Sie sagt nicht nichts – aber fast nichts

Die «bz Basel» hat die Baselbieter Kulturdirektorin Monica Gschwind zum Interview getroffen. «Endlich Antworten!», dachten wir. Und wurden enttäuscht.

Wenigstens das Layout ist schnittig: Monica Gschwind zweigeteilt in der bz Basel.

(Bild: Nils Fisch)

Die «bz Basel» hat die Baselbieter Kulturdirektorin Monica Gschwind zum Interview getroffen. «Endlich Antworten!», dachten wir. Und wurden enttäuscht.

Wer lange schweigt, der sollte etwas zu sagen haben, wenn er sich zu Wort meldet. Monica Gschwind hat lange geschwiegen. Jetzt meldet sie sich zu Wort – in einem exklusiven Interview mit der «bz Basel». Und sie sagt: fast nichts.

Seit dem Sommer warteten Medienschaffende, die Öffentlichkeit und vor allem die Baselbieter Kulturschaffenden darauf, dass sich ihre neue Kulturdirektorin zum Sparprogramm äussert, das sie der Kultur verordnet hat: Die Kulturvertragspauschale sollte halbiert, diverse Förderangebote für Künstler und Musiker sowie die kantonalen Kunstankäufe gestoppt werden. Doch Gschwind schwieg – auch an der Medienkonferenz zu ihren ersten 100 Tagen im Amt war nichts Genaueres zu erfahren. Man wartete weiter.

Die Kulturvertragspauschale sollte inzwischen durch den 80-Millionen-Deal mit Basel-Stadt vorerst gerettet sein, was für Gschwind ein Grund zur Freude sein müsste – zu spüren ist davon im Interview mit der bz allerdings nichts:

In vielen Institutionen auf Stadtboden stellt das Baselbieter Publikum rund die Hälfte der Zuschauer. Wie können Sie es rechtfertigen, dass Baselland für bezogene Leistungen nicht bezahlt?

Wir zahlen nicht nichts: Über die Kulturvertragspauschale zahlen wir bis jetzt rund zehn Millionen Franken jährlich an Basler Institutionen. Nun sind wir in einer schwierigen finanziellen Situation. Deshalb verhandeln wir mit der Stadt, wie wir in Zukunft welche Institutionen mittragen. Das bisherige Modell finde ich gut: Wir können bestimmen, welche Institutionen das Geld direkt von uns erhalten. Aber nun müssen wir eine Auslegeordnung machen und alle Optionen prüfen.

Gschwinds Argumentation ist etwas ungenau: Die Neuverhandlungen können nämlich erst auf das Jahr 2020 hin einsetzen, denn bis 2019 stellt der Deal mit Basel-Stadt den Vertrag sicher. Nur wenn der Landrat den Deal im Dezember bachab schicken sollte, wären frühere Neuverhandlungen möglich.

Dass sich Gschwind um einen Kommentar zum 80-Millionen-Deal drückt, ist aber nur eine der inhaltlichen Schwammigkeiten in ihren Aussagen. Ebenso verhält es sich mit den Antworten zur drängenden Frage, wie sie sich denn die Baselbieter Kultur vorstellt – schliesslich hat man bislang nur gehört, was sie offenbar nicht (mehr) will. Also – was will sie?

Wo setzen Sie Akzente?

Auch dann werden wir ein Kulturleitbild haben, auf das wir uns abstützen. Das jetzige gilt bis 2017. Es wird die Aufgabe der neuen Leitung Kulturelles BL sein, ein neues Leitbild zu erarbeiten – mit Einbezug der Bevölkerung. Es ist und bleibt unsere Leitplanke.

Aha. Es folgt ein erstes Nachhaken:

Das Leitbild ist allgemein gehalten. Was haben Sie konkret für Ideen, wo setzen Sie Schwerpunkte?

Es soll ja nicht um meine persönlichen Vorlieben gehen. Wir orientieren uns deshalb am Leitbild. Mir ist es sehr wichtig, dass es für jede Einwohnerin, für jeden Einwohner im breiten Angebot etwas gibt, das sie oder ihn interessiert. Vom Brauchtum bis zum Experimentellen soll alles Platz haben. Letzteres muss der Kanton etwas stärker fördern, damit das überhaupt entstehen kann. Daraus entwickelt sich wiederum Neues.

Also Experimentelles fördern. Was könnte das sein?

Es werden sich neue Akzente herauskristallisieren. Das Kulturleben entwickelt sich ständig weiter. Jetzt setzen wir auch darauf, dass wir die Filmförderung stärker unterstützen. Aus solchen Experimenten von heute entsteht in Zukunft Neues.

Die Filmförderung als Experiment? Wir erinnern uns, dass das Thema in Basel-Stadt eher als Wiedergutmachung eines Versäumnisses der letzten Jahre diskutiert wurde und mehr als dringliche Notwendigkeit denn als Experiment. Doch egal – welche Visionen hat denn Monica Gschwind?

Als Kulturvorsteherin haben Sie es aber in der Hand, Einfluss zu nehmen, eigene Visionen umzusetzen.

In erster Linie sind es die bikantonalen Fachausschüsse, die gemäss klaren Richtlinien entscheiden, was gefördert wird. Ab einer gewissen Beitragshöhe gehen die Gesuche über meinen Tisch – ebenso wie alle Empfehlungen an den Baselbieter Swisslos-Fonds. Ich schaue das sehr sorgfältig an. Vor allem sollen aber die Leute via Kulturleitbild mitbestimmen können. Und wir möchten sicher weiterhin die Laienkultur auf dem Land stark unterstützen.

Die Laienkultur, so erfahren wir noch, ist auf dem Land ausgeprägter als in der Stadt und solle deshalb auch gefördert werden. Allerdings auch nicht stärker als bisher. Dafür solle mehr Geld in die Vermittlung fliessen – zu Schulklassen und Jugendlichen. Hier hätte man gerne erfahren, wie diese Vermittlung aussehen soll. Ein Theaterbesuch oder einer im Kunstmuseum in der Stadt? Oder genügen das Museum.bl oder das «Palazzo» in Liestal?

Die Antwort bleibt uns Monica Gschwind schuldig. Dafür hat sie eine klare Meinung, was die sogenannten Zentrumsleistungen angeht:

Die Stadt muss, wie jede Stadt, Zentrumsleistungen erbringen. Das ist in Zürich und Bern auch so. Und die Stadt will sich so ein Kulturangebot leisten.

Punkt. Dass in Zürich aber der Kanton sehr viel an die Stadt zahlt, wischt sie mit der Bemerkung «Das ist ein anderes Modell, wie ein Lastenausgleich» weg. Und weiter:

Man muss sich überlegen, wie stark man diese Institutionen überhaupt subventionieren will. Und wie viel etwa ein Theaterbesuch kosten soll. Das sind Diskussionen, die wir werden führen müssen. Die Stadt will sich viel leisten; wir können uns nicht so viel leisten.

Überhaupt nicht zur Sprache kommen im Interview die Abstriche bei der bildenden Kunst – diese scheinen unbestritten und Monica Gschwind auch nicht gross zu stören, was offenbar für die gesamten Sparmassnahmen gilt. Frei nach dem Motto: Was sein muss, muss sein. Einsatz sieht anders aus.

Monica Gschwind hätte mit diesem Interview die Möglichkeit gehabt, ihre Vorstellungen mitzuteilen. Sie hätte sich stark machen können für den 80-Millionen-Deal mit der Stadt, der auch ihrem Departement zugute kommt. Schliesslich sind nun 16 Kulturinstitutionen nicht mehr unmittelbar vom Aus bedroht – darunter das Junge Theater Basel, das auch von Baselbieter Schulklassen rege besucht wird.

Von Visionen ist bei Monica Gschwind nichts zu spüren. Es bleibt zu hoffen, dass der Kulturleiter oder die neue Kulturleiterin, nach dem oder der immer noch gesucht wird, Impulse mitbringt und setzen kann. Monica Gschwind hätte bis dahin vielleicht besser weiter geschwiegen.

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