Die SVP-Vorlage widerspricht krass den Grundwerten dieses Landes. Die Schweiz erkennt sich darin selbst nicht mehr.
Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Kind schwänzt gemeinsam mit einem Freund die Schule. Die Klassenlehrerin erwischt die beiden beim Fussballspielen. Während der Freund als Strafe einen Nachmittag die Schulbänke putzen muss, wird Ihr Kind direkt von der Schule gewiesen. Die Lehrerin begründet das damit, dass Ihr Kind leider keinen Schweizer Pass besitze. Selbst die Kinder erkennen, dass hier etwas nicht stimmen kann, und reden auf die Lehrerin ein. Aber sie kann gar nicht anders entscheiden. Das Schulreglement lässt keine Ausnahmen zu.
Genauso funktioniert die Durchsetzungsinitiative.
Wie wir an einfachen Beispielen aufzeigen, wären solche Ungerechtigkeiten bei einer Annahme Alltag. Nur geht es dann nicht mehr um längere Schulwege oder neue Klassenkameraden. Sondern um die pure Existenz von Menschen. Das Modell des Assistenzarztes Akin zeigt das deutlich auf. Obwohl sein Sohn auf Weltreise ist, bezieht er weiterhin die Ausbildungszulagen von 250 Franken pro Monat. Dies wird später als vorsätzlicher Sozialmissbrauch gewertet und er wird ausgewiesen. Er muss also die Schweiz verlassen und sich in einem anderen Land ein neues Leben aufbauen.
Das ist allein schon schwierig genug. Betroffen ist aber die ganze Familie. Auch sein Sohn muss sein Studium hier aufgeben und seine Freunde verlassen. Die Familie wird also entweder auseinandergerissen oder alle Familienmitglieder müssen ihre neue Heimat, ihr Umfeld, ihren Beruf oder ihre Ausbildung aufgeben.
Die Annahme der Initiative bedroht nicht nur die Existenz der Ausländer, sondern auch ganz direkt die der Schweizer.
Die Schweiz erkennt sich darin selbst nicht mehr. Die Durchsetzungsinitiative widerspricht krass den Grundwerten dieses Landes. Sie führt zu Ungleichheit und Unsicherheit. Und deshalb ist es unverständlich, dass sich bis heute die Wirtschaft nicht vehementer dagegen wehrt.
Der Branchenverband Interpharma und auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse haben sich zwar gegen die Initiative ausgesprochen. Die Economiesuisse will sich aber finanziell nicht engagieren. Der Präsident der Handelskammer beider Basel, Thomas Staehelin, hat am offiziellen Neujahrsempfang am Dienstag klar Stellung gegen die Initiative bezogen. Doch auch hier blieb es bislang bei der Wortmeldung.
Engagement sieht anders aus.
Dabei wären die Folgen einer Annahme für die Wirtschaft fatal. Wenn Menschen wie unser Assistenzarzt oder irgendein Manager aus der Pharmabranche wegen Bagatellen in ihrer Existenz gefährdet sein können, wird es schwierig, neue Fachkräfte ins Land zu holen. Die Initiative widerspricht auch dem Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union. Die Zusammenarbeit mit dem wichtigsten Handelspartner wäre noch stärker belastet und würde allmählich fast unmöglich.
Die Annahme der Initiative bedroht deshalb nicht nur die Existenz der Ausländerinnen und Ausländer, sondern auch ganz direkt die der Schweizerinnen und Schweizer. Deshalb muss jetzt jeder Farbe bekennen. Wer eine moderne, freiheitliche, liberale, wirtschaftsfreundliche und soziale Schweiz will, muss diese Initiative ablehnen.
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