Neue Nüchternheit statt Brot und Spiele

Wir wurden gewarnt. Ein Interview mit dem Führungsduo der Art Basel? Leichter erhalte man eine Papstaudienz, hiess es aus dem Umfeld der Kunstmesse. Selbst Galeristen und wichtige Zulieferer müssten oft tagelang auf Antworten warten. Wir warteten mehrere Wochen. Schliesslich kam es doch noch zum Gespräch mit Annette Schönholzer und Marc Spiegler – zumindest zu einem […]

Wir wurden gewarnt. Ein Interview mit dem Führungsduo der Art Basel? Leichter erhalte man eine Papstaudienz, hiess es aus dem Umfeld der Kunstmesse. Selbst Galeristen und wichtige Zulieferer müssten oft tagelang auf Antworten warten. Wir warteten mehrere Wochen. Schliesslich kam es doch noch zum Gespräch mit Annette Schönholzer und Marc Spiegler – zumindest zu einem schriftlich geführten.

Das Messe-Team steckt bis über die Ohren in Arbeit, die Nerven liegen blank. Kommende Woche startet die 43. Ausgabe der Art Basel, im Dezem­ber folgt die Art Basel Miami Beach – vor allem aber laufen die Vorbereitungen zur neuen Art Basel Hongkong auf Hochtouren, die im Mai 2013 erstmals über die Bühne gehen wird.

Eine Riesenkiste für das Team, das in letzter Zeit viele Ab- und Neuzugänge zu verkraften hatte. Oder, wie Spötter aus dem Kunstgeschäft gif­teln: eine Nummer zu gross für Schönholzer und Spiegler, die die Art vor vier Jahren auf dem Höhepunkt ihres Erfol­gs von Vorgänger Sam Keller übernommen haben.Es menschelt in diesem an bösen Zungen nicht armen Business.

Die Art hat sich in den letzten Jahren verändert, das passt vielen nicht. Mit dem ver­schärf­ten globalen Kurs verliere die Art an Bodenhaftung und jene spezielle Ausstrahlung, die die Messe in Basel gross gemacht habe, mahnen Kritiker. Manche nehmen den beiden Art-Chefs auch übel, dass sie nicht so aufmerksam sind wie einst Sam Keller: ein Natur­talent im Netzwerken, ein Charmeur, der meistens ­per Handy erreichbar war, Basel viele legendäre Art-Nächte bescherte, mit den meisten Gale­risten per Du war und immer auch nette Worte für Türsteher und normal­sterbliche Besucher übrig hatte.

Das Kunstgeschäft sei härter geworden, ge­ben andere Szenekenner zu bedenken. Immer mehr Galerien würden Netz­werke bilden, der Druck auf die Veranstalter wachse, und der Wettbewerb unter den Messen habe sich verschärft – nur wer wachse, könne überleben in diesem Haifisch­becken. Neue Nüchternheit und Kampf mit har­ten Banda­gen statt Glamour und Brot und Spiele – das bringt weniger Spass in die Stadt, ist vielleicht aber eine vernünftige Devise in Zeiten der Krise.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.06.12

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