Es ist der Tiefpunkt seiner Karriere. Aber trotz Spesenaffäre und Rücktritt im Sommer 2014 verliert Carlo Conti seinen Charme nicht. Und er beweist – im Gegensatz zu gewissen Baselbieter Kollegen – die Souveränität und den Magen, zu seinen Fehlern zu stehen.
Vielleicht haben wir uns von Carlo Conti einlullen lassen. Vielleicht waren es nicht Nachlässigkeiten oder fehlende Strukturen, die die etwas über 100’000 Franken versickern liessen. Vielleicht wusste er all die Jahre mehr, als er am Dienstag zugeben mochte. Und vielleicht haben Contis Regierungskollegen, die ihren Kollegen gestern Nachmittag unverzüglich mit ganz viel «Respekt» bedachten, auch bei seiner Rücktrittsentscheidung sanft mitgeholfen.
Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Unter Umständen wird sich die Staatsanwaltschaft mit diesen Fragen befassen. Mit der Frage auch, ob sich Conti – bewusst oder unbewusst – bereicherte und ob das noch rechtliche Folgen haben wird.
Nichts ändern diese Frage an der Art und Weise, in der Carlo Conti der Öffentlichkeit seine Verfehlungen und die Konsequenzen daraus präsentiert. Sein Auftritt hatte Grösse, sein Auftritt hatte Klasse, sein Auftritt hatte Charme.
Keine Ausflüchte
Da sass der Basler Gesundheitsdirektor in diesem düsteren Raum in der «Safran-Zunft» und suchte keinen Moment lang nach Ausflüchten. «Mein Fehler», «meine Verantwortung», «dazu muss ich stehen». Conti schwurbelte nicht, er wich nicht aus und er flüchtete nach dem Verlesen seiner persönlichen Erklärung nicht aus dem Saal, sondern beantwortete ungerührt und ungenervt die Fragen der Journalisten. Selten hat man einen Politiker derart offen über die eigenen Fehler reden hören.
Die Voraussetzungen für diesen Auftritt hat Conti selber geschaffen: Die 111’000 Franken sind zurückbezahlt und sein Rücktritt ist angekündigt. Zu verlieren hatte der bald ehemalige Gesundheitsdirektor und bald ehemalige Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorenkonferenz nichts mehr.
Der Kontrast zum Baselbiet
Contis Auftritt sticht auch darum so heraus, weil der Kontrast zum Baselbiet so gross ist. Der ehemalige Finanzdirektor Adrian Ballmer, der gemäss der kantonalen Finanzkontrolle alleine zwischen 2009 und 2013 total 152’000 Franken unrechtmässig erwirtschaftet haben soll, ist der Antipode zu Conti. Von Ballmer kam kein Wort des Bedauerns, der Entschuldigung gar. Im Gegenteil: Ballmer ist empört und verärgert, dass ihn die Finanzkontrolle nicht zu einer Stellungnahme eingeladen hat. Die «Basellandschaftliche Zeitung» wollte nach den Enthüllungen von Ballmer wissen, ob er etwas falsch gemacht habe. «Nicht, dass ich wüsste», war seine Antwort. Nun wird die Staatsanwaltschaft den Wahrheitsgehalt seiner Aussage prüfen.
Es ist – gerade als Baselbieter – manchmal nur schwer auszuhalten. Solange die politischen Kulturen der beiden Halbkantone von Figuren wie Carlo Conti auf der einen und Adrian Ballmer auf der anderen Seite dominiert werden, so lange ist jede Spöttelei Richtung Liestal gerechtfertigt.
Die Baselbieter Regierungsräte machen einen Skandal und der erste, der deswegen zurücktritt, ist ein Basler Regierungsrat?…
— Maurice Thiriet (@DickMo) 7. Januar 2014
Was man dabei allerdings nicht vergessen darf: Nach den Enthüllungen der Finanzkontrolle hat die Baselbieter Regierung versprochen, in Zukunft gar keine Mandatsgelder mehr privat einzusacken. So ein Versprechen stünde auch der Basler Regierung gut an, wo weiterhin Honorare und Sitzungsgelder bis zur Höhe von 20’000 Franken auf das private Konto der Regierungsleute fliessen. Auch Regierungen in anderen Kantonen müssten sich wohl den einen oder anderen Gedanken in diese Richtung machen.
Denn bei aller Eloquenz und bei allem Charme: Zu häufig möchte man einen Auftritt wie jenen von Conti dann doch nicht erleben.