Jetzt ist der politische Wille gefordert

Bei der Umgestaltung der Pensionskasse Basel-Stadt sollen die Kosten nicht nur auf die Versicherten abgewälzt werden.

Emmanuel Ullmann (Bild: zVg)

Bei der Umgestaltung der Pensionskasse Basel-Stadt sollen die Kosten nicht nur auf die Versicherten abgewälzt werden.

Das soeben begonnene Jahr ist nicht nur das erste des neu zusammengestellten Grossen Rates, es ist auch voraussichtlich das Jahr einer grösseren Veränderung für die Pensionskasse Basel-Stadt (PKBS). Der Verwaltungsrat arbeitet an einer ­Revision – allein schon deshalb, weil neu nach Bundesrecht eine öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtung nicht sowohl Beiträge als auch Leistungen im Gesetz definieren darf.

Doch die Revision wird voraussichtlich auch andere Neuerungen mit sich bringen. Erwartet wird eine Umstellung vom Leistungs- auf das Beitragsprimat. Ausserdem könnte auch das ordentliche Rentenalter ­angehoben werden (heute 63 Jahre). Der Primatwechsel kann dabei so ausgestaltet werden, dass das Leistungsziel bei der Pensionierung gleich bleibt. Es braucht jedoch den politischen Willen dazu. Das Beitragsprimat weist folgende Vorteile auf: Es kommt zu weniger Quersubventionierungen von jung zu alt, und das System ist transparenter und leichter erklärbar. Umgekehrt wird jedoch das finanzielle Risiko auf die Versicherten abgewälzt, indem schlechte Börsenjahre einen unmittelbaren Einfluss auf die Verzinsung des Altersguthabens ausüben. Will man den Primatwechsel vollziehen, werden kostenintensive Übergangsregelungen nötig sein.

Auch der technische Zinssatz, also der Zinssatz, mit dem das Alterskapital nach der Pensionierung rentieren muss, um die Rente finanzieren zu können, dürfte gesenkt werden. ­Heute beträgt er 4 Prozent, die notwendige jährlich zu erwirtschaftende Anlage­rendite beträgt 4,6 Prozent.Will man sogar die Wertschwankungsreserven der PKBS innerhalb von zehn Jahren voll äufnen, müssten jährlich sagenhafte 6,1 Prozent Rendite erwirtschaftet werden. Dass dies angesichts der sehr tiefen Zinsen für zehnjährige Bundes­obligationen (rund 0,5 Prozent) kaum realistisch ist, steht ausser Frage. Senkt man den technischen Zinssatz um beispielsweise 0,5 Prozent, so bedeutet dies gemäss Faustregel eine Er­höhung des Vorsorgekapitals der Rentner um rund 5 Prozent (rund 275 Millionen Franken bei der PKBS).

Allerdings stellt sich die Frage, ob eine Senkung um 0,5 Prozent aus­reichen würde. Die grösste Pensions­kasse der Schweiz, die Bundeskasse Publica, hat kürzlich angekündigt, ihren technischen Zinssatz auf 2,75 Prozent zu senken (in den reinen Rentner­kassen sogar auf 2,25 Prozent). Für die PKBS bleibt also viel zu tun.

Es ist falsch, einseitig Opfer von den Versicherten zu verlangen.

Da alle Pensionskassen mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, könnte man meinen, dass entsprechende Lösungsvorschläge auch in der Politik im Fokus liegen. Weit gefehlt: In der politischen Diskussion sind weder die tiefen Zinsen noch die demographische Entwicklung das herrschende Thema – die fehlende Transparenz und die hohen Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten finden mehr Beachtung.

So wurde im Rahmen der BVG-Strukturreform der Ruf nach mehr Transparenz bei den Vermögens­ver­waltungskosten laut. Man hatte fest­gestellt, dass die in der Betriebsrechnung ausgewiesenen Kosten nur einen Bruchteil der tatsächlich an­fallenden Kosten ausmachen, weil bei Investitionen in kollektive Anlage­gefässe keine Rechnungen an Kunden verschickt, sondern die Honorare direkt vom Anlagevolumen abgezogen werden.

In der Folge verordnete der Bundesrat, dass Vermögensverwaltungs­kosten, die bei einer oder mehreren Anlagen nicht ausgewiesen werden können, im Anhang zur Jahresrechnung einzeln ausgewiesen werden müssen (Art. 48a Abs. 3 BVV 2).

Der in der Verordnung beschrie­bene ­Detaillierungsgrad wurde zu Recht von der Fachwelt als «admi­nistrativer Overkill» kritisiert, da ­damit weder die Transparenz steigt (es wird nach wie vor versteckte Vermögensver­waltungskosten geben), noch die ­Vergleichbarkeit der Kosten (jede ­Kasse investiert unterschiedlich). Steigen werden lediglich die allge­meinen ­Verwaltungskosten zur ­Eruierung dieser Daten. Dies hielt ­jedoch den Bundesrat nicht davon ab, die Verordnungsänderung in Kraft zu ­setzen.

Liberal sieht anders aus

Mehr noch: Die neu geschaffene ­Oberaufsichtskommission hat in ­einer Weisung, die aktuell in der ­Anhörung ist, weitere Offenlegungs­vorschriften vorgeschlagen, die weit übers Ziel ­hinausschiessen und keine gesetzliche Grundlage aufweisen.

Interessantes Detail am Rande: Sowohl das federführende Bundesamt für Sozialversicherungen als auch die Oberaufsichtskommission waren zum Zeitpunkt der entsprechenden Gesetzestexte in FDP-Händen. Liberal sieht anders aus.

Schluss mit Wunschdenken

Die berufliche Vorsorge braucht ­Anpassungen – das ist klar. Gerade wir Parlamentarier sollten aber vom Wunschdenken abkommen, dass mehr Paragrafen und mehr (Schein-)Transparenz in allen Fällen besser sind. Gar nicht angesprochen wird bislang die finanzielle Rolle des Staates. Der Staat verlangt über Stempelsteuer, Immo­biliensteuern und auch Mehrwert­steuern jährlich Millionen von den Vor­sorgeeinrichtungen – Geld, das am Schluss den Rentnern fehlt. Unser Kanton Basel-Stadt ist sich nicht zu schade, zusätzlich noch Grundstücksteuern von juristischen Personen (und damit auch von Pensionskassen) zu verlangen – eine Steuer, die es aus­ser in Basel-Stadt sonst nur noch im Tessin gibt. Dies muss sich ändern.

Meiner Meinung nach ist es falsch, einseitig Opfer von den Versicherten zu verlangen. Veränderungen müssen solidarisch ausgestaltet sein, da müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Beitragserhöhungen und Rentenverzicht, aber auch der Staat durch Steuerverzichte bei Vorsorgeeinrichtungen beitragen. Ich hoffe, dass in der Debatte um die PKBS die Gesamtsicht nicht verloren geht und über den Partikular­interessen stehen wird.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13

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