragen, wie das mit dem kleinen Budget möglich sein soll, liessen nicht lange auf sich warten.
Was an Geld vorhanden war, floss schliesslich in den ganzjährigen Betrieb, wie der ehemalige Geschäftsleiter des HeK und Shift-Gründungsmitglied Stefan Holenstein heute kritisiert: «Anstatt wie ursprünglich ausgemacht Synergien zu nutzen, wurde der Ganzjahresbetrieb im Haus für elektronische Künste mit den ins Budget eingeflossenen ehemaligen Beiträgen für das Festival ausgebaut.» Ein abgespecktes Festival? Das wollte niemand.
Der Frust bei den Beteiligten wuchs. Einer der Hauptgründe für den Missmut war, dass das Shift-Festival ohne Not abgeschafft wurde. Wie Shift-Gründungsmitglied Dominique Spirgi erklärt: «Das Festival befand sich inhaltlich auf gutem Weg, konnte sich international etablieren. Es war finanziell zwar nicht auf Rosen gebettet, hatte aber keine Schulden. Shift wurde letztlich in einer Art Salamitaktik einem neuen Konzept für das HeK geopfert.»
Professionalisierung tötet Leidenschaft
Die Geldprobleme waren aber nicht der einzige Grund für den Unmut. Zur Eskalation im November 2011 hatte unter anderem eine Rede von Stiftungsratspräsident Beat von Wartburg gefüht, der das Shift-Team als «Villa Kunterbunt» bezeichnete. Schon Monate zuvor hatte der Stiftungsrat eine neue Stelle ausgeschrieben, die dem HeK-Team eine geordnetere Struktur verpassen sollte: Jene einer künstlerischen Leitung und Geschäftsleitung. Eine Vorgabe und Einmischung, die den ehemals freien Geistern im ehemaligen Shift-Team gegen den Strich ging.
Sabine Himmelsbach, die im Frühling 2012 diese Führungsstelle antrat, hatte von diesen Querelen bei ihrer Ankunft keine Ahnung, wurde aber mitten hinein geworfen. Jetzt hat sie verkündet, dass es das Shift Festival unter diesem Namen nicht mehr geben wird. Ihr aber alleine die Schuld dafür anzulasten, wäre verfehlt, denn ihr Handeln ist nur konsequent – wenn es Fehler zu beklagen gibt, so geschahen diese früher und an anderen Stellen.
Heute darf man nicht übersehen: Mit der Neupositionierung des Hauses, den neuen Räumen und ohne das alte Team kann das Shift Festival in der Art und Weise, wie wir es kennen- und schätzen lernen durften, gar nicht mehr existieren. Kommt dazu: Frühestens im Frühling 2015 wird im HeK wieder eine Infrastruktur geschaffen sein, die ein Festival überhaupt möglich macht. Das letzte Shift liegt dann fast vier Jahre zurück.
Sie wolle ein Festival, bekräftigt Himmelsbach noch immer. Nun wird sie ein neues Format erfinden müssen, mit neuen Leuten und neuen Ideen. Ob das dann so gut funktioniert, wie zuvor das Shift Festival, das weit über die Region hinaus Besucher anlockte, muss sich zeigen. Wichtig wäre es – denn die Öffentlichkeitswirksamkeit des Shift, dessen Magneteffekt, war unbezahlbar. Und der Ganzjahresbetrieb kann diesen Anspruch bis heute nicht erfüllen.