Armeeminister Ueli Maurer darf weiterhin fünf Milliarden Franken fürs Militär ausgeben – und der Bundesrat gibt grünes Licht für vermehrte militärpolizeiliche Einsätze im Innern. Die Botschaft zur Weiterentwicklung der Armee ist konzeptlos und untergräbt die verfassungsmässige Aufgabenverteilung zwischen Armee und Polizei.
Die am Mittwoch präsentierte Botschaft zur Weiterentwicklung der Armee (WEA) ist eine Zumutung. Bundesrat Ueli Maurer und seinen Militärstrategen ist es nicht gelungen, die richtigen Schlüsse aus dem Volks-Nein zum Gripen zu ziehen. Das deutliche Verdikt zur Neuanschaffung der umstrittenen Militärjets im vergangenen Mai hat aufgezeigt, dass die Bevölkerung nicht mehr willens ist, ohne klar ausgewiesene äussere Notwendigkeit Milliarden für die Armee auszugeben.
Der Bundesrat hält nun trotzdem am Budgetziel von jährlich rund fünf Milliarden Franken fürs Militär fest und will schon 2022 neue Kampfjets beschaffen, ohne nachvollziehbare Einsatzszenarien oder Konzepte zur internationalen Kooperation vorzulegen, wie dies der Ständerat gewünscht hatte.
Besonders heikel aber ist Maurers Ansinnen, die Militärpolizei für Einsätze im Innern aufzurüsten. Heute schreibt die Bundesverfassung in Artikel 58 Absatz 2 vor, dass die Armee die zivilen Behörden nur dann unterstützen darf, wenn die Bedrohungen «schwerwiegender» oder «ausserordentlicher» Natur sind.
Dieser Grundsatz, der auch im Militärgesetz verankert ist, wird im Entwurf des neuen Militärgesetzes aufgeweicht: Der neue Absatz 2 sieht eine ganze Reihe von möglichen Einsätzen der Armee im Innern vor. So etwa zum «Schutz von Personen und besonders schutzwürdigen Sachen», bei «der Erfüllung anderer Aufgaben von nationaler Bedeutung», bei der «Bewältigung von Spitzenbelastungen und bei fehlenden Fähigkeiten» oder zur «Hilfeleistung bei zivilen oder ausserdienstlichen Tätigkeiten im Inland».
Falsches Rezept gegen die Sinnkrise
Soldaten im Wohnviertel: Wie sich das anfühlt, durften im vergangenen Oktober die Einwohnerinnen und Einwohner in einigen Baselbieter Gemeinden erleben. In Reinach zum Beispiel, wo die Militärpolizei an einem Samstagabend das Dorf abriegelte und Personenkontrollen durchführte, um Einbrechern und «Kriminaltouristen» das Handwerk zu legen. Der von Polizeidirektor Isaac Reber bewilligte Einsatz von WK-Soldaten zur «Schulung der Zusammenarbeit mit Zivilen» hat im Baselbiet zu massiven Protesten geführt – selbst in Polizei- und Armeekreisen.
Nach der Präsentation der bundesrätlichen WEA-Botschaft ist zu befürchten, dass es ab 2017 vermehrt zu solchen «subsidiären» Einsätzen kommen könnte. So möchte Armeeminister Ueli Maurer die Anzahl der Militärpolizeibataillone von zwei auf vier verdoppeln. Ausserdem sollen künftig 35’000 Soldaten innert 10 Tagen mobilisiert und auch für polizeiliche Aufgaben in den Kantonen bereitgestellt werden können.
Ein solches Setting untergräbt die verfassungsmässige Trennung von polizeilichen und militärischen Aufgaben, wie dies in einer modernen Demokratie üblich ist. Und es ist ein grundfalsches Rezept gegen die Orientierungslosigkeit, unter der die Armeeführung derzeit leidet.
Die Weiterentwicklung der Armee (WEA) soll ab 2017 umgesetzt werden. Es ist es die grösste Armeereform seit der Armee XXI (2004). Die Truppenstärke wird von heute 200’000 Armeeangehörigen auf 100’000 halbiert. Waffen-, Flug- und Schiessplätze sowie mehrere Militärspitäler werden aufgehoben. Die Rekrutenschule wird auf 18 Wochen verkürzt, die Wiederholungskurse dauern in der Regel nur noch zwei Wochen. Die verkleinerte Truppe soll wieder voll ausgerüstet und entsprechend schlagkräftiger werden. Gleichzeitig soll die Unterstützung der zivilen Behörden mehr Gewicht bekommen.