Zwei Wochen mehr Ferien würden Arbeitsplätze gefährden, warnten die Arbeitgeber im Vorfeld der Abstimmung über die «Ferien-Initiative» – die Drohungen sind bei den Abstimmenden auf offene Ohren gestossen. Weiterhin werden vor allem die Gutverdienenden mehr Ferien haben.
Sechs Wochen Ferien – schön wärs gewesen. Zwei Drittel der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben die Ferieninitiative der Gewerkschaft Travail.Suisse abgelehnt. Das ist nicht überraschend. Selten votiert das Volk der Angestellten und Mieter eigennützig zu seinen Gunsten. Schon gar nicht in Zeiten der Krise.
Geschickt haben Bundesrat, Arbeitgeber und bürgerliche Parteien mit Slogans wie «Mehr Ferien = weniger Jobs» auf der Krisenklaviatur gespielt und den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern eingebläut, dass eine Aufstockung der Ferien auf sechs Wochen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schwächen würde.
Kein Geld für mehr Ferien – wirklich?
Eine Annahme der Initiative würde die Arbeitgeber über sechs Milliarden Franken pro Jahr kosten, warnten die Patrons, das könne die Wirtschaft nicht verkraften – schlimmstenfalls müssten sogar Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Und die Chefs von kleineren und mittleren Unternehmen klagten, dass eine Aufstockung der Ferientage die Betriebe vor gravierende organisatorische Probleme stellen und die Arbeitnehmenden noch stärker belasten würde, da die anfallende Arbeit von weniger Köpfen oder in kürzerer Zeit verrichtet werden müsste. Die Drohungen der Patrons sind bei einer Mehrheit der Abstimmenden auf offene Ohren gestossen.
Man konnte das Ganze natürlich auch anders sehen. Zum Beispiel, dass die zwei zusätzlichen Lohnkostenprozente, die zwei Wochen mehr Ferien mit sich gebracht hätten, durch die stetig steigende Arbeitsproduktivität locker hätten finanziert werden können – und dass den Angestellten nach den kräftigen Leistungssteigerungen in den letzten Jahren endlich auch eine Beteiligung an den Produktivitätsgewinnen zustehen würde. Studien zur Arbeitseffizienz zeigen, dass die Produktivität allein zwischen 1991 und 2006 um über 20 Prozent gestiegen ist – ein Trend der auch in den vergangenen Jahren nicht gebrochen wurde. Die Löhne der meisten Arbeitnehmenden sind dagegen nicht gestiegen.
«Mehr Lohn = mehr Ferien» heisst die Devise
Man könnte auch einwenden, dass die Schweizerinnen und Schweizer in Sachen Ferien und Freitagen – anders als vom Bundesrat in den Abstimmungsunterlagen dargestellt – durchaus Nachholbedarf gegenüber dem Ausland haben: Mit den gesetzlich vorgeschriebenen 20 Ferien- und 9 Feiertagen markiert unser Land gemeinsam mit den Niederlanden das Schlusslicht in Europa. Umgekehrt sieht es bei der wöchentlichen Arbeitszeit Zeit. Nirgendwo in Europa wird so viel gearbeitet wie hierzulande: Mit durchschnittlich 44 Arbeitsstunden pro Woche liegt die Schweiz deutlich vor Frankreich (38), Österreich (41) oder Deutschland (40).
Und man könnte schliesslich darauf hinweisen, dass grosszügige Ferienregelungen bei den Besserverdienenden schon längst zur Tagesordnung gehören. Über 60 Prozent der Angestellten mit einem Jahreseinkommen von über 110’000 Franken beziehen heute schon mehr als fünf Wochen Ferien. Über die Hälfte der Beschäftigten mit einem Jahreseinkommen unter 60’000 Franken dagegen dürfen nur vier Ferienwochen beziehen. Je höher der Lohn, desto mehr Ferien, heisst die Devise: Fair ist das auch nicht gerade.