Die Film-Sendung «Box Office» zeigt Geschlechtsteile von Frauen, verdeckt aber jene von Männern. Und mit dem dümmlichen Pfeifton für «wüste Wörter», der uns schon im bigotten US-TV oft nervt, belästigt SRF TV uns nun auch.
Es geschah ausgerechnet im TV-Bericht über den Film «Paradies Liebe» von Ulrich Seidl, der die traurige Komik europäischer Sex-Touristinnen in Afrika zum Thema hat. Das ist kein Sex- oder gar Pornofilm, sondern ein sehr sorgfältig und schön gemachtes Halb-Dokument, in dem die Akteure mitunter sich selber spielen. Und natürlich kommen dem Thema entsprechend darin nackte Leute vor. Auch in den Filmausschnitten, die SRF TV zeigte: Zunächst die Hauptdarstellerin, die sehr malerisch splitternackt auf einem Bett liegt. Und dann ihr schwarzer Liebhaber, der rauchend auf einem Sofa sitzt.
SRF «Zensur» statt «Kultur»
Doch hoppla: Dort wo im Film auf der Leinwand unauffällig, aber deutlich der Penis des Mannes über den Rand des Sofas herabhängt, prangt nun im Schweizer TV plötzlich ein Zensur-Schildchen mit der Aufschrift «Box Office SRF Kultur». Ehrlicher wäre gewesen: «SRF Prüderie» oder «SRF Zensur». Oder noch besser: Die Sitten-Wächter unseres Gebühren-Fernsehens hätten über das «Pfeifchen» des Mannes eine Schiedsrichter-Pfeife montieren können. Aber dann bitte auch gleich bei der nackten Frau in der Szene vorher: Sonst haben wir es wohl nicht nur mit einem peinlichen Fall von verklemmter Prüderie zu tun, sondern auch noch mit üblem Sexismus.
Eine solche Pfeife haben die Verantwortlichen, gemäss Abspann der Sendung Sybille Meier und Achim Podak, im Studio ohnehin vorrätig: Sie erklang jedenfalls, als später im Beitrag über den Film «Die Vermessung der Welt» (Es geht darin um die Gelehrten Humboldt und Gauss) eine Kritikerin sagte: Der Film habe ihr vor allem gezeigt, dass die beiden Berühmtheiten ziemlich «asoziale Arschlöcher» gewesen seien. Doch statt «Arschlöcher» sagte die arme Frau «Piiiip-Löcher».
Peinlicher Unfug aus USA importiert
Jeder Kindergärtler weiss natürlich, was die Frau statt dem blödsinnigen «Piiip» wirklich gesagt hat. Wie ja auch jede Kindergärtlerin genau weiss, was die bigotten TV-Macher hinter ihrem Logo beim nackten Mann verstecken wollten. Aber Herr Podak, der aus Deutschland kommt, hat offenbar noch nicht gemerkt, dass er die Filme nicht im us-amerikanischen Fernsehen vorstellt, sondern in der Schweiz. Und da dürfen Fachleute im Fernsehen immer noch so reden, wie ihnen daheim der «Piiiip» (hier sollte – ‚tschuldigung! – «Schnabel» stehen) gewachsen ist.
Nur wenig später ging im selben Box Office jedenfalls das Wort «Füdle-Tätsch» über den Sender, ohne dass im Studio eine Pfeife erschallt wäre: So ein gruusiges Wort – und erst noch in der üblen Mundart! Hat da Herr Podak nicht gemerkt, dass bei uns «Piiiip» («Füdle») genau dasselbe ist, wie bei ihm draussen «Piiiip» («Arsch»)?
Sollte es indes so sein, dass Podak gar nichts dafür kann, weil es im SRF-TV jetzt ein «Arschloch-Reglement» gegen wüste Wörtlein im Fernsehen gibt, hätten wir diese Vorschrift dann gerne mitsamt eingehender Begründung dafür eingesehen. Sicher ist hingegen, dass es hierzulande kein Sittenwächtergesetz gibt, das den Leuten verbietet so zu reden, wie sie es gelernt haben und gewohnt sind. Gegen so einen Scheissdreck nämlich würden wir Gopferdaminomau sofort das Referendum ergreifen – und bestimmt auch gewinnen!
Und hier noch der «Box Office»-Beitrag zu «Paradies Liebe» in voller Länge: